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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 25.1914

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Maas, Max: Archäologische Nachlese, [1]
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KUNSTCHRONIK

Neue Folge. XXV. Jahrgang 1913/1914 Nr. 14. 26. Dezember 1913

Die Kunstchronik und der Kunstmarkt erscheinen am Freitage jeder Woche (im Juli und August nach Bedarf) und kosten halbjährlich 6 Mark.
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ARCHÄOLOGISCHE NACHLESE.
Von Dr. Max Maas, München.
L

Die archäologischen Berichte aus dem Mittelmeer-
gebiet und den angrenzenden Ländern im »Archäo-
logischen Anzeiger« (ausgegeben am 28. Oktober 1913)
liegen wiederum in der bekannten Lückenlosigkeit vor.
Wir wollen versuchen, aus ihnen wie jedes Jahr das
kunsthistorisch Interessante, soweit es an dieser Stelle
noch nicht gemeldet wurde, auszuwählen.

Obwohl man glauben könnte, daß das verflossene
Jahr infolge des Balkankrieges die archäologische
Tätigkeit auf der Balkanhalbinsel mehr oder minder
ausgeschaltet hätte, so ist dies für Griechenland und
die türkischen Gebiete, die im Altertum zum griechi-
schen Kulturkreis gehörten, doch keineswegs der Fall.
Gewiß mußten die Ausgrabungen da gänzlich ruhen,
wo die feindlichen Heere aufeinanderstießen, aber
trotz des Arbeitermangels infolge der eingezogenen
Mannschaft und trotzdem auch viele der Archäologen
und Ephoren zu den Waffen gegriffen haben, hat der
eben erschienene Archäologische Anzeiger doch recht
viel aus dem griechischen Gebiete für das verflossene
Jahr zu berichten.

Der Gesamtbericht über Griechisches von Georg
Karo in dem am 28. Oktober ausgegebenen »Archäo-
logischen Anzeiger« beginnt mit der Feststellung der
Tatsachen, daß die griechische Regierung und die
Ephoren während der beiden Kriege, in denen das
Schicksal von ganz Hellas im Spiele stand, in be-
wundernswerter Weise keinen Augenblick die Fürsorge
für die vaterländischen Altertümer außer acht gelassen
hatten. Um mit Athen zu beginnen, so haben die
seit 1871 unterbrochenen Grabungen an der Stoa der
Giganten östlich von Theseion wieder aufgenommen
werden können. Das Fundament der Halle wurde
östlich von dem sichtbaren Teil 3 m weit bis zu
ihrem Abschluß und dann die Ostseite 10 m nach
Süden freigelegt. Ein Pflaster aus Porosplatten und
Zement bezeugt einen späteren Umbau, auch ließ sich
erkennen, daß der östliche Teil der Stoa später von
einer Färberei okkupiert war; es fand sich noch
schwarze Farbe in einem Pithos. Über die Bestimmung
der Halle, die ihren Namen von drei schlangenfüßigen
als Gebälkträger dienenden Giganten hat, die in der
Mitte eines großen ummauerten Rechtecks auf späteren
Basen errichet wurden, ist man noch nicht klar. Sie
ist möglicherweise doch ein Bad gewesen. — In
Theben wurde der mykenische Palast (das sog.
Kadmoshaus) nur kurze Zeit weiter untersucht. Der
Friede möge bald die vollständige Freilegung dieses
wichtigsten mykenischen Baues von Mittelgriechenland
gestatten. — —

Auch in Lebadeia wurde gegraben, aber von
dem vielgesuchten Trophoniosheiligtum nichts ge-
funden. Das meiste war mittelalterlich. Den heiligen
Hain des Pausanias setzt man jetzt weiter nördlich
auf das linke Ufer der Herkyne an, da, wo in der
modernen Stadt dorische Säulentrommeln zerstreut
liegen. — Auch Pagasai ergab wieder interessante
Resultate. Aus einem der im Vorjahr entdeckten drei
Mauertürme konnten 230 Stelen mit vortrefflich er-
haltenen Malereien, von dem zweiten 30 Stelen ge-
borgen werden. Der dritte Turm, der voll von Stelen
und Architekturteilen steckt, wird jetzt in Angriff ge-
nommen. — Außerdem sind Reste des Tempels der
Pasikrata (Persephone) aufgedeckt worden, wobei ein
schöner Marmorkopf der Göttin zwischen 300 Terra-
kotten und 20 Weihinschriften zutage kamen. Ein
großer und ein kleiner Tempel, deren Gottheiten noch
nicht bekannt sind, wurden festgestellt. — Der Aus-
gräber von Pagasai, Arvanitopullos, der übrigens auch
am Kriege teilgenommen hat, hat sich seit Monaten
im Verein mit Papadakis um die Rettung und Bergung
der südmazedonischen Altertümer verdient gemacht.
In Elassona ist mitten im Kriege ein Museum ent-
standen und auch in Salonik geschah gar vieles zum
Schutze der byzantinischen Monumente. —

Wichtige Forschungen wurden von Rhomaios in
Thermon schon vor längerer Zeit gemacht und
Terrakotten von vier verschiedenen Gebäuden gesichtet
(Ältestes Dach des großen Tempels, Akrotere eines
nordwestlich von dem großen Tempel gelegenen
kleineren, hocharchaischen Masken - Terrakotten u. a.
eines dritten Tempels und Akrotere und Flachziegel
eines elliptischen Baues.) Ein prähistorisches Dorf
kam an der Südseite des Apollotempels zutage. Das
große elliptische Gebäude unter dem Tempel wurde
ganz frei gelegt und zeigt die Form des Buleuterions
von Olympia (kleiner quadratischer Mittelraum und
zwei längliche Flügelbauten mit halbrundem Abschluß
im Westen) schon im zweiten Jahrtausend v. Chr. In
der Altarschicht wurde eine Bronzestatuette einer ge-
wappneten Göttin, die den jungmykenischen Figuren
gleicht, herausgeholt. —

Bei Chrysovitsa, eine Stunde östlich von Ther-
mon, wurde ein kleines Heiligtum mit nahebei ge-
fundenen massenhaften tönernen Weihgeschenken ganz
frei gelegt. Darunter finden sich eine Reihe kleiner
Reliefs mit Theoxeniendarstellungen, die von Anfang
des 5. bis ins 3. und 2. Jahrhundert v. Chr. reichen:
ein wohlgenährter Gott liegt hinter einem mit Früchten
und Kuchen bedeckten Tisch. Möglicherweise wurde
der Flußgott Acheloos an dieser bei einer herrlichen
Quelle und dicht am Bette eines Felsbaches gelegenen
Fundstätte verehrt. — Ausgrabungen aufKephallenia
 
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