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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 25.1914

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Neues aus Ägypten
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.6191#0243

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467

Nekrologe —

Personalien

468

die Mumie des interessantesten aller Pharaonen dem
Lande erhalten und damit dem »schönen Kinde des
Aren« eine letzte Ruhestätte im Museum bereiten
konnte, wo er nun endlich vor den Grabräubern
der thebanischen Nekropole sicher ist. R.

NEKROLOGE

Am 6. April ist in seinem kleinen Landsitz Kuklowka,
in der Nähe von Warschau, Joseph Chelmonski, der
große polnische Maler, gestorben. Er war der Künstler,
dem es gegeben war, auf dem Gebiete der polnischen
Landschaftsmalerei die Summe der früheren Entwicklung
zu ziehen und der polnischen Natur nach ihrem optischen
und gefühlsmäßigen Gehalt eine hohe künstlerische Form
zu geben. Zugleich gehört er zu den besten polnischen
Genrerrtalern: seine früheren Bilder schildern das bewegte
Leben des polnischen Landes mit sehener Klarheit der
Form und Stärke des Ausdruckes.

Chelmonski ist 1850 geboren. Seit 1867 besuchte er
die Zeichnerschule in Warschau und 1869 stellte er zum
erstenmal in der Gesellschaft der Förderung der Künste
aus. Seitdem, im Verlaufe von 45 Jahren, nahm er regel-
mäßig an den Warschauer Ausstellungen teil. 1871 gelingt
es ihm, eine finanzielle Unterstützung zu bekommen, und
er reist nach München, um dort seine Studien fortzusetzen.
Er studiert kurze Zeit bei Prof. Anschütz und besucht
dann die Malschule von Prof. Wagner. Das erste in
München gemalte Bild »Das Innere des Pferdestalls« zeigt
gegenüber seinen Warschauer Versuchen einen bedeuten-
den Schritt vorwärts; im Kunstvereine ausgestellt, findet
das Bild sofort einen Käufer und macht dem jungen
Künstler einen Namen. Nach zweijährigem Aufenthalt in
München kehrt er nach Warschau zurück. Hier, wie schon
früher in München, malt er seine Kompositionen, die die
ländliche Alltäglichkeit, Jagd- und Reitszenen zum Thema
haben; jetzt entsteht »Die Abfahrt der Nachbarn«, »Die
Rückkehr nach dem Ball«, »Die Szene vor dem Landhaus«
und namentlich die zahlreichen »Schlittenpartien« mit Vier-
gespann in wildem Trab. Ende 1875 geht er zusammen
mit einigen befreundeten Malern nach Paris und — bleibt
dort 14 Jahre wohnen. Seine Bilder aus dieser Zeit haben
immer noch das polnische Leben zum Thema; sie sind
aber in Polen wenig bekannt: Chelmonski stellte in den
Pariser Jahressalons aus und verkaufte meistens nach
Frankreich, England und Amerika. 1889 bekommt er in der
Internationalen Ausstellung in Paris die Medaille d'honneur.
In demselben Jahre verläßt er Paris und kehrt endgültig
nach Polen zurück. Die bald darauf in Warschau veran-
staltete Gesamtausstellung seiner Bilder zeigt ihn seinen
Landsleuten in der ganzen Fülle seines Talents und seines
Könnens. 1891 ersteht er ein Stück Land, läßt sich dort
nieder und fängt die letzte Epoche seiner künstlerischen
Wirksamkeit an. Allmählich verläßt er das Genre, den
Menschen und das Pferd und widmet sich vollständig der
Landschaft. Dabei gibt er vieles von dem preis, was zum
Schönsten seiner Begabung gehörte: den starken Ausdruck,
die schnelle Bewegung, die klare Form eines organischen
Körpers, die freie Komposition einer Menschengruppe. Er
versucht alles von sich fern zu halten, was die Erfahrung
der Landschaftsmalerei aus einer fremden Landschaft heraus
gewonnen hat, er gibt sich vollständig der Natur seines
eigenen Landes hin und mit ganzer Anstrengung seines
Talents will er ihre Eigenart entdecken und künstlerisch
fassen. Und in der Tat gelingt es ihm, Formen zu finden,
die das Land mit seinem ganzen Stimmungsgehalt erfassen.
Es sind ausnahmslos die flachen Länder Polens, die er
malt, in verschiedenen Momenten des Jahres und des Tages,

die weiten, ebenen Blicke, die Felder, die Wiesen, die
Waldesränder. Eines seiner letzten Bilder ist das »Gebet
der Aufständigen vor der Raclawice-Schlacht«: es ist keine
Landschaft, aber doch eine Komposition, die vollständig
aus dem Geiste der Landschaft entstanden ist. Namentlich
in den letzten Zeiten malte er nicht mehr als 2—3 Bilder
im Jahre, es waren aber endgültig durchdachte Werke.
Skizzen, die er in Hunderten von jedem Bilde nach der
Natur entwarf, hat er nie ausgestellt, sogar nie gezeigt.
Seine Kunst war derartig, daß man sich eigentlich nie
über ihren Wert getäuscht hat; namentlich haben die
Künstler seit seinen ersten Versuchen das große Talent
in ihm gesehen und gewürdigt. Und seit vielen Jahren
vergißt niemand in Polen, ihn unter den Großen und
Größten zu nennen. Auch im Auslande fand er volle
Anerkennung: außer der Medaille d'honneur in Paris 1889,
bekam er da schon früher, im Jahre 1884, eine Mention
honorable. In Berlin 1891 bekam er das Ehrendiplom, in
München 1892 und in San Franzisco 1894 Goldmedaillen.
Der Künstler kümmerte sich aber gar nicht um diese Aus-
zeichnungen; er führte ein einsames Leben auf dem Lande,
voll höchster Einfachheit und Stille, etwas abgekehrt von
den Menschen und gänzlich hingegeben der Natur und der
Kunst. Seinem Wunsche entsprechend ist er in der kleinen
Landkirche, in der Nähe seines Gutes begraben worden.

w. T.

PERSONALIEN
* Hermann Prell trat sein Amt als Leiter des
Meisterateliers für Historienmalerei an der Kgl. Kunst-
akademie zu Dresden seiner schweren Erkrankung wegen
niedergelegt. Er muß nach dringendem Rat seines Arztes
dauernd im Süden leben. Prell ist ein geborener Leip-
ziger, Sohn des Konsuls E. Prell-Erckens. In Dresden
erhielt er seine erste künstlerische Ausbildung an der Kgl.
Kunstakademie, besonders als Schüler von Theodor Grosse,
dann ging er zu Karl Gussow nach Berlin. Im Jahre 1891
wurde er nach Dresden berufen, nachdem er inzwischen
anderthalb Jahre in Italien die Wandmalerei der Meister
des 17. und 18. Jahrhunderts studiert, auch durch die Aus-
malung des Festsaales im Berliner Architektenhause sein
Können an den Tag gelegt hatte. Von Dresden aus hat
Prell die bekannten Gemäldereihen im Rathause zu Hildes-
heim, im Treppenhause des Schlesischen Museums zu
Breslau, im Rathause zu Danzig, im Caffarellischen Palaste
zu Rom gemalt. In Dresden selbst stammt von ihm die
gesamte künstlerische Ausschmückung des Treppenhauses
im Albertinum und der malerische Schmuck im Festsaale
des neuen Rathauses. Prell gibt zunächst seine künst-
lerische Tätigkeit auf, möglicherweise geht er daran, seine
Anschauungen über Monumentalmalerei schriftlich nieder-
zulegen. Zu Ehren Hermann Prelis veranstalten ehemalige
Schüler von ihm, darunter Prof. Otto Fischer, Prof. Walter
Iiiner, William Krause, Johannes Mogk, Prof. Hans Unger
eine Ausstellung, die am 60. Geburtstage Prelis — am
29. April — im Kunstsalon von Emil Richter in Dresden
eröffnet wird. — Der akademische Rat tritt am 11. Mai
zusammen, um über den Nachfolger Hermann Prelis zu
beraten. Daß der akademische Rat einen Künstler von
Prelis eigener Richtung vorschlagen werde, erscheint so
gut wie ausgeschlossen. Gotthard Kuehl wird vorschlagen,
das akademische Atelier für Historienmalerei zu schließen
und dafür einen dritten Malsaal zu errichten. Inzwischen
hat man auch unverbindlich bei Max Klinger in Leipzig
angefragt, ob er geneigt wäre, an Stelle Prelis die Leitung
des akademischen Meisterateliers zu übernehmen. Von
anderer Seite wird der Dresdner Maler Georg Lührig
dringend empfohlen. ^
 
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