Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 25.1914

DOI Artikel:
Bernath, M.: Die Altman-Sammlung im Metropolitan-Museum in New York
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.6191#0098

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
KUNSTCHRONIK

Neue Folge. XXV. Jahrgang 1913/1914 Nr. 12. 12. Dezember 1913

Die Kunstchronik und der Kunstmarkt erscheinen am Freitage jeder Woche (im Juli und August nach Bedarf) und kosten halbjährlich 6 Mark.
Man abonniert bei jeder Buchhandlung, beim Verlage oder bei der Post. Für Zeichnungen, Manuskripte usw., die unverlangt eingesandt werden,
leisten Redaktion und Verlagshandlung keine Oewähr. Alle Briefschaften und Sendungen sind zu richten an E. A. Seemann, Leipzig, Hospitalstr. IIa.
Abonnenten der Zeitschrift für bildende Kunst erhalten Kunstchronik und Kunstmarkt kostenfrei. Anzeigen 30 Pf. die Petitzeile; Vorzugsplätze teurer.

DIE ALTMAN-SAMMLUNG
IM METROPOLITAN-MUSEUM IN NEW YORK

Im Oktober dieses Jahres wurde an dieser Stelle
vom Tode des bekannten amerikanischen Kunstsamm-
lers Benjamin Altman berichtet. Mit berechtigtem
Interesse sah man dem Schicksal seiner großartigen,
in weiten Kreisen bekannten Sammlung entgegen.
Altman verhielt sich während seines Lebens dem
Metropolitan-Museum gegenüber zurückhaltend, daher
war die Nachricht von seinem Legat an dieses Institut
etwas überraschend. Nach dem soeben veröffent-
lichten Testament des Kunstmäzens hinterließ er sämt-
liche in seinem Besitze befindlichen Kunstwerke —
über die drei luxuriöse Kataloge existieren — dem
Metropolitan-Museum unter der Bedingung, daß die
Sammlungen immer zusammen, in einer besonderen
Abteilung aufbewahrt werden. Er hat auch unter
anderem ausbedungen, daß von seinen Bildern nie-
mals mehrere übereinander gehängt werden dürfen —
eine beherzigenswerte Bestimmung. Die Altmanschen
Sammlungen waren bisher in zwei Gebäuden unter-
gebracht, die der Sammler museumartig ausbauen und
einrichten ließ, u.a. auch mit Oberlicht.

Altmans Gemäldesammlung bestand vor allen Din-
gen aus einer glänzenden Reihe von Niederländern,
aber auch Italiener und einige gute deutsche Bilder
hat er besessen. Sein Geschmack war konservativ:
er hat »die große Mode« nie mitgemacht und besaß
somit auch keinen Greco. Moderne Meister hat er
überhaupt nicht gesammelt. Nach der Herkunft stammten
seine Bilder zum großen Teil aus den beiden Kannschen
Sammlungen (Maurice und Rodolphe) in Paris, aber
auch die berühmten englischen Sammlungen, die wäh-
rend der letzten Jahrzehnte zur Versteigerung kamen,
haben ihm manchen Schatz zugeführt, — leider —
fehlt auch Deutschland nicht unter den Tributpflich-
tigen, denn er hat die Kölner Sammlung Oppenheim
um einige der schönsten Stücke gebracht und noch
andere deutsche Sammlungen ließen sich hier nennen.

Die wenigen deutschen Bilder sind durchweg
erste Stücke: von Holbein die Bildnisse von Lady
Rieh und Margaret Wyatt, von Dürer die hl. Anna
Selbdritt aus dem Couriss'schen Besitz in Dresden, ein
Bild, das man in Deutschland jahrzehntelang vergebens
an den Mann zu bringen suchte, und ein Fugger-
Bildnis von Hans Maler zu Schwaz, das der Freiherr
von Heyl in Darmstadt besessen hat. Die Perlen der
frühen Niederländer sind das männliche Porträt von
Dirk Bouts aus der Sammlung Oppenheim in Köln,
das Voll der Spätzeit des Meisters zuschreibt, und vier
Werke von Memling, von denen drei — Bildnisse
des Ehepaars Tommaso Portinari und mystische Ver-
lobung der hl. Katharina mit dem knienden Stifter l

im Hintergrund — aus der Sammlung L. Goldschmidt
in Paris stammen, während das vierte, ein männliches
Bildnis, früher sich ebenfalls in der Sammlung Oppen-
heim befand. Drei von diesen Memlingschen Bildern,
die beiden Portinari-Bildnisse und dasjenige eines
alten Mannes aus der Oppenheim-Sammlung, hat Voll
in seinem Memling-Werke unter den zweifelhaften
Stücken, wohl zu Unrecht, eingereiht.

Voran unter den Niederländern des 17. Jahrhunderts
steht Rembrandt mit nicht weniger als dreizehn
Gemälden. Als die erste Auflage des Bandes »Rem-
brandt« in der Serie der Klassiker der Kunst im
Jahre 1904 erschien, konnte man Benjamin Altman
noch mit keinem Werke des Meisters verzeichnen!
Alle 13 Rembrandts hingen damals noch an den
Wänden europäischer Paläste: das Selbstporträt und
ein männliches Bildnis bei Lord Ashburton, drei Bilder
bei Rodolphe Kann — darunter der herrliche Titus,
Rembrandts Sohn, — drei andere — einschließlich
des »Mann mit dem Vergrößerungsglas« und der
»Dame mit der Nelke« — bei Maurice Kann, die
Bathseba beim Baron Steengracht, der wunderbare
»Connetable de Bourbon« bei Adolph Thiem usw.
Von den anderen Großmeistern seien Jan Vermeers
van Delft »Schlafendes Mädchen« aus der Sammlung
Rodolphe Kann, Frans Hals' »Jonkher Ramp und
seine Geliebte« (aus der Sammlung Pourtales), »Jüng-
ling mit der Mandoline« (Lord Montalt) und »Fröh-
liche Tischgesellschaft« (Cocxet, Paris), ein prachtvoller
Nicolas Maes (R. Kann) und das Selbstporträt
Gerard Dous aus der Sammlung Erard in Paris
genannt. — An der Spitze der Italiener, von denen
Altman nur ein Dutzend Werke besaß, steht Tizians
Filippo Archinto, Erzbischof von Mailand, ein Bildnis,
das bis vor nicht langer Zeit in der Familie des Dar-
gestellten aufbewahrt wurde. Nur noch ein Gemälde
aus dem Cinquecento, Giorgiones Bildnis eines
jungen Venezianers aus der Sammlung Savage Landor,
fand bei Altman Aufnahme. Alle übrigen Italiener
sind Werke der Quattrocentisten: da ist vor allem die
hl. Familie von Mantegna, für die der Pariser
Händler Kleinberger in der Auktion Weber bei Lepke
über eine halbe Million Mark bezahlt hat, dann ein
Selbstporträt von Antonello de Messina (Henry
Willet), Botticellis Tod des hl. Hieronymus (Cap-
poni), Francesco Francias' Bildnis des Federigo
Gonzaga, ein Filippino Lippi, ein Bartolomeo
Montagna (»hl. Barbara« aus der Sammlung Hai-
nauer in Berlin, fehlt bei T. Borenius, The Painters
of Vicenza), ein dem Cosimo Tura zugeschriebenes
angebliches Bildnis des Sigismondo Malatesta, das aber
dem Francesco Cossa näher steht und wahrschein-
lich ein Mitglied des Hauses Este darstellt (aus
 
Annotationen