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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 25.1914

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Dresdener Brief
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KUNSTCH RON 1K

~N^Folge. XXV. Jahrgang 1913/1914 Nr. 7. 7. November 1913

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DRESDENER BRIEF
Die Dresdner Galerie ist, wie bekannt, so überfüllt, daß
es unbedingt nötig erscheint, die modernen Gemälde abzu-
sondem und in einem eigenen Gebäude unterzubringen, um
Entwürfe für ein solches zu erhalten, hatte die GeneraldireK-
tion der Königlichen Sammlungen einen Wettbewerb unter
den sächsischen Architekten ausgeschrieben und dabei oen
Platz in der Flucht des Semperschen Galenegebaudes
zwischen dem Zwingerteich und der Semperschen HOT-
oper vorgeschrieben, der jetzt von einem Kinderspiel- una
Erholungsplatz unter schattigen Bäumen eingenommen
wird. Da es sich um die nächste Nachbarschaft des
Zwingers handelte, erregte das Preisausschreiben von vorn-
herein starke Bedenken in der Bürgerschaft, zumal da durch
den Bau wieder ein ansehnliches Stück der wenigen noch
vorhandenen Grünflächen in der Altstadt verschwinden
mußte. Die Stadt selbst bewilligte daher zu den 45000 M.
Preisen der Generaldirektion noch 10000 M. zu weiteren
Preisen für solche hervorragende Entwürfe, die andere
Plätze im fiskalischen Besitz vorschlagen wurden. ^
diesem Wettbewerb sind nunmehr 55 Entwürfe einge-
gangen, und das Preisgericht hat eben seinen Spruch ge-
fällt. Es hat sich dabei herausgestellt, daß auf Grund der
Bedingungen der Generaldirektion, also das neue Gebatiae
in der Achse des Semperschen Galeriebaus aufzustellen,
keine nur irgendwie befriedigende Lösung möglich ist.
Alle Entwürfe, die diesen Platz angenommen haben, sina
mehr oder minder mißlungen. Es wurde daher kein erster
Preis für einen solchen erteilt; zwei zweite Preise er-
hielten: 1. Baurat Oskar Kramer und Bauamtmann Puscn,
2- Professor German Bestelmeyer in Dresden; einen dritten
Professor Martin Dülfer in Dresden. Diese drei Entwürfe
sind an sich vorzügliche Leistungen, aber sie ergeben eben
kein irgendwie mögliches Platzbild. Dagegen haben die
Preisrichter einstimmig einem zweiten Entwurf von Kramer
und Pusch einen ersten Preis aus Stadtmitteln zuerkannt,
und sie haben zugleich der Generaldirektion einstimmig
dringlich empfohlen, auf Grund dieses Planes mit den
beiden Urhebern in Verhandlung zu treten und die Ver-
wirklichung des Planes anzustreben. Das Wesentliche des
Entwurfs besteht darin, daß der Theaterplatz durch das
neue Galeriegebäude den so dringlich erwünschten Ab-
schluß zwischen dem Semperschen Museum und der Hot-
oper erhalten würde. Der neue Galeriebau liegt nicht in
der Flucht des alten, sondern ist vorgerückt, die Ver-
bindung ist durch Säulengänge nach beiden Seiten her-
gestellt. So ergibt sich ein wohlgeschlossenes Bild, wie
es schon Semper herzustellen wünschte. Der Bau selbst

ordnet sich dpi! KaiH Am Com norcf>rion R<j11 + *»t1 ItTl iWäIjSLa.D

Semper herzustellen wünschte. Der Bau
ordnet sich den beiden Semperschen Bauten im ^a°V
in wünschenswerter Weise unter. Durch den w
würde aber der ländlich unregelmäßige Teich unmogiiL .
die beiden Verfasser sind daher entschlossen daran g
gangen, den Zwingerteich regelmäßig zu g^stauen
durch kleinere Bauten auf den Seiten in der Verlang«irung
der Längsachse des Zwingers ein neues Stadtbi a
schaffen, das ebenfalls an alte Pläne, in diesem ra'le
beiden Kurfürsten Augusts des Starken und seines =on"
und ihrer Architekten, anknüpft. Auch der großartige,

jetzt ganz abseits liegende Neptunbrunnen soll dabei einen
neuen Platz erhalten. Damit ist eine weite Perspektive
für Neugestaltung der Umgebung des Zwingers gegeben.
Man darf gespannt sein, wie sich diese wichtige An-
gelegenheit weiter entwickeln wird. Denn vorerst müssen
die Stände und die städtischen Behörden Geld für den
Neubau der modernen Galerie bewilligen. Einen "zweiten
Preis erhielt der Architekt Blaum, der am Ende der Johann
Georgen-Allee vor dem Großen Garten ein Forum er-
richten will, das außer der Galerie auch das Hygiene-
Museum, das Naturhistorische Museum und die geplante
Universität Dresden umfassen soll. Dieser bedeutsame
Plan scheitert aber an verschiedenen äußeren Umständen,
zumal weil die Dresdner Universität noch in der Luft
schwebt und ihres viel größeren Raumbedarfs wegen an
eine ganz andere Stelle in die Nähe der Technischen
Hochschule und eines neuen Krankenhauses kommen müßte.
Einen dritten Preis erhielten Lossow und Kühne, welche
die neue Galerie an die Stelle des alten botanischen
Gartens in Verbindung mit dem Kurländer Palais errich-
ten wollen.

Zum Gedächtnis Anton Graffs, dervor hundert Jahren,
am 22. Juni 1813, in Dresden starb, hat der Sächsische Kunst-
verein in Dresden jetzt eine sehr ansehnliche Ausstellung ver-
anstaltet, der auch nach den Ausstellungen des Kunstvereins
in Graffs Geburtsstadt Winterthur 1901, in Berlin bei Eduard
Schulte 1910 und in Dresden bei Ernst Arnold im gleichen
Jahre eine Bedeutungzukommt. Denn die Dresdner Jubiläums-
ausstellung hat sich, wie Direktor Dr. Vogel im Vorwort
des bemerkenswerten Katalogs sagt, in richtiger An-
erkennung ihres besonderen Zweckes einer Teilnahme er-
freut, die weit über die Erwartungen und weit über alles
bisher Gebotene hinausgeht. Daß sie für die weitere Er-
kenntnis des Meisters grundlegend sein werde, ist wohl
zu optimistisch gedacht, jedenfalls aber erschließt sie der
allgemeinen Kenntnis eine reiche Fülle von Gemälden, die
bisher nicht oder nur wenig bekannt waren. Anton Graff
war ein überaus fruchtbarer Künstler: das große Buch, in
das er seine Bildnisse mit den Namen der Dargestellten
und dem Preise einzutragen pflegte, zählt nicht weniger
als 1655 gemalte Bilder und 322 Zeichnungen auf. Für
die Dresdner Ausstellung hat Hofkunsthändler Holst im
ganzen gegen 450 Ölgemälde, Zeichnungen und Minia-
turen zusammengebracht, die sämtliche Räume des Säch-
sischen Kunstvereins füllen. Da sind u. a. 6 Gemälde aus
dem Besitze des deutschen Kaisers, 15 Gemälde aus dem
Besitze des Königs von Sachsen, über 40 kamen aus der
Schweiz (Winterthur, Zürich, St. Gallen, Basel usw.), gegen
60 Gemälde und Zeichnungen aus dem Besitz des Ritter-
gutsbesitzers Herrn Arndt auf Klostergut Oberwartha, über
40 aus Leipzig (Universitätsbibliothek, Stadtbibliothek
Privatbesitz usw.), zahlreiche Bilder auch aus dem Besitz
sächsischer Adelsfamilien, z. B. des Grafen Vitzthum
v. Eckstädt auf Schloß Lichtenwalde, des Kammerherrn
Dr. L. Sahrer von Sahr zu Dahlen i. Sa., des Majors Karl
Freiherrn von Friesen auf Schloß Rötha, auch von Ge-
schwister Keil zu Weißtropp i. Sa.; dazu haben zahlreiche
Museen, Stiftungen, Gesellschaften und Privatpersonen
ihren Besitz von Werken Graffs zur Verfügung gestellt.
 
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