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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 25.1914

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Wiener Brief
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.6191#0176

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333

Nekrologe — Personalien

334

von Hans Tichy sind besser als seine Bilder. In einer
Reihe von verschiedenartigen Zeichnungen, bei denen
die Tierstücke besonders auffallen, erkennt man das
illustrative Talent Alois Hänisch. Ferdinand Schmutzer
und Walter Klemm sind als Graphiker hinreichend
bekannt. Josef Engelhart wiederholt unermüdlich seine
Volkstypen und scheint dabei zu vergessen, daß er
seiner Kunst früher einmal auch höhere Ziele als das
rein Gegenständliche gesetzt hatte. Ein frischeres
Münchener Blut verspürt man in den Ölbildern Alfred
Offners aus Czernowitz. Maximilian Liebenwein und
Vlastimil Hofmann bringen nichts Neues. Auch die
Sezession leidet an Altersschwäche, und deshalb ist
es besonders zu loben, daß sie in den nächsten Wochen
ihre Pforten einer Ausstellung junger Wiener Künst-
ler öffnen will, die noch keiner der Künstlervereini-
gungen angehören.

Das einzige Außergewöhnliche, das der Herbst
an größeren Ausstellungen brachte, ist die inter-
nationale Schwarz-Weiß-Ausstellung, veran-
staltet vom akademischen Verband für Literatur und
Musik. Man darf hinter dem etwas großspreche-
rischen Titel nicht große Dinge vermuten. Einige
Wiener Literaten, Studenten und Künstler, denen
offenbar die Sterilität der Wiener Kunstverhältnisse zu
Kopfe gestiegen war, versuchten eine Ausstellung
von Graphik zu machen. Das ist alles und die Resul-
tate sind geringe; in Anbetracht der Kräfte aber immer-
hin zu loben. Abgesehen von der höchst unwürdigen
Aufmachung scheint dem Ganzen auch kein Plan
zugrunde zu liegen. Neben den langweilig akade-
demischen Werken englischer Künstler, die auf jeder
größeren Ausstellung gern erscheinen, und einigen
ebensolchen Arbeiten, die man sich aus Ungarn ver-
schrieben hat, hängen prächtige Liebermann und
Slevogt, Orlik und viele andere, deren Aufzählung
hier von geringem Interesse wäre. Am reichsten ist
die Jugend vertreten, freilich recht ungleichmäßig, und
ein Außenstehender könnte sich nach Besichtigung
dieser Ausstellung sicher keinen rechten Begriff von
der modernen Kunstbewegung machen. Die französische
Jugend fehlt fast vollständig und das junge Deutsch-
land ist mit den illustrativen Stücken des sicher ganz
tüchtigen Rudolf Großmann, den Zeichnungen von
Karl Hofer, den wenigen, allerdings ganz ausgezeich-
neten Radierungen Wilhelm Lehmbrucks sicher nicht
hinreichend vertreten. Aber auch Wien — und das
hätte doch auch in diesem Rahmen möglich sein sollen
— zeigt nicht einmal das Wenige, was es auf dem
Gebiete zu leisten vermag. Das Beste sind noch
einige der Zeichnungen von Gustav Klimt. Die Holz-
schnitte von Erwin Lang sind recht bescheiden, aber
immerhin besser, als die Bilder, die man von ihm zu
sehen gewohnt ist. Ganz schlimm sind die Zeich-
nungen des Egon Schiele, der die wenigen guten
Ansätze seiner Zeichnung durch krasse Farben ver-
dirbt. Die Zeichnungen von F. A. Harta verraten ein
Talent, das eher zum Illustrator, denn zum Maler
taugen dürfte, während man den Aquarellen des Paris
von Gütersloh kaum irgend einen künstlerischen Ge-
schmack abzugewinnen vermag. Wenn man an die

vielversprechende Ausstellung im Hagenbund, in der
sich vor einigen Jahren das junge Wien zusammen-
fand, zurückdenkt, findet man hier kaum eine Erfüllung
jener Hoffnungen, freilich fallen durch ihr Fehlen
gerade jene auf, deren Ansätze am vielversprechendsten
waren, wie Wiegele, Kolig und vor allem Kokoschka.

K. M. S.

NEKROLOGE

London. Mrs. William Morris, die Witwe des be-
kannten Malers und Dichters, ist am 28. Januar gestorben.
Sie lebte seit dem Tode ihres Gatten hauptsächlich in
Keimscott Manor. Von dem Freundschaftsbunde, der sie
mit den Frauen der andern Präraffaeliten verband, lebt nun
nur noch Lady Burne-Jones.

PERSONALIEN

Gustav Pauli Nachfolger Lichtwarks. Verhältnis-
mäßig schnell ist die Frage der Nachfolge Lichtwarks in
Hamburg erledigt worden. Alle die seltsamen Vermutungen
und Kombinationen, die nach Lichtwarks Hinscheiden in
rascher Folge auftauchten, haben sich nicht bewahrheitet.
Gustav Pauli, der bisher die Bremer Kunstsammlungen
leitete, wird nun die Direktorstellung an der Hamburger
Kunsthalle übernehmen. Man darf beide Teile zu der
Wahl beglückwünschen, Pauli, der nun in einen weiteren
Wirkungskreis einzieht, Hamburg, das einen Mann gewonnen
hat, der das Werk Lichtwarks fortzusetzen und auszubauen
berufen ist. Seiner künstlerischen Uberzeugung nach steht
Pauli Lichtwark sehr nahe, so daß die Gewähr gegeben
ist für einen Ausbau der Sammlungen im Sinne ihres
Schöpfers. Und er bringt Gaben mit, die ihn zu glücklicher
Ergänzung des bisher Geschaffenen befähigen. Paulis kunst-
historisches Arbeitsgebiet ist insbesondere die Graphik.
Seine mustergültigen Kataloge des Werkes der Brüder
Beham sind rühmlichst bekannt. So ist zu hoffen, daß
auch das bisher vernachlässigte Kupferstichkabinett in
Hamburg nun gebührende Berücksichtigung finden wird.
Und man darf annehmen, daß Pauli auch die fehlenden
Kataloge und Führer bald in Angriff nehmen wird. Die
Hauptsache aber wird fürs erste die Vollendung des Neu-
baues und die würdige Aufstellung der von Lichtwark zu-
sammengebrachten Sammlungen sein. Auch diese Aufgabe
liegt in guten Händen, und daß der Posten nicht allzu
lange verwaist blieb, ist doppelt wichtig in einer Zeit, in
der ein verantwortlicher Leiter den fortschreitenden Bau-
arbeiten doppelt not tut.

Berlin. Zu Mitgliedern der Königlichen Akademie
der Künste wurden die Maler Max Slevogt und Raffael
Schuster-Woldan, der Bildhauer August Vogel und der

Münchener Architekt Hans Grassel gewählt. Ohne den
Wert der Akademien in unserer Zeit zu überschätzen,
wird man es mit Freude begrüßen, daß wieder ein Künstler
vom Range Slevogts in ihre Reihen aufgenommen wurde.
Die Akademie ehrte sich selbst durch die Wahl Slevogts am
meisten. Hoffentlich ist damit nur ein Anfang gemacht,
und es tritt nicht wie nach der Wahl Liebennanns eine
lange Pause ein, ehe wieder ein gleichgesinnter Künstler
der offiziellen Würden teilhaftig wird.

Dr. Karl Großmann, bisher Assistent an der Kgl.
Bayerischen Graphischen Sammlung in München, ist als
Direktorialassistent an die Dresdner Städtischen Sammlungen
berufen worden.
 
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