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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 25.1914

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321 Ausstellungen 322

als relativ beste erkannten Lösungen ist im Interesse der
Sache dringend zu wünschen.

AUSSTELLUNGEN

Berlin. Eine Kollektivausstellung von Werken Ed.
Münchs, die der Kunstsalon Fritz Gurlitt in seinen Räumen
veranstaltet, ist eines der wenigen Ereignisse des Berliner
Kunstlebens, die ein weitergehendes Interesse beanspruchen.
Zusammen mit den Entwürfen der Universitätsbilder, die
in der Herbstausstellung am Kurfürstendamm gezeigt
wurden, wird diese umfassende Übersicht, die in mehr als
80 Gemälden aus allen Perioden eine Vorstellung von dem
Schaffen und der Entwicklung des Norwegers gibt, einen
Ruhm für immer festigen, der noch bis in die letzten Jahre
hinein durch schwankende Urteile beeinträchtigt werden
konnte. Vor zwanzig Jahren bedeutete Münchs erstes Auf-
treten in Berlin einen Aufruhr, schlimmer als heute die
Ausstellungen der Kubisten und Futuristen. Vor zehn
Jahren zeigte die Sezession wieder Münch. Nur wenige
erkannten ihn auch damals. Er galt als ein Außenseiter, ein
Sonderling, den man als solchen im besten Falle gelten
ließ, aber als Maler doch nicht ganz voll nahm. Heute
gestehen sich auch die Widerstrebenden, daß die Zeit
dieses Künstlers nun endlich gekommen ist. Die nach
ihm kamen, haben seinem Werke die beste Bestätigung
gegeben. Die Jüngsten wußten sich eins mit ihm in ihren
Zielen, und darum erhoben sie ihn auf den Schild.

Aus der Zeit der ersten Berliner Ausstellung ist nicht
viel mehr hier zu sehen. Aber eine »Straßenmusik in
Kristiania« steht so sehr in der Tradition der Manet und
Degas, daß es nicht leicht ist, sich so weit zurückzuver-
setzen, um den revolutionären Geist in dieser abgeklärten
malerischen Leistung noch unmittelbar zu verspüren. Der
eigentliche Münch, dessen Name heute ein Programm
wurde, zeigt sich hier erst in den Werken, die sich um die
Zeit der zweiten Berliner Ausstellung gruppieren. Es- sind
die Stimmungsbilder aus norwegischen Sommernächten,
ganz auf Ausdruck seelischer Erlebnisse gestellt, die Mäd-
chen am Strande und auf der Landstraße und auf der
Brücke, Landschaften mit dem Klang lyrischer Stimmung,
Porträts, die in der äußeren Erscheinung die Seele des
Menschen entblößen. Eine fast krankhaft gesteigerte Ein-
drucksfähigkeit spricht aus den Werken dieser Zeit. Der
Maler sucht seine Mittel, und er bildet sich eine eigene
Formensprache. Er baut seine Kompositionen in großen
Flächen. Starke Farben stehen gegeneinander.

Die Folgezeit bedeutet eine Bereicherung in jedem
Sinne. Die großflächige Behandlung führte nahe an die
Gefahr eines Plakatstiles. Münch löst nun wieder die
zusammenhängenden Farbflächen. Versuche, die an die
neoimpressionistische Technik anklingen, sind bezeichnend
für die Zeit neuen Experimentierens. Die Reihe der großen
Porträts entsteht nun, die eine Epoche in Münchs Schaffen
bedeutet und eine Galerie moderner Menschen darstellt,
die an Wucht der Erscheinung einmal wirklich den oft miß-
brauchten Vergleich mit Castagnos Condottieren rechtfertigt.

Münchs allerletzte Werke sind die Zeugnisse einer
malerischen Befreiung, die selbst in diesem reichen Künstler-
leben wie eine ungeahnte Überraschung wirkt. Die Farben
haben einen ganz neuen Klang. In ihrer Beschränkung
und Reinheit zeigen sie einen Reichtum, der alles frühere
übertrifft. Dieser Aufstieg ist die beste Gewähr für die
Größe der Künstlerschaft Edvard Münchs. Der vielver-
heißende Jüngling von 1892, der eigenartige, und wie es
schien eigensinnig selbständige Künstler von 1902, ist heute
ein reifer Mann auf der Höhe seines Schaffens, an dessen
Meisterschaft niemand mehr zweifeln kann. Diesen Erfolg
sollte die Ausstellung haben, daß Münch von nun an zu

denen gehört, die der täglichen Kritik enthoben sind, daß
man nicht mehr mit einem problematischen Interesse seinen
Werken begegnet, sondern sie als vollgültige Schöpfungen
unter den besten unserer Zeit erkennt. o.

München. Die Galerie Caspari, über die unlängst
an dieser Stelle ausführlich berichtet wurde, stellt zur-
zeit dreißig größtenteils aus Privatbesitz zusammenge-
brachte Gemälde des 1840 geborenen und 1902 gestor-
benen Südbadensers Emil Lugo aus. Der Künstler ist
nicht eben sehr bekannt geworden. Die Ausstellung hat
darum das Verdienst, ihn einigermaßen zu publizieren.
Damit ist allerdings nicht gesagt, daß das vorläufig skep-
tische Urteil, das man sich von Gelegenheit zu Gelegenheit
über Lugo bisher bilden konnte, nun umgestoßen würde.
Es wird vielmehr bestätigt. Josef August Beringer, der
vor einigen Jahren eine Lugo-Monographie erscheinen ließ
und für die Ausstellung bei Caspari über Lugo geschrieben
hat, setzt Lugo neben Feuerbach und Marees. Gegen
diese Einreihung, die populär werden könnte, muß man
zeitig Einspruch erheben. Emil Lugo ist da liebenswert,
wo er sich in den Bahnen eines relativen Naturalismus
bewegt: in den Landschaften, in denen er die Tradi-
tionen der Landschaftsmalerei von der Mitte des neunzehn-
ten Jahrhunderts fortführt. Die Landschaften haben da und
dort den tiefen Stimmungswert und die schöne, reelle
Malerei der Schule von Barbizon und der deutschen Lier-
schule; zugleich haben sie einen wohltemperierten Herois-
mus. Wo Lugo das feine Maß verliert, wo er den Boden
eines zugleich intimen und gedämpft pathetischen Natura-
lismus verläßt, wo er seinen Stil zu einer Abstraktion
steigern möchte, der seine sehr begrenzte Phantasie nicht
gewachsen ist, da wird er mit Unfehlbarkeit peinlich. Wo
seine Ansprüche auf Böcklin und Thoma gehen, ist seine
gediegene Malerei und sein liebes, leise und melancholisch
schwärmendes und gerade in dieser Art großes, weit-
tragendes Naturgefühl gebrochen. Seine Vision hat
nach der heroischen Seite nie sehr weit über Preller und
Schirmer hinausgereicht; nur zuweilen findet man Dinge,
die etwas von der innigen Grandiosität eines Claude Lorrain
ahnen. Dieser feinbegabte Maler wurde das Opfer eines
Stilgedankens, der über seine Verhältnisse ging. Der Fall
hat eine gewisse Typik für die Generation Böcklins. Wie
Böcklin stand Lugo an der Stelle, wo es sich um den
Widerspruch zwischen guter Malerei und malerisch-formal
unzulänglichen Imaginationen handelte. Böcklin hat sich
zugunsten dieser Imaginationen so restlos entschieden, daß
er, der von Hause aus wahrlich wußte, was malen heißt,
schließlich für die Geschichte der malerischen Form nichts
mehr bedeutele. Lugo hat seinen malerischen Instinkten
mehr vertraut und sich den Stilgedanken eines Böcklin
oder eines Thoma, eines Feuerbach, eines Marees immer
nur zaudernd hingegeben, auch wenn er in diesen Stil-
gedanken aufging. Er hat darum nie seine lautere Malerei
und sein nobles, einfaches Naturgefühl verloren und zuletzt
noch Dinge gemalt, die so gut sind wie seine frühen Land-
schaften. Das ewige Suchen nach dem Stil hat gleichwohl
eine Tragik geformt. Vielleicht hätte Lugo auch auf seinem
eigentlichen Felde noch mehr bedeutet, wenn er inmitten
einer üppigeren Tradition aufgewachsen wäre. Und an
Stelle von Rom, von Italien wäre ihm vielleicht Frankreich
nötig gewesen. w. H.

Paris. Ausstellung japan. Holzschnitte im Louvre.

Das Musee des Arts Decoratifs im Louvre und sein Leiter
Raymond Koechlin haben es sich angelegen sein lassen,
mit Unterstützung der hauptsächlichen Pariser Sammler,
wie Bing, J. Doucet, Lebel, de Sartiges, Smet, Vever, Vignier,
in einer Folge von Ausstellungen die ganze Entwicklung
 
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