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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 25.1914

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303

Ausstellungen

304

Arbeiten einer erneuten Prüfung unterzogen worden sein.
Endlich hat die Akademie selbst Verbesserungsvorschläge
ausgearbeitet. Es ist noch nicht entschieden worden, ob
das Outachten der Akademie veröffentlicht werden wird.
Auch ist das endgültige Resultat dieser ganzen Aktion
noch durchaus zweifelhaft. Im Interesse der Sache sowohl
wie der beteiligten Persönlichkeiten wäre dringend zu
wünschen, daß auf Grund der Ergebnisse, zu denen die
Akademie des Bauwesens gelangt ist, unter den siegreichen
Architekten der ersten Konkurrenz und dem nachträglich
herangezogenen Qeheimrat v. Ihne ein neuer Wettbewerb
ausgeschrieben wurde.

Wie wichtig die prinzipielle Seite der Frage ist, zeigt
schon jetzt der Wettbewerb um den Potsdamer Rathaus-
neubau, der ähnlich wie der Fall der Washingtoner Bot-
schaft enden zu sollen scheint, indem das städtische Hoch-
bauamt den Bauentwurf unter Benutzung der besten im
Wettbewerb zutage getretenen Vorschläge selbst aufzustellen
beabsichtigt. Und der Fall liegt um so krasser, als der in
Frage kommende städtische Beamte zu der Konkurrenz
selbst einen Entwurf eingeliefert hatte, der von dem Preis-
gericht abgelehnt wurde.

Mit Recht hat der Bund Deutscher Architekten gegen
dieses Vorhaben der Potsdamer Stadtverwaltung eine
Protestkundgebung eingeleitet, die diesmal hoffentlich mit
aller Energie durchgeführt wird. Es ist ja eine nicht leicht
zu beantwortende Frage, ob es möglich sein wird, zu ver-
langen, daß ein für allemal der Bauherr sich von vorn-
herein dem Spruch der Jury fügt. Aber man wird es
durchzusetzen versuchen müssen, daß in der Konkurrenz-
äusschreibung ausdrücklich Klarheit über diesen Punkt ge-
schaffen wird. Sichert der Bauherr nicht im voraus einem
der Sieger die Bauausführung in rechtsverbindlicher Form
zu, so hat dann allerdings jeder, der an einem solchen
Preisausschreiben sich beteiligt, die Folgen sich selbst zu-
zuschreiben, und der Bund Deutscher Architekten schlägt
mit Recht vor, seinen Mitgliedern die Beteiligung an
solchen unverbindlichen Ausschreibungen in Zukunft über-
haupt nicht zu gestatten. Ergibt der Ausgang der Kon-
kurrenz kein befriedigendes Resultat, zeigt sich, daß eine
Programmänderung erwünscht ist, so müßte ein zweiter
Wettbewerb unter den Bewerbern, die zum ersten die
relativ brauchbarsten Lösungen beigesteuert haben, die
notwendige Folgerung sein.

An der Zeit ist es aber, dem jetzigen Brauch ein Ende
zu setzen, der die Rechtlosigkeit und Unsicherheit im künst-
lerischen Wettbewerb zum Prinzip erhebt. Auch der Opern-
hausneubau in Berlin soll nun ja auf Grund eines solchen
verunglückten Preisausschreibens zustande kommen. Man
erinnert sich noch der allgemeinen Entrüstung, als das
Ministerium den Bauentwurf durch seine Beamten aufzu-
stellen beschloß, nicht anders wie jetzt die Potsdamer
Stadtverwaltung, die nur dem Beispiel folgt. Damals gelang
es, einen freien Architekten als Berater wenigstens bei-
zugeben, und Ludwig Hoffmann zeichnet nun für die end-
gültigen Entwürfe allein verantwortlich.

Die Öffentlichkeit hat sich mit dieser Lösung abgefun-
den, die ja auch nicht mehr als ein Kompromiß ist. Die
Behandlung der Pläne, die nunmehr fertiggestellt sind und
der Budgetkommission des Abgeordnetenhauses vorliegen,
gibt aber wieder zu neuen Besorgnissen Anlaß. Man will
offenbar eine zweite Diskussion in der Öffentlichkeit ver-
meiden. So erfand man einen besonderen Weg schein-
barer Publizität. Eine Reihe gewählter Vertreter der
Presse wurde zu einer Besichtigung geladen. Die Pläne
sind also in den großen Tageszeitungen besprochen wor-
den. Im übrigen aber hielt man das interessierte Publikum
wohlweislich fern. So muß der dringende Verdacht ent-

stehen, daß eine öffentliche Ausstellung vor der Erledigung
der Angelegenheit im Abgeordnetenhause überhaupt ver-
mieden werden sollte. Nur allgemein wurde eine solche
Ausstellung versprochen, der Termin aber nicht bekannt
gegeben. Die Vereinigung Berliner Architekten hat diese
Gefahr gesehen und in einer Eingabe an die Budget-
kommission des Abgeordnetenhauses die Bitte ausgespro-
chen, dahin zu wirken, daß der Entwurf Ludwig Hoffmanns
vor Erledigung der Angelegenheit öffentlich zur Ausstellung
gelangen möchte.

Die Bitte ist nur allzu berechtigt. Ob in dieser Ange-
legenheit noch mehr zu erreichen ist, als erreicht wurde,
ist allerdings die Frage. Prinzipiell aber muß der Freiheit
der öffentlichen Kritik ihr Recht gewahrt bleiben. Und
die scheinbare Publizität, die durch ein paar Zeitungs-
kritiken erreicht wurde, ist eine Art von Öffentlichkeit,
gegen die sowohl die Architektenverbände wie die
königliche Akademie des Bauwesens Protest erheben
müssen.

AUSSTELLUNGEN

Münchner Wintersezession. In dem griechischen
Hause am Königsplatz war in den Monaten Dezember
und Januar eine Ausstellung graphischer Arbeiten zu sehen,
mit der die Sezession den bisher tiefsten Punkt ihrer Aus-
stellungsgeschichte erreicht zu haben scheint. Der Raum
ist bis zum letzten Platz ausgenützt; aber die Masse macht
die Öde des Ganzen nur eindringlicher. Es lohnt sich
fast nicht, ins Einzelne zu gehen. Es hat wenig Sinn, von
den älteren und alten Herren viel zu erzählen. Die Zeich-
nungen Habermanns teilen wirklich kaum noch etwas
Neues mil. Sambergers wenig kostspielige Porträtgrimassen
haben längst aufgehört, zu interessieren. Und es ist be-
schämend, zu sehen, wie Stuck mit akademischem Griffel
aus der Dämonie des Kopfes der Durieux eine Beaute nach
seinem Geschmack macht. Was soll man von einer Aus-
stellung sagen, in der sich ein Talent wie Hayek wie eine
Hauptsache ausbreiten darf und in der ein aufreizend lang-
weiliger Akt Eichlers den Vermerk trägt: »Angekauft von
der Kgl. graphischen Sammlung« ? Wären nicht einige
junge Münchner und — einige ältere Franzosen, so wäre
der Besuch dieser Ausstellung tödlich. Zeichnungen und
Lithographien von Caspar, Radierungen von Schinnerer
geben einige feste Punkte in dieser allgemeinen Haltlosig-
keit. Albiker, Arnold, Püttner, Scharff, Schülein, Unold
und einige andere — die Namen sind aufs Geratewohl
herausgegriffen — ziehen immerhin für Augenblicke an,
auch wenn sie nicht in ihrem besten Können repräsentiert
sind. Von den französischen Sachen ist leider nichts neu;
aber wiewohl man diese schwarzen und weißen und far-
bigen Lithographien Daumiers, Lautrecs, Renoirs, Vuillards,
Denis, diese Radierungen Manets längst auswendig kann
und obwohl in der Zusammenstellung nicht ein einziger
Gesichtspunkt fühlbar ist, wird man hier doch glücklich,
weil man hier wenigstens vor Wesentlichem steht und
von der allgemeinen Indifferenz dieser Ausstellung so
wenigstens zu einigen zufälligen Erregungen kommt. Was
die Abteilung Buchkunst — Renner, Preetorius, Heine,
Ehmcke — bringt, ist zweifellos in vielem Einzelnen sehr
erfreulich; aber Ereignisse vollziehen sich da auch nicht,
und etliches Einzelne, wie die Buchgraphik Taschners, ist
äußerst unbedeutend. Wie kam diese Ausstellung zustande?
Wie kam es, daß eine Reihe wesentlicher Talente fehlt,
die der Ausstellung mehr Profil gegeben hätten? Handelt
es sich nur um einen zufälligen Mangel an Systematik und
an Jurykritik? Oder handelt es sich um mehr? Alle An-
 
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