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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 25.1914

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181 Denkmalpflege — Wettbewerbe — Ausstellungen 182

sich nicht in den Dienst einer geistigen Zeitaufgabe stellen
konnte, wie etwa die gotischen Handwerker im Dienst des
religiösen Dogmas schufen; es hat drittens bewirkt, daß
die Kunst Taschners trotz aller Popularität und aller Schön-
heit im Grunde beziehungslos in der Zeit steht. Sie könnte
das Ideal von Pädagogen wie Kerschensteiner sein. Aber
nicht mehr. Man kann sich, wenn man diese Kunst nach
einem Umblick über Kunst und Leben unserer Zeit be-
trachtet, unmöglich verhehlen, daß Taschners Kunst ob-
jektiv — nicht subjektiv, denn gegenüber der subjektiven
Überzeugtheit Taschners kann nicht der leiseste Zweifel
bestehen — auf einer Fiktion beruht. Darüber täuscht ihr
altfränkisches Behagen, ihr geschlossener Humor nicht
hinweg. Und die Popularität? Sie ist nur soweit möglich,
als man von wichtigen Dingen der Zeit abstrahiert, als
man sich absichtlich in eine kleinbürgerliche Einfalt hinein-
steigert. Das gilt im Groben. Es gilt gegenüber dem
Gesamtbegriff Taschner. Es gilt gewiß nicht in allem
Einzelnen. Die Liebe der Kinder zu ihm hat ihr tiefes
Recht. Denn er war fromm, scheu und innig wie die
Kinder. Und seine plastischen Werke an großen modernen
Architekturen beweisen, daß er der »Gotik unserer Zeit«
mit wohlangepaßten Steinmetzwerken gewachsen gewesen
wäre, auch wenn sie sich noch viel moderner und noch
viel höher entwickelt hätte. w. h.

Ende November d. J. verstarb im Alter von 63 Jahren
zu Gutach der 1850 zu Mühlberg a. d. Elbe geborene,
weithin bekannte Schwarzwaldmaler Professor Wilh.
Hasemann. Ausgebildet an der Berliner und Weimarer
Kunstakademie unter Professor Gussow, nahm er, nach
kurzem Verweilen in Karlsruhe, seit 1880 seinen ständigen
Aufenthalt in dem malerisch an der interessanten Schwarz-
waldbahn gelegenen Gutach und begründete dort die be-
kannte Malerkolonie, der mehrere seiner bekannten Schüler,
wie Liebich u. a. noch jetzt angehören. Hasemann, der in
erster Linie als tüchtiger Illustrator in der Kunstwelt be-
kannt ist — obwohl er auch treffliche Schwarzwaldland-
schaften und Genrestücke in vollendeter Weise malte, hat
das Meiste zur künstlerischen Popularisierung der schönen
Natur und der biederen, wahrhaften Bewohner des Schwarz-
waldes beigetragen, was letztere ihm dankbarerweise
niemals vergessen haben. Unter seinen vielen meisterhaften
Illustrationen heben wir die nach Berthold Auerbach, Theo-
dor Storm und Wilh. Jensen als die vorzüglichsten ganz
besonders hervor. Auch für die erfolgreiche Wiederbelebung
der malerischen Schwarzwaldtrachten hat der Künstler, der
in seinem Adoptivvaterlande eine sehr populäre, hochgeehrte
Persönlichkeit war, viel gewirkt.

Der Radierer Fritz Krostewitz, in Berlin am 4. Juli
1860 geboren, ist gestorben. Seine Ausbildung hatte er
von 1880—85 an der Berliner Akademie und dann in drei-
jährigem Studium bei William Unger in Wien, dem Meister
der reproduzierenden Radierung, erhalten. Diesem, jetzt
fast ganzaußer Mode gekommenen Gebiete der graphischen
Kunst widmete sich Krostewitz in besonderer Weise. Er
verstand es, zarte und duftige Töne, besonders die Fein-
heiten der Barbizon-Meister trefflich wiederzugeben. Land-
schaften sind auch die der Zahl nach geringeren Blätter,
die Krostewitz nach eigenen Entwürfen radiert hat.

DENKMALPFLEGE
Frankfurt am Main. Bei Gelegenheit kleinerer Re-
paraturen hat sich die große Kreuzigungsgruppe von
Backoffen am Dom als sehr schadhaft herausgestellt. Der
Stein ist nicht nur von tiefen Rissen durchzogen, sondern
es beginnen auch größere Stücke abzubröckeln; so hat sich
z. B. die vordere Kopfhälfte des Longinus gelöst. Es ist

ein wahres Glück, daß man das so frühzeitig bemerkte,
so daß sie der Gefahr der Zertrümmerung entgangen ist. Es
erscheint als absolut notwendig, die Gruppe in einen ge-
schlossenen Raum zu überführen, wie das schon mit der
Kreuzigung vom Petersfriedhof geschehen ist. a. w.

WETTBEWERBE
X In dem nunmehr abgeschlossenen Wettbewerb um
den Neubau des Potsdamer Rathauses erhielten: den
ersten Preis (8000 M.) der Berliner Architekt Max Lands-
berg, den zweiten (5000 M.) Emil Schuster und Max
George, zwei dritte Preise (ä 3000 M.) die Architektenfirma
Krischen & Liebenthal sowie Prof. Bruno Möhring. Drei
Entwürfe wurden außerdem zu je 1000 M. angekauft. Die
reizvolle Aufgabe bestand darin, bei Erhaltung des alten
Rathauses, eines originellen und charakteristischen Bau-
werkes aus dem Jahre 1754, einen Erweiterungsbau zu ent-
werfen, der den schönen Eindruck das Alten Marktes nach
Möglichkeit wahrt. Völlig gelungen ist das keinem der
Preisträger, aber ihre Ratschläge enthalten viele brauchbare
Anregungen. Am meisten entspricht der Entwurf des
zweiten Preises den Forderungen des Geschmacks. Leider
hat ein anderer Entwurf, der eins der kostbarsten alten
Nachbargebäude des bestehenden Rathauses, das Knobels-
dorffsche Haus, mit erhalten will, bei den Preisrichtern nicht
die genügende Beachtung gefunden.

AUSSTELLUNGEN

Nürnberg. Nürnberg hat seit kurzem eine städtische
Ausstellungshalle mit gut belichteten intim wirkendenRäumen.
Mitte Oktober wurde sie im Beisein des bayerischen Kultus-
ministers und des bayerischen Finanzministers mit einer bis
Ende Dezember des Jahres währenden Ausstellung der
Nürnberger Kunstgenossenschaft eröffnet.

Die neue Ausstellungsgelegenheit könnte unter ziel-
bewußter energischer Leitung für Nürnberg zu einem be-
deutenden Kulturfaktor werden. Man müßte allerdings
dann nicht nur auf Ausstellungen von Werken der Künst-
ler sich beschränken, die der eben genannten Genossen-
schaft angehören, sondern auch den Mut haben, über den
wohlanständigen Durchschnitt sich erhebende auswärtige
Kunst in guten, gewählten Kollektionen herzurufen. Es
würde dadurch dem Publikum auf leicht zugänglichem
Wege die Bekanntschaft mit lebendiger Gegenwartskunst
vermittelt, den in Nürnberg lebenden Künstlern aber viele
und notwendige Anregung gegeben werden. Beides wäre
im Hinblick auf die allzu konservativen Tendenzen, die
das Nürnberger Kunstleben beherrschen und oft lähmen,
dringend zu wünschen. Leider hat solche Zukunftsmusik
vorläufig recht geringe Aussicht, williges Gehör zu finden,
zumal da die einheimische Kunstkritik, wenige Ausnahmen
abgerechnet, in einem banalen Lokalpatriotismus sich zu
gefallen pflegt und der großen wirklich fördernden Ge-
sichtspunkte entbehrt. Es ist aber durchaus nicht ein-
zusehen, warum Nürnberg, das als sozialer Organismus
und als Zentrale kaufmännischen und industriellen Lebens
so machtvoll sich entwickelt, nicht auch in künstlerischer
Beziehung frisch voranschreiten soll. Seine großen künst-
lerischen Traditionen, auf die man hier so gern sich be-
ruft, verpflichten es ja durchaus dazu, auch in seiner Kunst-
politik einem Geiste Geltung und Wirksamkeit zu schaffen,
der lebendiger Ausdruck unserer Zeit ist.

Gerade von der ersten Veranstaltung in dem neuen
Gebäude nun hat der und jener vielleicht Besonderes sich
erwartet, hat erwartet, daß sie mehr als eine halb vom
Zufall bestimmte Ansammlung von Kunstwerken, erwartet,
daß sie nach irgend einem fruchtbaren Grundgedanken
organisiert werden würde. Ein solcher Grundgedanke hätte
 
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