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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 25.1914

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Der Goldfund von Illahun
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KUNSTCHRONIK

Neue Folge. XXV. Jahrgang 1913/1914 Nr. 42. 11. September 1914

Die Kunstchronik und der Kunstmarkt erscheinen am Freitage jeder Woche (im Juli und August nach Bedarf) und kosten halbjährlich 6 Mark.
Man abonniert bei jeder Buchhandlung, beim Verlage oder bei der Post. Für Zeichnungen, Manuskripte usw., die unverlangt eingesandt werden,
leisten Redaktion und Verlagshandlung keine Gewähr. Alle Briefschaften und Sendungen sind zu richten an E.A.Seemann, Leipzig, Hospitalstr. 11 a.
Abonnenten der Zeitschrift für bildende Kunst erhalten Kunstchronik und Kunstmarkt kostenfrei. Anzeigen 30 Pf. die Petitzeile; Vorzugsplätze teurer.

DER GOLDFUND VON ILLAHUN

Im Kairener Museum sind kürzlich die in Ägypten ver-
bleibenden Stücke aus dem Goldfund von Illahun ausgestellt
worden. — Bei den Aufräumungsarbeiten an der Pyramide
Senwosrets II. (12. Dynastie), am Eingang zum Faijum, fand
der englische Ägyptologe Flinders Petrie in einem Schacht-
grab Schmuckstücke und Toilettengegenstände aus »Gold,
Silber und allerlei köstlichen Steinen«, die zu dem Schatz einer
Prinzessin des königlichen Hauses gehörten. Das Grab war
schon in alter Zeit erbrochen und durchsucht worden, doch
blieben den Räubern die von Nilschlamm und Geröll
bedeckten Schätze verborgen. — Das Hauptstück ist ein
Diadem aus lauterem Gold in der Form des Kopfschmucks
des Alten Reichs. Auf einen etwa drei Zentimeter breiten
Stirnreif sind 15 kreuzförmig stilisierte Rosetten aufgelegt,
bemustert mit Einlagen von Lapislazuli, Karneol und weißen
Steinen, das Ganze ähnlich dem gemalten Kopfband der
Nofret im Museum zu Kairo. An der Stirnseite erhebt
sich ein goldener Uräus in durchbrochener und ausgelegter
Arbeit. Der Kopf ist wunderbar fein aus Lapislazuli ge-
schnitten; die von goldenen Lidern eingefaßten Augen aus
Granat geben ihm einen merkwürdig lebendigen Blick.
Der Schlange gegenüber stehen auf einer Papyrusdolde aus
Gold zwei schmale, dünne Streifen aus Goldblech, die beim
Tragen des Diadems wie wallende Federn in fortgesetzter
Bewegung sein mußten. Einen eigentümlichen weiteren
Schmuck bilden drei Paare langer, biegsamer Goldstreifen,
die an Scharnieren vom unteren Rande des Stirnbandes
herabhängen.

Zu dem Kairener Besitz gehört ferner ein Brustschmuck,
der mit den Pektoralen aus dem Goldfund von Dahschur
verglichen werden mag, wenngleich unserem Stück die
architektonische Umrahmung fehlt. Die Mitte bildet ein
sitzender Mann, der zwei gekerbte Palmrippen und die
Kaulquappe in Händen hält, die Symbole einer Lebenszeit
von »Millionen von Jahren«. Darüber steht der Königs-
ring mit dem Namen Senwosrets II. Zwei Falken mit
Sonnenscheibe, Uräus und Lebenszeichen flankieren das
Ganze. Die Umrisse und Zeichnungen des Brustschmucks
sind durch kleine goldene Leisten auf goldenem Grunde
angegeben, die Felder ausgelegt mit bunten Steinen, be-
sonders sorgfältig und schön bei dem Gefieder der Falken.
Die Rückseite ist nicht wie bei den Stücken von Dahschur
glatt ausgeschnitten, sondern fein bearbeitet und ziseliert.

Der zum Schatz gehörige Spiegel ist der schönste und
wertvollste, der bisher in Ägypten bekannt wurde. Der
Griff aus Obsidian hat die Form eines Papyrusstengels,
dessen Fußblätter durch vielfarbige, von Goldleisten ein-
gefaßte Steine wiedergegeben sind. Unter der offenen
Dolde sitzt ein doppelgesichtiger Hathorkopf, aus Gold ge-
gossen, mit eingelegten Augen; die Dolde selbst ist wie-
derum aus Obsidian, der obere Rand dagegen aus Gold
zur Andeutung der Papyrusblüten. In die Dolde ist durch
einen Zapfen die silberne, diskusförmige Spiegelscheibe
eingelassen.

Ein kleiner Skarabäus ohne Namen, dessen goldenes
Gerippe mit Steinen ausgelegt ist — der Kopf blau, der
Rücken rot, die Flügeldecken grün und weiß — und mehrere

Dutzend zylindrischer Goldperlen bilden den Rest der Kai-
rener Erwerbung.

Der größere Teil des Goldschatzes ist nach London ge-
kommen, wo er im University College ausgestellt werden
soll: Armbänder aus Türkis- und Karneolperlen, von gol-
denen Stäbchen zusammengehalten, die Verschlußstücke
aus Gold mit eingelegtem Text: »Der gute Gott, Herr der
beiden Länder, Amenemhet III., begabt mit Leben«; — ein
Pektoral wie oben beschrieben, mit dem Namen Amenem-
hets III.; — Kolliers von doppelten Löwenköpfen und
Kaurimuscheln aus Gold; — Gehänge aus Perlen von
Amethyst und goldenen Pantherklauen; —Salbgefäße aus
Obsidian mit goldenen Beschlägen; — kupferne Rasier-
messer mit Griffen aus Gold; — Pendants und Skarabäen
aus Gold mit vielfarbigen Einlagen, darunter ein Skarabäus
aus Lapislazuli mit dem Namen Amenemhets III., der nach
Petrie der tadellosen Ausführung und der schönen, satten
Farbe des Steines wegen von keinem bisher bekannten
übertroffen wird.

Eine ganze Anzahl der Stücke aus dem Schatz von Illa-
hun zeigen in ihren Motiven und in ihrer Ausführung so
große Ähnlichkeit mit dem Goldfund von Dahschur (s. De
Morgan, Fouilles ä Dahchour, Wien 1895 und 1903), daß
beide Gruppen von Schmucksachen derselben Schule von
Goldschmieden zugesprochen werden dürfen, deren Kunst-
fertigkeit und Geschmack wohl von keiner späteren Gene-
ration mehr übertroffen wurde. r.

NEKROLOGE

Ein deutscher Maler, den seine fast übergroße rührende
Bescheidenheit fernab vom Ruhm gehalten hat, ist in
Friedrich von Keller Ende August in Stuttgart gestorben.
Nach schwerer Jugend kam der 1840 in dem schwäbischen
Dörfchen Neckarweihingen geborene Künstler bald nach
1870 nach München, wo er sich erst in der Historie ver-
suchte. Bald aber brach der Naturalist von eingeborenem
malerischen Gefühl, der Keller war, durch. In den »Stein-
brechern« der Hamburger Kunsthalle schuf er eine für die
damalige Zeit überraschende Leistung. Der Arbeiter blieb
auch in der Folge das Lieblingsthema seiner Beobach-
tungen; und da er in seinem Stile immer freier, in seiner
Auffassung immer frischer wurde, so wird vielleicht noch
nach seinem Tode sein Name bekannter werden, als er
es zu Lebzeiten über das schwäbische Heimatland hinaus
geworden ist.

Im Alter von 91 Jahren starb in Berlin der bekannte
Architekt Professor Dr. Julius Raschdorff, der Erbauer
des Berliner Domes. Raschdorff, am 2. Juli 1832 in Pless
geboren, studierte in Berlin, war dann in Köln tätig und
seit 1878 lange Jahre an der Berliner Bauakademie. Außer
am Berliner Dom hat er in ganz Deutschland an vielerlei
historisch nachempfundenen Bauwerken Anteil gehabt und
seine geschichtlichen Kenntnisse in einer Reihe trefflicher
Publikationen, insonderheit über die Palastarchitektur von
Oberitalien und Toskana, verwertet.

PERSONALIEN
Der ehemalige Kölner Stadtbaurat Heimann ist

zum Konservator der Kunstdenkmäler der Stadt Köln er-
nannt worden.
 
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