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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 25.1914

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Schumann, Paul: Tagung für Denkmalpflege und Heimatschutz, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6191#0026

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KUNSTCHRONIK

Neue Folge. XXV. Jahrgang

1913/1914

Nr. 3. 10. Oktober 1913

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TAGUNG FÜR DENKMALPFLEGE
UND HEIMATSCHUTZ
Die zweite Gemeinsame Tagung für Denkmalpflege
und Heimatschutz, die in Dresden vom 24—26. Sep-
tember tagte, ist in glänzender Weise verlaufen. Vom
Dresdener Ortsausschuß unter dem Vorsitz des Geh.
Rats Dr. Scheicher und vom Geh. Hofrat Professor
Dr. von Oechelhaeuser in Karlsruhe sorgfältig und
eingehend vorbereitet, brachte sie, vom Kölner Bürger-
meister Rehorst vorzüglich geleitet, eine Reihe aus-
gezeichneter Vorträge und fruchtbarer Anregungen, die
um so wertvoller sind, weil sie von sachverständigen
Fachleuten ausgingen,' daher nicht als Utopien und
unerfüllbare Wünsche bezeichnet werden können.
Auch war die Tagesordnung sehr glücklich zusammen-
gestellt, und zwar so, daß Denkmalpflege und Heimat-
schutz gleichmäßig zu ihrem Rechte kamen, wobei
sich überdies von neuem erwies, daß beide Bestre-
bungen sich fortwährend berühren und ineinander
übergehen. Die Vereinigung der beiden Tagungen
zu einer gemeinsamen hat sich demnach von neuem
bewährt und als sehr glücklich erwiesen. Die Dresdner
Tagung war von 744 Teilnehmern besucht. Se. Kgl.
Hoheit Prinz Johann Georg von Sachsen, der Ehren-
vorsitzende der Kommission zur Erhaltung der Kunst-
denkmäler in Sachsen und des Landesvereins Sächsi-
scher Heimatschutz, wohnte der Tagung von Anfang
b's zu Ende bei. Nicht weniger als 17 deutsche
Regierungen hatten Vertreter entsendet, zum Teil sogar
mehrere; auch die österreichische und die ungarische
Regierung waren vertreten, dazu zahlreiche Städte,
sämtliche sächsische Kreishauptmannschaften und Amts-
hauptmannschaften; auch aus Holland, aus der Schweiz
und Rumänien waren Teilnehmer erschienen.

Die Vertreter der Regierungen, die am Begrüßungs-
abend das Wort nahmen, bekannten sich ohne Aus-
nahme zu Denkmalpflege und Heimatschutz, mit be-
sonderer Wärme der sächsische Minister des Innern
Graf Vitzthum, der u. a. folgendes sagte: Was ist es
aber, das uns, den Verteidigern alter Kunstdenkmäler,
uns den Verteidigern der natürlichen Heimat, ein
Recht gibt, den Siegeslauf der modernen Entwicklung
aufhalten zu wollen? Worauf gründet sich unsere

aber, das
den
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auinalten tu wollenr Worauf gründet sich unsere
Hoffnung, einen Erfolg in diesem Kampf zu erzielen?
Es ist die Erkenntnic AnR ~"~ E---------------u-Ci—

Es ist die Erkenntnis, daß alle Errungenschaften mo
derner Zivilisation: Eisenbahn, Automobil und Flug
schiff, Mikroskop und Telephon, ja auch das Kino,
nicht imstande sind, uns eine neue Kultur zu geben,
noch weniger uns die vergangene zu ersetzen. Je
mehr sich das Problem unserer modernen Kultur auf
die Aufgabe zuspitzt, einen Ausgleich zu finden zwi-
schen Individualismus und Sozialismus, zwischen dem
Hecht der Persönlichkeit und dem Bedürfnis der Masse,

um so mehr gelangen wir zu der Erkenntnis, daß
wir modernen Menschen uns aus den Steinen einer
modernen Zivilisation ein neues Kulturgebäude nur
dann schaffen können, wenn wir es errichten auf den
Fundamenten, die uns unsere Vorfahren hinterlassen
haben, oder, ohne Bild gesprochen, wenn wir den
persönlichen Eigenschaften nachstreben, die unsere
Vorfahren befähigten, solche Denkmäler als gereiften
Ausdruck ihrer Weltanschauung zu schaffen. Darum
pflegen wir Denkmalschutz als eine wichtige und
ernste Aufgabe unseres Volkes. Aber nicht nur Denk-
malschutz, sondern auch Heimatschutz! Denn weiter
lernen wir von unseren Vorfahren, daß unser Leben,
wenn es wertvoll sein soll, zwischen Kultur und Natur,
diesen beiden Polen unseres Daseins, eine Brücke
schlagen muß. Der Mensch ohne Kultur wird zur
bewußtlosen Pflanze, ohne Natur zur leblosen Maschine.
Auch hier gilt es einen Ausgleich der Gegensätze
zu finden.

Aus der Begrüßungsrede des Vorsitzenden Bürger-
meister Rehorst sei hervorgehoben die Versicherung,
daß der Heimatschutz in keiner Weise die Bestrebungen
der modernen Baukunst aufhalten will, und daß er
nur fordert, daß alles Moderne sich harmonisch in
das Bestehende einfüge. Ebenso haben sich die An-
griffe der Vertreter neuer Baumaterialien als gegen-
standslos erwiesen. Bei gutem Willen hüben und
drüben wird sich ein Ausgleich finden lassen.

Uber die einzelnen Vorträge können wir hier nur
kurz berichten. Den einführenden Vortrag über
Dresden und seine Bauten hielt Prof. Dr. Paul Schu-
mann, dessen Buch über Dresden (46. Band der
Sammlung Berühmte Kunststätten, Verlag E. A. See-
mann, Leipzig) vermehrt um einen Bogen Dresden
1910 —1913 den Teilnehmern außer andern Festgaben
überreicht wurde. Geh. Hofrat v. Oechelhaeuser be-
richtete über die von der Salzburger Tagung beschlossene
Eingabe, worin die Handelskammern und kaufmänni-
schen Vereine aufgefordert wurden, die Auswüchse
des Reklamewesens mit bekämpfen zu helfen. Die
Antworten der Handelskammern sind teils zustimmend,
teils zurückhaltend ausgefallen. Der Verband der
Reklame-Interessenten hat aber sofort eine Gegen-
eingabe an die Handelskammern gerichtet: die Eingabe
der Salzburger Tagung sei gegenstandslos und über-
flüssig, weil er in erster Linie dazu berufen sei, inner-
halb seiner Mitglieder den Auswüchsen der Reklame
entgegenzutreten. Herr v. Oechelhaeuser trat dieser An-
schauung und der Auffassung, die Reklamemacher
seien die Angegriffenen, entschieden entgegen. Das
heimatliche Ortsbild sei das primäre, sei älter als alle
Reklame, sei das ursprüngliche, natürliche, dessen Ver-
schandelung durch die Reklame man mit allen Mitteln
 
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