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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 25.1914

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Dreyfus, Albert: Der Pariser Herbstsalon
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.6191#0121

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223

Nekrologe — Personalien —

Denkmäler — Ausstellungen

224

Schöpfungen seien. Nur autochthon darf man Rodo
nicht nennen. Dieser höchste aller Ehrentitel muß
ihm vorenthalten bleiben.

Einen günstigen Eindruck erhält man im Herbst-
salon von der Fortentwicklung des französischen Kunst-
gewerbes in modernem Geist. Das ganze Erdgeschoß
im Grand Palais ist der Innendekoration eingeräumt.
Neben der älteren Gruppe Gaillard, Dufrene, Gallerey,
Bigaux zeichnet sich wieder besonders die jüngere
aus: Sue, Mare, Groult, Jaulmes, Huillard, Gampert.
Sie haben sich die Erfahrungen anläßlich der Aus-
stellung des Münchener Kunstgewerbes 1910 zunutze
gemacht. Sie konstruieren organisch und ordnen das
Ornament dem konstruktiven Grundgedanken unter.
Sie mißhandeln nicht mehr die Materie, wie es der
immer noch nicht ausgestorbene französische »Jugend-
stil« von igoo tut. Was ihnen noch fehlt, ist die
sichere Beherrschung des Materials, der geschulte
Arbeiter, an dessen Anteilnahme sie sich selbst wieder
inspirieren könnten, der innige Zusammenschluß aller
Zweige des Kunstgewerbes. Immerhin wird hier er-
sichtlich, welche Richtung die französische dekora-
tive Kunst einschlägt. Sie bekundet eine Freude
an der Farbe, einen Sinn für graziöse Ornamentik,
die ihr etwas Festlich-Heiteres verleiht. Blumenmotive
werden durchweg geometrischen Figuren vorgezogen,
auf Frohsinn, auf leichte Lebensformen ist alles zu-
geschnitten. An Wagemut, an Erfindungsgabe fehlt
es den Jungen im Herbstsalon nicht. So sei hier
noch besonders auf die reizenden neuartigen Glas-
gefäße Marinots hingewiesen. Schreitet das Kunst-
gewerbe so fort, so gelingt es ihm vielleicht, einen
eigenen Stil zu schaffen, der sich neben dem stren-
geren der deutschen dekorativen Kunst als gleichwertig
sehen lassen kann. ALBERT DREYFUS

NEKROLOGE
In Hamburg ist am 18. Dezember der Marinemaler
Heinrich Leitner, ein geborener Wiener, gestorben. Er
war Schüler A. Melbyes. Obwohl er auch als Maler viel
reiste — u. a. hat er den Kronprinzen Friedrich im Jahre
1869 zur Eröffnung des Suezkanals begleitet —, ist er über
Hamburg hinaus nur wenig bekannt geworden. Dazu stand
er als Mensch und als Künstler zu sehr abseits. Doch
wurde er eine Zeitlang gerne gekauft. Eine von ihm ge-
malte Seeschlacht bei Helgoland im Jahre 1866 befindet
sich im Besitze des Kaisers von Österreich. w.

PERSONALIEN
Hannover. Zum Leiter der Kunstgewerbeschule in
Hannover haben die städtischen Kollegien den bekannten
Leiter der Münchener Kunstgewerbeschule Wilhelm v.
Debschitz gewählt. Er hat die Wahl angenommen.

DENKMÄLER
Ein neues Denkmal von Professor Hugo Lederer

wird demnächst in Köln errichtet werden, ein Qrabmal
für den bekannten, in diesem Jahre verstorbenen freireli-
giösen Pfarrer Karl Jatho. Es stellt den aus Kölner Freundes-
kreisen kommenden Oedanken eines zu kräftigem Werke
ausschreitenden Säemanns dar; zu beiden Seiten der Haupt-
gestalt werden spielende Kindergruppen erscheinen, die
des Verewigten Menschenfreundlichkeit besonders anmutig

versinnbildlichen sollen. Das Ganze ist als Hochrelief in
Muschelkalk gedacht und wird sich inmitten eines blühen-
den Gärtleins erheben, in das man das Familiengrab um-
wandeln wird.

AUSSTELLUNGEN
® Das Kupferstichkabinett der königlichen Mu-
seen zu Berlin eröffnete eine Ausstellung »Das Tier in
der neueren Graphik«. Das Thema bot Gelegenheit, ein
mannigfaltiges Material aus den Beständen der Sammlung
zur Anschauung zu bringen. Nur drei Meister der neueren
Graphik können als Spezialisten der Tierdarstellung ange-
sprochen werden, ein Deutscher, ein Engländer und ein
Franzose. Ernst Moritz Geygers nach eingehenden Studien
gearbeitete und technisch meisterhafte Radierungen, von
denen die Disputation der Affen über die Entstehung des
ersten Menschenkindes die berühmteste ist, sind allgemein
bekannt. Die Brüder Detmold befriedigen den Geschmack
des Engländers für saubere und präzise Technik, die Wenzel
Hollars Schule verrät. Bracquemond zeichnete besonders
gern Enten und Möwen. Es ist viel liebevolle Beobach-
tung in seinen Blättern, und Liljefors, dessen Name so viel
bekannter wurde, hat hier nicht wenig lernen können.
Nimmt man Gaul aus, für den als Bildhauer die Beschäf-
tigung mit der Radierung immerhin Nebenwerk bleibt, so
ist für alle übrigen, die hier vertreten sind, das Tier nur
Gegenstand gelegentlicher Beschäftigung geworden. Klinger
nutzte es hie und da für seine phantastischen Erfindungen,
und nur das niedliche Hündchen der Frau Bernstein reizte
ihn zu ausführlicher Porträtwiedergabe. In Liebermanns
Darstellungskreis trat das Tier zuerst im Zusammenhang
mit den Themen aus dem ländlichen Leben, die er im An-
schluß an Millet suchte. Die Kühe auf der Weide ent-
stammen dieser Zeit. Später widmete er dem Pferde be-
sondere Studien. Das Pferd am Strande interessierte ihn
als Bewegungsproblem sowie in seiner farbigen Erscheinung.
Meisterhafte Lithographien begleiten die zahlreichen Ge-
mälde, in denen er sich mit dem Motiv abzufinden suchte.
Auch Slevogt hat sich vielfach mit der Pferdedarstellung
beschäftigt, die seine illustrativen Aufgaben nicht selten mit
sich brachte. Daneben mußte seine bewegliche Zeichnung
zu einer Vorliebe für die Wiedergabe tierischen Lebens
überhaupt führen. Studien aus dem zoologischen Garten
geben Zeugnis davon. Fritz Boehle führte das Streben nach
monumentaler Form von einer ganz anderen Seite zur Dar-
stellung des Pferdes. Unter den jüngeren Künstlern ist
Pottner zu nennen, der dem mannigfaltigen Geflügel be-
sonderes Studium widmete, Willi Geiger, dem der spanische
Stierkampf zu einer Spezialität wurde, Hans Meid, dessen
pointierender Radiertechnik wiederum das Pferd zuweilen
willkommene Motive gab, Joseph Uhl, dessen technisches
Raffinement in einem Blatte mit Schafen an der Tränke
zu besonderer Wirkung gelangt. Ein Gebiet für sich
ist der Farbenholzschnitt. Mit Eckmann, der hier an
der Spitze steht, ist seine Herkunft aus der neuen kunst-
gewerblichen Bewegung bezeichnet. Mit dieser selbst
scheint auch die Technik des Farbenholzschnitts ihre Blüte-
zeit hinter sich zu haben. Die Arbeiten wirken heut schon
trocken und unlebendig. Wenn auch die Herstellungsart
verschieden ist, so gehören doch in denselben Kreis die
durch Schablonen gespritzten Tierdarstellungen von Jung-
nickel, in denen der etwas pedantische Japanismus be-
sonders auffällig wird. Wie anders lebendig, wie geistvoll
im Ausschnitt, der ja durch dieselben japanischen Farben-
holzschnitte angeregt ist, sind die Lithographien vom Renn-
platz, die Toulouse-Lautrec gezeichnet hat. Man kennt
Lautrec zumeist als Schilderer des Lebens der Pariser Halb-
welt. Ihn reizte das Nervösbewegliche der Erscheinung
 
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