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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 25.1914

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Hausenstein, Wilhelm: Die Zukunft der Münchener Sammlungen
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Die Umgestaltung der Gemäldegalerie des Wiener Hofmuseums, [3]: die Säle der Barockitaliener
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https://doi.org/10.11588/diglit.6191#0093

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Die Umgestaltung der Gemäldegalerie des Wiener Hofmuseums

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Stückchen Natur gar nicht in der Logik solcher Plätze
liegen. Sie müssen ganz Stein sein. Die vorhandenen
Architekturen des Königsplatzes müßten architektonisch
verbunden sein. Der Platz braucht eine steinerne Um-
grenzung. So könnte man noch für allerlei Samm-
lungsobjekte — etwa numismatische — Raum schaffen:
vielleicht auch für die zeitweilige Aufstellung von
Sammlungsobjekten in freier Luft. Die ziemlich rohen
römischen Büsten, die heute unsäglich plump in einem
schönen Saal der Glyptothek in langen Reihen stehen,
würden in einer halboffenen Kolonnade vielleicht sehr
gut aussehen.

Das ethnographische Museum des Staates ist noch
immer in die viel zu engen Räume am Hofgarten
eingepfercht. Man hat — dies muß unbedingt an-
erkannt werden — das Mögliche getan, um in den
knappen Räumen möglichst viel von den Schätzen der
Sammlung auszubreiten. Man erfährt so wenigstens
einigermaßen, was vorhanden ist. Aber es ist greu-
lich, in diesen Räumen zu wandern. Man fühlt sich
zwischen diesen eng aneinandergeschobenen Kästen
und Vitrinen wie in einem gefährlichen Labyrinth.
Wer psychologisch auch nur ein wenig subtil ist,
wird diese Räume überhaupt nicht ohne Beklemmung
betreten können. Man erstickt. Man kann sich kaum
wenden, ohne irgendwo anzustoßen. Dabei enthält
diese Sammlung eine Fülle von Dingen, die so un-
sagbar schön sind, daß man sich vom Einzelnen kaum
trennen kann. Eine glückliche Placierung der Schätze
in einem würdigen Hause würde aus dieser Samm-
lung eines der prachtvollsten Museen Europas machen.
Über die besondere Aktualität der exotischen Kunst
in unserer Zeit für die Kunst unserer Tage braucht
kaum gesprochen zu werden. Als Platz für den Bau
kommt eigentlich nur ein bestimmter Ort in Frage:
ein Platz gegenüber dem Nationalmuseum. Dort
würde das ethnographische Museum organisch ange-
schlossen sein. Dort ist auch bereits die peruanische
Sammlung untergebracht; diese auserlesen schöne
Kollektion peruanischer Keramik und peruanischer
Gewebe füllt einige Räume in dem westlich vorge-
schobenen Pavillon des Nationalmuseums. Der nötige
Bauplatz am Nationalmuseum ist noch frei. Es wurde
unlängst in dieser Zeitschrift gelegentlich des Referats
über das Luitpolddenkmal Hildebrands über dieSituation
ausführlich gesprochen. Nun hat man es in der Hand,
den Platz in der durch die Situation geforderten
Weise auszubauen. Den Platz, der nach der Er-
richtung eines ethnographischen Museums an der
Prinzregentenstraße freibleibt, sollte man zeitig für
ein Kunstgewerbemuseum reservieren. München —
es ist nicht zu glauben — besitzt kein Museum für
modernes Kunstgewerbe. Hier wäre der Platz. Dieses
Projekt würde im Ganzen einmal einen inneren Zu-
sammenhang ergeben. Die Sammlungen stünden
in einer glücklichen sachlichen Verbindung. Es
würde aber auch außerdem eine großzügige und ein-
heitliche architektonische Behandlung des schönen
Platzes möglich machen. Von allem Übrigen abge-
sehen, wäre es rein nach der Idee des Zusammen-
hangs der Sammlungen aberwitzig, eine zweite Neue

Pinakothek, wie es schon vorgeschlagen worden ist,
an diesen Platz zu bauen.

Das sind etwa die Nöte, die das künstlerische
München zurzeit bewegen. Die Probleme sind drängend.
Aber im Ganzen sind sie nicht derart, daß sie glückliche
Lösungen ausschließen, und in den meisten Fällen
gestattet die Gunst der Umstände sogar phänomenale
Lösungen. Allerdings muß man von dieser Gunst
profitieren. WILHELM HAUSENSTEIN.

DIE UMGESTALTUNG DER GEMÄLDEGALERIE
DES WIENER HOFMUSEUMS

DIE SÄLE DER BAROCKITALIENER
Seit an dieser Stelle zum letztenmal über die Um-
hängung der Gemäldesammlung des Wiener Hof-
museums berichtet wurde1), sind weitere fünf Säle
mit den zugehörigen Kabinetten in vollständig neuer
Gestaltung dem Publikum wieder freigegeben worden:
noch im Sommer die Säle der Barockitaliener und
kürzlich die Säle der deutschen Schulen mit den ent-
sprechenden Kabinetten. Bei der Umgestaltung der
Galerie ist es von unschätzbarem Vorteil, daß eine
große Anzahl von Bildern ausgeschieden werden kann,
die ja in der künftigen Sekundärgalerie im neuen
Flügel der Hofburg eine würdige Aufstellung finden
werden. Man konnte bei der Neuhängung der barocken
Italiener besonders frohe Erwartungen hegen, weil
diese Bilder, die wie andere kaum, dazu bestimmt
sind, in abgeschlossenen Einzelräumen oder auf großen
Wandflächen zu wirken, bisher in gänzlich unzuläng-
licher Weise eng neben- und übereinander gereiht
waren, so daß kein einziges zu voller Geltung kam.
Diese Erwartungen sind durchaus erfüllt worden. Alle
Bilder weisen Qualitäten auf, die bisher dem Genüsse
entzogen waren, und man kann behaupten, daß sie
durch die neue Aufstellung dem Genüsse des Publi-
kums erst eigentlich erworben worden sind.

Bei der Bespannung der beiden Säle und des
Kabinetts hatte man Gelegenheit, die bei der Um-
hängung der ersten beiden Säle gemachten Erfahrungen
zu verwerten. Überall wurde in den Sälen oben an
den Wänden ein unbespannter breiter Streifen weiß
stehen gelassen, der in seiner Farbe der Decke sich
anschließt. Dadurch fällt die Wandfläche nicht so
hoch aus, eine Bilderverteilung nötig zu machen, die
einzelne Stücke dem betrachtenden Auge in unsicht-
bare Höhen entführt, wie es früher oft der Fall war.
So wurden mit Glück die in der Gestaltung der Ar-
chitektur selbst gelegenen Mängel bekämpft. Als Be-
spannung wurde für alle drei Räume einheitlich ein
nicht zu grelles Grün gewählt, das sich an allen neu
gehängten Wänden als günstige Folie der Bilder be-
währt. Die Bilderverteilung ist in fast allen Fällen
gut getroffen, da alle Stücke ihren künstlerischen Quali-
täten entsprechend angebracht sind. Dies hat viel-
leicht im ersten Saal das Gesamtarrangement etwas
ungünstig beeinträchtigt; dagegen ist die Gruppierung
im zweiten Saal und in dem Kabinett in geradezu
mustergültiger Weise getroffen.

') Vergl. Kunstchronik XXIV, Hefte 24 und 31.
 
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