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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 25.1914

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Dreyfus, Albert: Die Neugestaltung des Luxembourg-Museums
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.6191#0076

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Wettbewerbe — Denkmäler

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gebräuche berufend, dem Staat vorgeschlagen, ihm alle
im Hotel Biron befindlichen Werke zu vermachen,
wenn er selbst bis zu seinem Tod ungestört darin
schaffen könnte und das Hotel nachher in ein Museum
seines Namens umgewandelt würde. Aber die fran-
zösische Republik hat keine Medizäerohren, und es
ist noch nichts entschieden. Sollte das Rodinmuseum
im Hotel Biron zustande kommen, so dürfte es wohl
dem Glanz der Seminarkapelle Abbruch tun; mög-
licherweise aber sind Werke genug vorhanden, um
beide zu bevölkern.

Die drei oberen Stockwerke des Seminars sollen
für die Gemäldegalerie in eines durchgebrochen werden.
So läßt sich Licht genug schaffen. Eine lange Reihe
von Sälen und vier große Galerien stehen zur Ver-
fügung, in denen bequem alle Bilder chronologisch
und ihrer Richtung nach aufgehängt werden können.
Ferner sind noch projektiert: Räumlichkeiten zur Schau
von Aquarellen und Zeichnungen; ein Kupferstich-
kabinett, Vorlesungssäle, und vor allem ein Saal für
temporäre Ausstellungen moderner Künstler. Auch eine
Einrichtung höchst praktischer Art ist vorgesehen: ein
vom Hauptgebäude getrennter Pavillon im Garten soll
in eine Restauration verwandelt, die Pachteinnahme
zur Anschaffung von Kunstwerken verwandt werden.
Dazu der Komfort der Neuzeit: Lift, große Garde-
roben, ferner Lesezimmer, Laboratorien usw.

So werden uns Wunderdinge vorgezaubert, in-
dessen der Regen durch die Ritzen des so lange schon
sich selbst überlassenen Gebäudes sintert, und der
abbröckelnde Verputz es noch moroser erscheinen
läßt, als es schon ist. Ein baldiger Kammerbeschluß
ist nötig, um es vor dem Verfall zu bewahren.

Aus den Plänen Herrn Benedites ist ersichtlich,
es ist ihm nicht nur um ein Museumsgebäude zu
tun, er strebt auch eine größere Stabilität der inneren
Verhältnisse an. Sachte soll das Luxembourg einer
neuen Bestimmung zugeführt werden: die Kunstschau
soll eine dauernde bleiben. Es ist nicht anzunehmen,
daß die Kapelle mit Höllentor und Freske je seine
Schätze an den Louvre abgeben wird; und wenn ein-
mal die Übersicht über die zeitgenössischen Schulen
bis ins einzelnste durchgeführt ist, so wird sie wohl
nicht den Tag darauf umgestoßen werden. Die Rolle
des Leiters wird nicht die eines Regisseurs sein, der
in einem Verwandlungsstück fortwährend die Deko-
rationen zu wechseln hat, sondern er wird einen
mächtigen Akt aus der Kunstgeschichte vorführen, der
in der Gegenwart spielt. Und die folgenden Gegen-
warten werden sich ungezwungen angliedern lassen.
Die temporären Ausstellungen tragen der früheren Be-
stimmung des Museums als einer Durchgangsstation
Rechnung. Man nähert sich also Museen von der
Art der Berliner Nationalgalerie, der Münchener Neuen
Pinakothek. Nur ist notwendig, daß von Zeit zu
Zeit eine siebende Nachprüfung stattfindet. In Mün-
chen ist sie vor kurzem vorgenommen worden, wie
ich höre, mit durchschlagendem Erfolg. Man war dies
wohl den Manen Tschudis schuldig. Berlin wird früher
oder später nachfolgen müssen. Es muß erlaubt sein,
über eine 50 oder 100 Jahre zurückliegende Epoche

Gerichtstag zu halten. Wenn ein Museum für zeit-
genössische Kunst Bilder, die es einmal hat, die ihm
eine Zeitströmung, ein ephemerer Erfolg, ein Wink
von oben zugeführt hat, nicht von sich abstoßen kann,
so wird es neuerdings zur Hölle, für den Kunstfreund
sowohl wie für den Direktor. Der Laie wird irre-
geführt, die vornehmste Aufgabe eines solchen Museums,
Lebenswerte zu spenden, wird nur unzureichend er-
füllt, die Quelle, aus der eine spätere Zeit, um sich
zu stärken, schöpfen möchte, wird verschüttet.

Es ist zu erwarten, daß, wenn einmal das Luxem-
bourgmuseum endgültig organisiert ist, Schenkungen
und Stiftungen in ganz anderem Maß Fehlendes er-
gänzen als bisher. Abgesehen von der Davisschen
Stiftung englischer Werke, hat sich auf diese Weise
das Museum erst zweimal ausgiebig bereichert. Es
verdankt Charles Hayem zwei Gemälde und zwölf
Aquarelle von Gustave Moreau, die ihn als Bildner
farbiger Gesichte ausgezeichnet repräsentieren; und
das Legat Caillebottes ließ Manet, Monet, Renoir,
Cezanne und andere Impressionisten einziehen zu einer
Zeit, da sie noch aufs Heftigste befehdet wurden. Ihr
Saal wirkt noch jetzt mit der Frische der echten wage-
mutigen Jugend. Manets Balkon hängt da wie ein
einzigartiges Vorbild für alle, die auf Entdeckungen
ausziehen wollen, ein notwendiges Komplement zu
den sauberen und gekonnten Bildern eines Carolus-
Duran, Besnard.

Freilich mit seinen deutschen'\ Bildern wird das
Luxembourgmuseum auch in der neuen Heimstätte
nicht viel Ehre einlegen. Wird auch hier einmal ein
hochherziger Kunstfreund aushelfen, wie Herr Davis
für England? Es wäre aufschlußreich, einen Feuerbach
in die Atmosphäre des Puvis de Chavannes zu hängen,
einen Leibi, Trübner, Thoma sich von Courbet ab-
grenzen, einen späten Liebermann sich unter den
französischen Impressionisten behaupten zu sehen.
Wäre den Deutschen Gelegenheit geboten, einmal die
ganze Phalanx ihrer Besten hierher zu senden, wer
wüßte, ob nicht das europäische Urteil über die zeit-
genössische deutsche bildende Kunst, das wahrlich kein
günstiges ist, revidiert würde. Mag man wie immer
diese Idee weiterspinnen, sovieLsteht fest, man wird
in ganz Paris nicht zehn, nicht fünf, vielleicht nicht
ein Werk auftreiben können, das als eine Meister-
leistung die deutsche Kunst der letzten Jahrzehnte
würdig vertritt. ALBERT DREYFUS

WETTBEWERBE

Wiesbaden. Für die städtebauliche Gestaltung der
Kaiser-Wilhelm-Straße in Wiesbaden war ein Wettbewerb
um Entwürfe ausgeschrieben. Nunmehr wurden der erste
und zweite Preis zusammengelegt und ein Preis von 3250 M.
dem Entwurf von Prof. Dr. Friedrich von Thiersch in
München sowie den Architekten Werz und Huber in Wies-
baden zuerkannt. Der dritte Preis von 1500 M. fiel an
Henry Groß in Berlin. FünfJEntwürfe wurden angekauft.

DENKMÄLER
Das Denkmal für den Freiherrn vom Stein, das
Hugo Lederer für das neue Schöneberger Rathaus ge-
schaffen hat, ist jetzt fast fertig. Mit der Architektur des
 
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