Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 25.1914

DOI Artikel:
Wertzuwachs von Kunstwerken
DOI Artikel:
Verschiedenes / Inserate
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.6191#0191

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
363 Nekrologe — Sammlungen 364

bedenken, in wie wenigen Ausnahmefällen das Gesetz
segensreich wirken kann und einen gerechten Aus-
gleich schafft, wie viele Gefahren auf der anderen Seite
es gerade für die mit sich bringt, zu deren Vorteil
es erdacht wurde. Die deutschen Künstler, die in
einer Zeitungsumfrage zu der Sache sich geäußert
haben, waren zu rasch in ihrer Zustimmung. Wenn
man bei uns an ähnliches denkt, sollte man nicht
eine Partei nur hören und auch an die Rückwirkungen
denken, die die erhofften Segnungen leicht in ihr
Gegenteil verwandeln können.

NEKROLOGE
Albert Neuhuys f. Den 6. Februar verschied in
Locarno fast siebzigjährig Albert Neuhuys, einer der letzten
Vertreter jenes Virtuosentums des Pinsels, das der hollän-
dischen Kunst des 19. Jahrhunderts neuen Weltruhm ge-
bracht und — neue Absatzgebiete erschlossen hat. Seine
Spezialität war die Darstellung des holländischen Bauern-
hauses, er hat Laren für die holländische Malerei entdeckt
und die große Schar von bäuerlichen Interieurmalern, die
heute den Markt mit diesem beliebten Artikel überschwemmen,
hat, wenn nicht Israels, Neuhuys zu ihrem geistigen Vater.
— Neben Israels ist Neuhuys unstreitig Hollands bedeu-
tendster Interieurmaler gewesen; gemeinsam war den beiden
nur der äußere Vorwurf; Auffassung und Behandlung waren
völlig verschieden, ganz abgesehen natürlich davon, daß
der Umfang der Kunst von Israels viel größer war. —
Neuhuys wurde am 14. Juni 1844 in Utrecht geboren;
den ersten Zeichenunterricht empfing er von Craeyvanger
in seiner Vaterstadt; er war dann eine Zeitlang gezwungen,
um seinen Unterhalt zu verdienen, Porträts nach Photo-
graphien zu machen. Mit 24 Jahren ging er nach Antwerpen
auf die Akademie, wo er vier Jahre blieb, dann kehrte er
nach Holland zurück. Die letzten Jahre seines Lebens
brachte der Maler in der Schweiz zu. m. D. Henkel.

Die Münchener Sammlungen haben durch den am
15. Februar erfolgten Tod von Dr. Hans Stegmann, dem
Direktor des Bayrischen Nationalmuseums, einen großen
Verlust erlitten. Stegmann war am 27. April 1862 in Weimar
geboren und wuchs in Nürnberg auf, wo sein Vater Direk-
tor des bayrischen Gewerbemuseums war. Ende der acht-
ziger Jahre habilitierte er sich in München für neuere
Kunstgeschichte, betätigte sich an der Inventarisation der
Kunstdenkmäler, rückte 1895 zum Konservator und 1906
zum zweiten Direktor des Oermanischen Museums auf, bis
er 1909 die Leitung des Nationalmuseums in München
übernahm. Seine wissenschaftlichen Arbeiten galten haupt-
sächlich den Katalogisierungen der ihm unterstellten Samm-
lungen, um deren Ausgestaltung er sich große Verdienste
erwarb.

PERSONALIEN

Nachdem für Lichtwark ein ebenbürtiger Ersatz ge-
funden war, ist nun erfreulicherweise auch die Stellung
des Direktors der Bremer Kunsthalle so besetzt worden,
daß auf eine Weiterentwicklung im Sinne Paulis gerechnet
werden kann. Paulis früherer Assistent, Dr. Emil Wald-
mann, ist einstimmig zu seinem Nachfolger gewählt
worden. Waldmanns Name hat überall da, wo von künst-
lerischen Dingen die Rede ist, einen guten Klang. Der
Umfang seines Wissens und die Elastizität seines Geistes,
die ihn unmittelbar hintereinander das gelehrte Buch voller
Esprit über die griechischen Originale und das große
Werk über Leibi verfassen ließen, machen ihn ebenso zum
geborenen Museumsdirektor, wie sein sicherer, am
Alten geschulter, aufs neue gerichteter Geschmack. Daß

er in Bremen zu Hause ist, wird ihm für seine Stellung
noch besonders zustatten kommen. Seit etwa Jahresfrist
versah Waldmann die Stelle eines Bibliothekars an der
Sammlung der Secundogenitur in Dresden; übrigens die-
selbe, die einst auch Pauli innehatte, ehe er nach Bremen
berufen wurde.

SAMMLUNGEN

Die Sammlung Camondo, mit der sich das Louvre
bereichert hat, soll nun endlich im April zugänglich ge-
macht werden. Zur Unterbringung im zweiten Stock des
Pavillon Mollien waren umfängliche bauliche Veränderungen
notwendig; eine Treppe wird von den französischen Pri-
mitiven hinaufführen. Die 750 Werke der Stiftung Camondo
benötigen sieben Säle; ein jeder soll nach dem Vorbild
des Musee Andre ein für sich abgeschlossener Innenraum
sein und eine Periode oder einen Stil der Kunstgeschichte
illustrieren. Ein Saal ist dem Mittelalter gewidmet, der
folgende der Renaissance; dort werden alle die Möbel,
Bibelots, Waffen aufgestellt werden, die Camondo mit so
sicherem Geschmack gesammelt hat. Ein weiterer Saal
dient der japanischen Kunst, den großen Meistern des
Holzschnitts besonders. Eine ausgezeichnete Überleitung
zu der zeitgenössischen französischen Kunst, die die daran
anstoßenden Räume einnimmt. Ein Saal, der die alten
Tapisserien aufnehmen soll, mußte um einen Meter erhöht
werden; der letzte Raum endlich soll wie ein alter Salon
möbliert und eingerichtet werden.

Die Hauptattraktion der neuen Galerie werden die
französischen Impressionisten sein, die sich nun nicht ohne
Mühe das Louvre erobert haben. Vertreten sind Degas
mit elf Ölbildern und zehn Zeichnungen und Pastellen,
Cezanne mit fünf Gemälden und vier Aquarellen, Manet
mit sieben Ölbildern und drei Kartons, ihnen reihen sich
an 14 Monet, 36 Jongkind, ein Van Gogh, ein Lautrec,
zwei Pissarro, drei Renoir, acht Sisley, sieben Forain.

Ein Spaßvogel berichtet, Camondo habe auch Werke
von weniger alten Meistern besessen, wie von Signac, Denis,
Henri-Matisse, Vuillard, aber um nicht die Ruhe der Re-
publik zu stören, habe er sich gehütet, ihr diese Bilder zu
vermachen. »Die betreffenden Herren mögen sich Zeit
lassen«, so fügt er hinzu, »das Louvre läuft nicht davon.«

Und ist das Louvre nicht sich schuldig, erst dann ein
Bild, auch als Vermächtnis, in seinen Sammlungen aufzu-
nehmen, wenn es selbst dafür eine Summe von wenigstens
einer fünfstelligen Zahl erlegen müßte? — Armer van Gogh,
der ein Bild wie seine »rosa Krevetten« zu seinen Leb-
zeiten für fünf Francs »verklopfen« mußte!... a.D.

Hamburg. Als Vorläufer der für ihren toten Direktor
geplanten offiziellen Gedenkfeier, die am 13. März d. J.
stattfinden soll, hat die Kunsthalle eine farbige Erinne-
rungsfeier vorausgehen lassen. In einem Saal ist das von
Graf Kalckreuth gemalte Kniebild Alfred Lichtwarks in
Lebensgröße, in einem anschließenden zweiten Saal ist
alles ausgestellt, was Lichtwark für die Kunsthalle an Ge-
mälden zuletzt erworben hat. Das Bildnis Lichtwarks, von
Freunden zu seinem silbernen Jubiläum als Direktor der
Kunsthalle gestiftet, ist erst jetzt zu seinem vollen Rechte
gekommen. Denn die aus müdem Schauen, feinem Spott
und überlegenem Siegerlächeln gewobene Gebärde, mit
der Lichtwark hier den Blicken des Beschauers begegnet,
war an dem immer tätigen, immer von erregenden Ge-
danken bewegten lebenden Manne so wenig gekannt, wie
die ihm im Bilde zugewiesene lässige Ruhelage im Lehn-
stuhl. So wie hier schauend und lächelnd, und in so
völliger Abkehr von aller Tätigkeit, konnte der Dargestellte
erst nahe am Abschluß, und dicht vor dem Bruche mit
 
Annotationen