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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 25.1914

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Bassano und nicht Greco!
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KUNSTCHRONIK

Neue Folge. XXV. Jahrgang 1913/1914 Nr. 38. 19. Juni 1914

Die Kunstchronik und der Kunstmarkt erscheinen am Freitage jeder Woche (im Juli und August nach Bedarf) und kosten halbjährlich 6 Mark.
Man abonniert bei jeder Buchhandlung, beim Verlage oder bei der Post. Für Zeichnungen, Manuskripte usw., die unverlangt eingesandt werden,
leisten Redaktion und Verlagshandlung keine Oewähr. Alle Briefschaften und Sendungen sind zu richten an E. A. Seemann, Leipzig, Hospitalstr. 11 a.
Abonnenten der Zeitschrift für bildende Kunst erhalten Kunstchronik und Kunstmarkt kostenfrei. Anzeigen 30 Pf. die Petitzeile; Vorzugsplätze teurer.

= Die nächste Nummer der Kunstchronik, Nr. 39, erscheint Anfang Juli -

BASSANO UND NICHT GRECO!

August L. Mayer wendet sich in der eben erschienenen
Juni-Nummer der Biermannschen Monatshefte gegen zwei
Aufsätze, die Valerian von Loga und ich kürzlich im Jahr-
buch veröffentlicht haben. Herr von Loga ist auf Urlaub;
so kann ich ihn nicht fragen, ob er replizieren will. Wie
ich ihn kenne, wird er lächelnd ablehnen. Ich bin von
weniger philosophischem Temperament. Doch ich will
mich kurz fassen. Ich setze darum bei denen, die die
Streitfrage überhaupt interessiert, die Kenntnis jener beiden
Jahrbuchaufsätze voraus.

Mayer tritt auf das Kampffeld und kündigt sofort un-
sere Niederlage an. Er führt ein »schweres Geschütz« auf,
wie er sagt, ein Geschütz, dem wir erliegen müssen! Nun
schießt er los. Das Geschütz ist ein Porträt, ein signiertes
Porträt, ein von Greco signiertes Porträt eines Maltheser-
ritters namens Vincenzio Anastagi, das Mr. H. C. Frick
in New York besitzt und das nach einer später aufgesetzten
Inschrift zu Anfang der siebziger Jahre entstanden sein muß.

Mayer hat geschossen. Doch ich konstatiere, daß ich
mich nicht getroffen fühle. Einstweilen hüllt der Pulver-
rauch Logas Gestalt ein, deren gute Konstitution mich
jedoch hoffen läßt, daß der Knall auch ihr nichts angehabt
hat. — Was hat denn in aller Welt das Porträt bei Mr. Frick
mit jener Gruppe bassanesker Kompositionen gemein, über
die zu diskutieren ist?

Im übrigen habe ich weniger Anlaß zu klagen, als
Loga. Ich bekomme wenigstens die leidlich gute Teilzensur,
jene Übergangsperiode Bassanos »so interessant beleuch-
tet« zu haben. Aber ich finde es nicht nett, daß mir Mayer
Behauptungen vindiziert, die ich nicht aufgestellt habe.
Wo befindet sich in meinem Aufsatz die Jahreszahl 1565
als approximatives Datum für jene wichtige Gruppe von
Bassano-Kompositionen? Ich habe dargelegt, daß diese
Bilder direkt vor dem Ubergang zur eigenen Manier liegen,
die zuerst in dem Kruzifixus in Treviso von 1562, noch
ausgesprochener in der »Anbetung der Hirten« in Bassano
von 1568 zutage tritt. Danach sind jene letzten Ausläufer
des parmigianinesken Einflusses auf etwa 1560 zu datieren
oder wie ich seinerzeit sagte, »für den Anfang der sech-
ziger Jahre anzusetzen, etwa für die Zeit, als Greco be-
gann, das Farbenreiben zu erlernen.« Es kommt hier auf
Jahre an und so durfte Mayer meinen »Anfang der sech-
ziger Jahre« nicht mit um 1565 umschreiben.

Ich hatte mich bemüht, zu zeigen, daß jene Bilder-
gruppe ein so wichtiges Glied in der Entwicklung Bassanos
ist, daß, wer sie aus dem Oeuvre Bassanos eliminieren
will, zeigen müßte, wie sich ohne sie der Übergang aus
der parmigianinesken zur eigenen Manier vollzogen hat. Das
ist nicht plausibel zu machen, und so müßte der, welcher
Grecos Anteil retten will, zur Nothypothese greifen, Greco
sei in jener Zeit im Bassano-Atelier tätig gewesen. Das
ist aber aus chronologischen Gründen unmöglich. Was
antwortet nun Mayer?: »Greco konnte Werke des Bassano
gewiß in genügender Anzahl in Venedig studieren«(!).
Darum handelt es sich nicht. Will Mayer auf den klaren
Sinn meiner Darlegungen eingehen, so will ich ihm Rede

stehen, anderenfalls verzichte ich auf eine weitere Dis-
kussion. Es bleibt dabei: So lange es nicht gelingt, von
den signierten Frühwerken Grecos in England, Dresden,
Parma und Neapel einleuchtend eine stilistische Verbindung
zu der Wiener »Anbetung« und den mit ihr eng verwandten
Kompositionen herzustellen, schreckt uns nicht Mayers
Kanone.

Aber traut Mayer wirklich fest der Macht seiner Waffe?
Warum der wenig hübsche Verstoß gegen den literarischen
guten Ton? Die Einwendung gegen Logas Äußerungen
lassen in puncto cortesia zu wünschen übrig. Warum so
eifern, wenn man sich sicher fühlt! Warum? nadeln.

NEKROLOGE

In Paris starb der Maler Gabriel Ferrier, Mitglied
der Akademie und Professor an der Ecole des Beaux-Arts.
Er war geboren in Nimes 1847. Den großen Rompreis
erhielt er 1872. Von da an begann seine Laufbahn, voll
von offiziellen Erfolgen und Ehrungen. Er war der Typus
des akademischen Malers, korrekt, geschickt, geleckt, aber
unpersönlich, unlebendig. Gabriel Ferrier hat sich an der
dekorativen Ausmalung der neuen Sorbonne und des
Pariser Stadthauses beteiligt. Im Luxembourg sind mehrere
Arbeiten von ihm, darunter das Porträt des Generals Andre,
dessen lange, gepflegte Fingernägel den Beschauer wie
ein Alpdruck verfolgen. Gabriel Ferrier war eine der
Hauptstützen des Salon des Artistes Francais; beinahe
wäre er kürzlich statt Besnard Direktor der Villa Medici
geworden. a. d.

DENKMÄLER

Die Angelegenheit des Kaiser-Wilhelm-Denkmals
in Stendal, über die wir seinerzeit gelegentlich der Aus-
stellung der Konkurrenzentwürfe in Berlin berichteten, ist
nunmehr entschieden worden. Professor Peter Breuer, der
einen der zwei zweiten Preise erhalten hatte — ein erster
war nicht verteilt worden —, ist die Ausführung übertragen
worden. Das ist aus prinzipiellen Gründen zu begrüßen,
weil damit der Spruch der Jury, an den das Komitee nicht
gebunden war, trotzdem Beachtung fand und nicht, wie es
leider in neuerer Zeit nicht selten geschah, einfach beiseite
geschoben wurde. Erfreulicher aber ist, daß der ursprüng-
liche Plan, das Denkmal auf dem Rathausplatz aufzustellen,
aufgegeben wurde. Der schöne Platz wäre heillos ver-
unstaltet worden. Das zeigten schon die Photographien
der Gesamtsituation, die den Entwürfen beigegeben waren.
Es fehlte nicht an warnenden Stimmen, und zum Glück
sind sie nicht ungehört verhallt. Es wurde beschlossen,
Breuers Denkmal auf dem Winckelmannplatz zur Auf-
stellung zu bringen.

AUSSTELLUNGEN

Paris. Der Salon der Soci6ttS nationale. Das Ge-
samtbild des diesjährigen Salons ist belebter als seit
manchen Jahren. Man hat die Zahl der Einsendungen der
Sozietäre von sechs auf vier herabgesetzt, um den Jüngeren
 
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