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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 25.1914

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Baldass, Ludwig: Die Umhängung der Gemäldegalerie des allerhöchsten Kaiserhauses in Wien: Rubens und van Dyck
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.6191#0304

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58g

Nekrologe

590

Abstand nahm, von der Skizze nicht eine*"Einzelheit
erkennen konnte. Die Studienköpfe und die kleinen
Bildnisse, die meisterhaften Tiziankopien, die kleine
Beweinung, die Medusa und die spielenden Kinder
sind samt zwei feinen Stilleben Jan Fyls an den übri-
gen Wänden des Kabinetts in möglichst symmetrischer
Hängung verteilt. Vor allem wird man es freudig
begrüßen, daß die lästigen Spiegelgläser von allen
größeren Bildern entfernt und nur bei einigen kleinen
Bildern belassen wurden, wo sie nicht störend wirken.

Die vlämisch-holländischen Kabinette.

Von den Rubens-Kompartimenten gelangt man in
das Kabinett XV, einen jener vier Eckrisaliträume,
die mit ihrer doppelten Seitenbeleuchtung und
ihren lichttoten Ecken wohl die ungünstigsten Räume
des Hauptgeschosses der Galerie bedeuten. Da auch
die in dem Florentinerkabinett IV und dem Spanier-
kabinett VII eingebauten Scherwände weder eine ganz

befriedigende dekorative
Lösung ergaben, noch wirk-
lich gut beleuchtete Be-
hängungsflächen lieferten,
entschloß sich die Direk-
tion zu einem größeren,
anbei graphisch dargestell-
ten Einbau. Die Wöl-
bung des Saales erlaubte
keine ganz durchgeführte
Trennung des Raumes in
zwei nur von je einer Lichtquelle beleuchtete neue
Kabinette. Ein wirklicher baulicher Eingriff lag auch
nicht in den Intentionen der Galerieleitung, da das
nun einmal vorhandene architektonische Bild nicht
zerstört werden sollte und die dringend notwendigen
Einbauten ihren Charakter eines nur von Zimmermann
und Tapezierer ausgeführten Hilfsmittels zu galerie-
technischen Zwecken deutlich zeigen sollten. Es wurde
also eine nicht zur ganzen Höhe der Wände hinauf-
reichende Bretterwand von dem Nordfenster zur gegen-
überliegenden Türe gezogen, die den Raum in zwei
fast gleiche Teile trennt und gerade so hoch aufgeführt
ist, daß die beiden Lichtquellen voneinander ausge-
schaltet sind. Es wurde dadurch für das Nordfenster
ein verhältnismäßig recht gut beleuchteter korridor-
artiger Raum erzielt, der die mittelgroßen Bilder vlä-
mischer Genremalerei, die Werke eines Teniers (dar-
unter die großen Hauptstücke des Schützenfestes und
der Opferung Isaaks) eines Ryckaert, Craesbeck usw.
vollkommen ihrer Bedeutung entsprechend zur Geltung
bringt. Durch Errichtung noch etwas tiefer gezogener
Scherwände konnte in dem westlichen Teil des Eck-
raums ein sehr hübsches kleines Kabinettkompartiment
gewonnen werden, das vortrefflich beleuchtete Wände
gewährt, in denen die kleinen und feinen Werke des
Teniers und seine charakteristische Wiedergabe der
Sammlung des Galeriegründers, des Erzherzogs Leopold
Wilhelm in Brüssel, Aufnahme fanden. Infolge der
Lösung des Problems in diesem Tenierskabinett herrscht
der Plan, auch die übrigen Risaliträume in dieser
Weise umzugestalten. Das folgende Kabinett XVI,

das wie das vorige mit einem vornehm matten oliv-
braunen Stoff bespannt wurde, enthält neben der sehr
schönen Jagdbeute Fyts die besten Werke aus dem
für die kaiserliche Galerie so charakteristischen Reichtum
an vlämischer Kleinkunst, Bilder des Franken, des
älteren Teniers, des Daniel Seghers, van den Höcke,
Vrancx und wie sie heißen mögen. Die schöne Skizze
der Begegnung Esaus und Jakobs, die früher Thulden
hieß und jetzt von Direktor Glück dem Jan Boeck-
horst gegeben wird, erhielt einen Hauptplatz. In den
folgenden sieben Kompartimenten der Kabinette XVII
und XVIII sind die Werke der Holländer des 17. Jahr-
hunderts aufgestellt worden. Obwohl sie sich weder
an Zahl und Vollständigkeit noch an Reichtum erster
Qualitäten mit den Vlamen der Galerie irgendwie
messen können, bergen sie doch immerhin neben
kleineren Kabinettstücken unerreichte Meisterwerke von
Rembrandt und Ruisdael, die besonders zur Geltung
gebracht werden müssen. In der alten Aufstellung
waren die Holländer der verhältnismäßig bestgehängte
Teil, der nur durch die ganz unmögliche Farbe des
Wandanstrichs und durch die Aufnahme schwacher
Kopien stark beeinträchtigt wurde. Für das KabinettXVII
wurde dasselbe kräftige Grün gewählt, das den großen
Rubenssaal, in den sich zwei Türen des ersten und
letzten Kompartements öffnen, bekleidet. Für die mehr
tonigen Bilder, die in diesen Räumen vereinigt wurden
— die Hauptstücke sind die Werke der Haarlemer
Meister aus dem näheren und weiteren Kreis des
Frans Hals, die wenigen Werke der Rembrandtschule
und die sehr feinen Marinebilder von Capelle und
de Vlieger — bildet denn auch diese Farbe eine
äußerst wirksame Folie. Von den acht Bildern des
Rembrandt wurden die zwei frühen mit aller Brillanz
stofflich charakterisierender Detailmalerei ausgezeich-
neten Porträts an die Rückwand gehängt und das
wundervolle Selbstbildnis mit den Händen im Leibgurt
endlich mit den übrigen Werken des Meisters im
selben Raum vereint. In den drei letzten Komparti-
menten fanden in dekorativ-symmetrischer Verteilung
die Bilder Steens, Aert van der Neers, Wouwermanns,
Ruisdaels, die von Terborch, Metsu, Dou und Mieris
Unterkunft. In Harmonie zu den stärkeren leuchten-
den Farben dieser Künstler wurde ein matteres Stein-
grün gewählt, das namentlich die kräftigen Töne der
Sommerlandschaften von van der Neer und Ruisdael
gut zur Wirkung bringt.

Von der bisher üblichen Aufzählung der ausge-
schiedenen Galerienummern kann jetzt um so eher
Abstand genommen werden, als ein im Herbst er-
scheinender provisorischer Katalog ohnedies nur den
gegenwärtigen Ausstellungsstand der Galerie aufnehmen
wird. LUDWIG VON BALD ASS.

NEKROLOGE
Der bekannte Berliner Radierer Prof. Karl Koepping
ist am 15. Juli an den Folgen eines Schlaganfalles, den er
im März des Jahres erlitten hatte, im Alter von 66 Jahren
gestorben. Koepping, der ursprünglich Chemie studiert
hatte, war durch seine Radierungen nach Rembrandt weit
über die Grenzen Deutschlands hinaus gekannt und ge-
schätzt. Seit fast einem Vierteljahrhundert hatte er das
 
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