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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 25.1914

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Römischer Brief, [2]
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.6191#0215

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Nekrologe — Personalien — Ausgrabungen

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sammenwirken des Menschen und des Schuppen-
ungeheuers, mit denen er ringt.

Die Reorganisation des alten Musaeum Kirche-
rianum ist fast zu Ende geführt, und bald werden
die neugeordneten Säle dem Publikum geöffnet werden.
Man weiß aber noch nicht, ob das Museum den alten
Namen behalten wird in der neuen Form, da die
charakteristische Sammlung, die der Jesuitenpater Atha-
nasius Kircher im siebzehnten Jahrhundert gegründet
hatte, wie eben damals solche Raritätenkabinette
gebildet wurden, nur noch dem Namen nach
besteht. Damals gab es ausgestopfte Tiere darin,
ägyptische, römische, griechische, christliche Altertümer,
mathematische und astronomische Instrumente und
orientalische Raritäten. Im achtzehnten Jahrhundert
machten sich die zwei Patres Filippo Buonamia und
Contuccio Contucci daran, die Sammlung besonders
in ihrem archäologischen Teil zu vermehren, aber als
1775 der Jesuitenorden bis 1823 aufgehoben wurde,
kamen die besten antiken Stücke in das vatikanische
Museum. Als die Jesuiten wieder das Collegium
Romanum bezogen, machte sich der tüchtige Archäo-
loge, Pater Guiseppe Marchi, an die Reorganisation
der Sammlungen, bis sie 1870 nach der endgültigen
Aufhebung der Jesuiten in den Besitz des italieni-
schen Staates übergingen und durch Professor Luigi
Pigorinis, des verdienten Prähistorikers, fünfund-
dreißigjährige Tätigkeit sich zu einem wirklich groß-
artigen prähistorischen und ethnographischen Museum
auswuchsen. Nach dem letzten großen Ankauf
der Sammlung Giglioli, die wunderbares ethnographi-
sches Material enthält, und der Schenkung der Samm-
lung Loria, die so ziemlich alles an alten italienischen
Bauerntrachten und Geräten umfaßt, sind die Räume
zu eng geworden. Man hat einen neuen Saal hinzu-
gebaut und das Material des Kircherianum, das nicht
mehr in das Museum paßte, anderen Sammlungen
übergeben. So haben das Museum in Villa Giulia
und das Thermenmuseum ihr Teil bekommen und
die Engelsburg die schönen, mittelalterlichen Stücke,
darunter den prachtvollen byzantinischen Emaille-
christus aus dem siebenten Jahrhundert und die Elfen-
beinskulpturen. Diese Gegenstände bilden jetzt mit
dem kostbaren Triptychon, welches einst der Biblioteca
casanatense gehörte, den Kern der mittelalterlichen
Sammlungen, die man in der Engelsburg anlegen will.

Schon ist es dem unermüdlichen Obersten Borgatti,
dem Restaurator und Konservator, gelungen, einen
Saal voll römischer Skulpturen aus dem Mittelaller
und der Renaissance dem Publikum zu öffnen, und
man ist berechtigt, auch in dieser Richtung hin das
Beste zu erhoffen. Fed.H.

NEKROLOGE

Mit dem im 72. Lebensjahre verstorbenen Bildhauer
Teodor Rygier verliert Polen einen der letzten Ver-
treter der alten akademisch-realistischen Richtung. Nach
Vollendung seiner Studien an der Warschauer und der
Pariser Kunstschule ließ er sich vor vierzig Jahren in Rom
nieder, wo er bis zu seinem Tode wohnte. 1867 stellte
er zum erstenmal im Pariser Salon aus. In Berlin brachte
ihm sein »Copernicus« eine goldene Medaille. Krakau

besitzt von ihm das Mickiewicz-Denkmal und Lemberg das
große Relief am Landtagsgebäude. Zu dem besten, was
er geschaffen hat, gehören seine Porträts. Im Jahre 1912
fand in Warschau seine Jubiläumsausstellung statt. Er war
Mitglied der Akademien von Bologna, Florenz und Peters-
burg. Den neuen künstlerischen Tendenzen und Bedürf-
nissen entsprach die Kunst des seinerzeit berühmten und
hochgeschätzten Bildhauers, trotz seines unbestreitbaren
Könnens und Geschmacks, nicht mehr.

PERSONALIEN
Prof. Dr. Ernst Heidrich wurde als Nachfolger Dehios,
der in den Ruhestand tritt, an die Universität Straßburg
berufen. Heidrich ist ein Schüler Wölfflins. Er promovierte
1905 mit einer Dissertation über die Geschichte des Dürer-
schen Marienbildes. 1909 habilitierte er sich an der Ber-
liner Universität auf Grund einer Abhandlung über Dürer
und die Reformation. 1911 wurde er als Nachfolger Schu-
brings nach Basel berufen. In der bekannten Serie »Die
Kunst in Bildern« veröffentlichte er 1909 einen Band »Alt-
deutsche Malerei«, 1910 einen zweiten: »Altniederländische
Malerei«.

Prof. Dr. Friedrich Rintelen ist dem Vernehmen nach
an die neubegründete Universität in Frankfurt a. M. berufen
worden. Rintelen war als Privatdozent an der Berliner
Universität habilitiert auf Grund eines Werkes über Giotto,
das 1912 im Druck erschien. Seit zwei Jahren gehört er
dem Historischen Institut in Rom an.

AUSGRABUNGEN

Die Ausgrabungen des Egypt. Exploration Fund
zu Abydos. Über die Ausgrabungen zu Abydos wurde
zuletzt in dieser Zeitschrift am 4 Okt. 1912 (Kunstchronik
1912/13 Nr. 1) berichtet und daselbst angedeutet, daß erst
die Weiterführung der Ausgrabungen über das einzigartige
Bauwerk Aufschluß geben könne, auf das man, bei den
von Flinders Petrie ursprünglich entdeckten Bauten, hinter
einem Abschluß durch drei gewaltige Monolithbalken von
fünf Metern Größe gestoßen war. Die vor zwei Jahren ge-
fundenen zwei Seitenkammern am Ende des sich hinter dem
Torabschluß öffnenden 14 m langen Ganges zeigten sich
bei den nunmehr fortgesetzten Ausgrabungen, worüber der
Genfer Ägyptologe E. Naville in »The Times« berichtet, in
Wirklichkeit als eine große Halle mit Grabmalereien des
Merneptah an den Wänden. Hier wurden die Ausgrabungen
dann unterbrochen, nachdem zwischen dieser Stelle und
dem Tempel Seti I, den Mariette vor vielen Jahren aufge-
deckt hatte, ein Raum von 50 m Länge blieb, der mit Sand
und Schutt bedeckt geblieben war. Dieser wurde dann im
letzten Sommer vom Service des antiquit.es oberflächlich aus-
geräumt; es blieb aber für den Egypt. Exploration Fund noch
so viel zu tun, daß jetzt von ihm 639 Arbeiter — meistens
Knaben — mit der Wegschaffung von Sand und Schutt be-
schäftigt wurden, die größte jemals von ihm unternom-
mene Arbeit. Da der Tempel Seti I den Charakter eines
Grabtempels in Verbindung mit einem Grab zeigt und Osiris
geweiht ist, so mußte man denken, daß hier das Grab des
Osiris gefunden werden könne: was man in Wirklichkeit
fand, übertraf jede Erwartung.

Zwischen dem erwähnten Torweg und dem Tempel
Seti I stieß man auf ein zwar "stark ruinenhaftes aber als
ein Ganzes zu erkennendes Heiligtum aus der Pyramiden-
zeit aus solch gewaltigem Material erbaut, wie es im ganzen
übrigen Ägypten nicht zu finden ist. Das einzigartige Ge-
bäude ist rechteckig, die Umfassungsmauer fast 4 m stark,
der innere Teil, 30 auf 20 m, besteht aus drei Längsschiffen,
die durch Assuangranit-Pfeiler geschieden sind, welche fast
 
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