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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 25.1914

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Deutsches und französisches Kunst-Gewerbe
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.6191#0051

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83

Nekrologe — Personalien

— Funde — Ausstellungen

34

gewicht auf prächtige Nutzlosigkeiten zu legen.» Anderer-
seits aber hat auch der Künstler einen schweren Stand.
Nirgends wird er solchen Hemmungen begegnen wie in
Frankreich, wo das Alte auf Schritt und Tritt sirenenhaft
bezaubert, wo die Antiquare und das allgewaltige Syndikat
der Möbelfabrikanten, in gemeinschaftlichem Geschäfts-
interesse verbunden, die modernen Bestrebungen per-
horreszieren. Und welch bittere Erfahrungen macht der
Künstler (wie der Besteller), wenn er ein Werk, das eine
neue Form anstrebt, in Arbeit gibt. Koechlin fühlt mit
ihm mit: »Der Künstler übergibt den Auftrag kleinen
Unternehmern oder Arbeitern. Auch wenn sie nicht sein
Vertrauen mißbrauchen und ihre Handfertigkeit sie nicht
im Stiche läßt, — man kennt die betrübliche Wirkung, die
die Unterrichtskrise auf unsere Pariser Kunsthandwerker aus-
geübt hat — so gibt es doch unaufhörliche Verzögerungen
und Verspätungen, ganz zu schweigen von all den Ver-
pfuschungen«.

Manche dieser Klagen kennt man auch in Deutschland.
Sie liegen aber 10—15 Jahre zurück. Es ist unwahrschein-
lich, daß auch eine so elastische Nation wie die Franzosen
fähig ist, sich innerhalb dreier Jahren den Mahnungen und
Ratschlägen dieser beiden Berichte gemäß zu entwickeln.

Außerdem aber gehört zu einer wirksamen Förderung
des Kunstgewerbes die Anteilnahme und Mitarbeit eines
ganzen Volkes. Noch aber lassen wenig Anzeichen auf
die Mithilfe dieses wichtigsten aller Faktoren schließen.

A. D.

NEKROLOGE
o In Düsseldorf starb am 20. Oktober der 1847
geborene Oenremaler Carl Maria Seyppel. Er war
vornehmlich unter dem Einflüsse von Ludwig Knaus aus-
gebildet. Bekannter als seine Gemälde waren seinerzeit
seine angeblich ausgegrabenen ägyptischen Scherzbücher,
sowie das »aufgefischte« Schiffsjournal des Kolumbus, bei
denen er, ähnlich wie Wilhelm Busch, freilich ohne dessen
Genie, als Dichter und Zeichner auftrat.

Hamburg. In den ohnehin auf ein kleinstes Maß
zusammengeschmolzenen Kreis der älteren Hamburger
Maler hat der Tod eine weitere Lücke gerissen. Friedrich
Schwinge, am 30. März 1852 in Hamburg geboren, ein
Schüler der Düsseldorfer Meisterlehrer Janssen und Dücker,
ist am 22. dieses Monats gestorben. In Schwinge endete
ein Künstler, wie ihn die älteren Hamburger gerne leiden
mochten. Eine starke Begabung, die aber artig genug
war, ihre Kraft den Neigungen des Publikums unterzu-
ordnen, zu malen, was gefiel und neben ihrer Kunst
auch durch allerlei gesellschaftliche Talente, über die
Schwinge im besonderen Maße verfügte, zur Aufheiterung
der Auftraggeber beizutragen. Andere Künstler sind diesem,
von der hiesigen Gesellschaft geübten Sirenentume, das
aus dem stets vorhandenen Bedürfnis nach Abwechslung
hervorgeht, erlegen, falls sie es verabsäumt hatten, sich
zur rechten Zeit dem Geist einschläfernden Zustande
durch die Flucht zu entziehen. Obwohl Schwinge nicht
geflohen, sondern von seinen reichlich unternommenen
Studienausflügen immer wieder gerne nach seinen hei-
mischen Penaten zurückgekehrt ist, hat er, dank der großen
Beweglichkeit seines Talentes und infolge seines außer-
ordentlichen Fleißes, sich dennoch als Künstler zu be-
haupten vermocht. Daß er über Hamburgs Grenzen hinaus
kaum bekannt geworden ist, darf indes immerhin als eine
Folgewirkung seines stets allzu bereiten Eingehens auf
die Wünsche seiner lokalen Kunden und zahlreichen Schüler
aus vornehmen Kreisen bezeichnet werden. Denn an
einer inneren Berechtigung zur Wertschätzung auch in
weiteren Kreisen hat es ihm anfänglich nicht gefehlt.

Seine reichsten Erfolge schöpfte er aus der niedersäch-
sischen, heimischen Flachlandschaft, die er mit Vorliebe
zum Ausmalen der neuen Schiffsriesen nutzte. Doch war
ihm auch das See-, Tier- und Figurenbild geläufig. Und
wie im Genre, so gab es auch in der Technik für ihn kein
Versagen. Geschickter in dem einen, war er in Ölmalerei,
Gouache, Wasserfarbe und Stiftzeichnung doch gleich zu
Hause. a. e. w.

In Wiesbaden starb am 14. Oktober in noch jugend-
lichem Alter der Kunstschriftsteller Gottfried Müller. Seine
Betätigung lag auf dem Gebiete der deutschen Kunst. Ein
wertvoller Beitrag zur Grünewald-Literatur war seine
»Grünewald-Biographie« (Rep. f. Kw. XXXIII, 254). Seine
letzte Arbeit war ein gehaltvoller Aufsatz über Messel in
der »Hessen-Chronik«. m. e.

PERSONALIEN
Berlin. Geh. Rat Dr. Ing. Hermann Muthesius in
Berlin hat die goldene Medaille der Baukunst- Ausstellung
in Leipzig erhalten. Es sind demnach eine ganze Reihe
von Auszeichnungen an Berliner Künstler gefallen: die
goldene Medaille noch an die Architekten Wilhelm Brurein
und Heinrich Straumer, den Glasmaler Gottfried Heiners-
dorff, der sächsische Staatspreis an die Architekten Bruno
Taut und G. Hoffmann, die Schöpfer des Monumentes
des Eisens auf der Leipziger Ausstellung.

Der Leiter des Museums in Neuß, der Kunsthistoriker
Dr. Ewald, wurde als städtischer Museumsdirektor an-
gestellt.

FUNDE

Wichtige Gräberfunde, die wirklich bedeutend und
namentlich fürdie kunsthistorische Erforschung germanischer
Vorzeit sehr interessant sind, brachten die Ausgrabungen
in Haßleben dieser Tage ans Licht. Auf der Höhe an
der Haßlache entdeckte der Kustos des Stadtmuseums von
Weimar, Herr Möller, eine alte Thüringer Hausanlage und
daneben nichts geringeres als die große, acht Quadratmeter
Grundfläche umfassende Gruft einer thüringischen Fürstin,
welche an dieser Stätte etwa im vierten Jahrhundert n. Chr.
beigesetzt ward. Ein seltener Fund, mit zahlreichen Opfer-
gaben von kunstgewerblichen Gegenständen, der reichen
»Mitgift« der Verstorbenen. Zwanzig Gefäße waren um
das zum Teil noch erhaltene Skelett herumgelegt, darunter
sehr schöne Goldarbeiten und birnenförmige Bernsteinperlen
von purpurfarbenem Schimmer. Bronzeteller mit Innen-
vergoldung, Holzgefäße mit Silbereinfassung, Glasgefäße
mit Irisierung; dazu die üblichen Sicherheitsnadeln (Fi-
bulae) und Schmucksachen. Ein genauer Bericht wird
später seitens des Stadtmuseums folgen, dem der seltene
Fund zur Aufbewahrung überwiesen ist. Die Nachprüfung
des kunsthistorisch auch für die Aufhellung des noch fast
sagenhaften Reiches der alten Thüringer verspricht eine
bedeutende wissenschaftliche Ausbeute. w.Sch.

AUSSTELLUNGEN

© Zur Feier des hundertfünfzigjährigen Bestehens der
Berliner Porzellanmanufaktur veranstaltet das Königl.
Kunstgewerbemuseum eine umfassende Ausstellung ihrer
Erzeugnisse. Der sonst recht unwirtliche Lichthof des
Museums ist durch Stoffspannung sehr geschickt in einen
festlichen Ehrensaal verwandelt worden, und hier sind in
schönen Vitrinen, zwischen die Möbelstücke des 18. Jahr-
hunderts gestellt wurden, die Werke aus der ersten Blüte-
zeit der Manufaktur untergebracht worden. Berlin glänzte
niemals im Gebiete der Porzellanplastik. Obwohl schon
Gotzkowsky einen von Kaendlers Schülern, den Bildhauer
Friedrich Elias Meyer aus Meißen, berief, entstanden nur
 
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