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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 25.1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.6191#0184

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349

Funde — Ausstellungen

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wie das Uber Pontiphicalis berichtet und ein reichge-
schmücktes Ciborium. Er war es auch, der aus den Kata-
komben der Heiligen Petrus und Marcellinus auf der Via
Labicana die Körper der vier heiligen Bildhauer Severus,
Severinus, Carpophorus und Victorinus, welche den Mär-
tyrertod unter Diokletian erduldet hatten, nach den SS. Quat-
tro bringen ließ. Leider zerstörte Robert des Ouiskarden
fürchterliche Plünderung im Jahre 1084, der auch San de-
mente zum Opfer fiel, die ehrwürdige, reichgeschmückte
Kirche, so daß sie über dreißig Jahre verlassen blieb.
Papst Paschalis II., der im Jahre 111 San demente wieder-
aufbaute, ließ die Kirche der heiligen vier Bildhauer aus
dem Schutt wiederaufrichten, aber kürzer und ohne Seiten-
schiffe, so daß ein Teil der alten Kirche noch jetzt als
Vorplatz benutzt wird. In den ersten Jahren des drei-
zehnten Jahrhunderts erbauten die Benediktiner, welche das
Kloster inzwischen bezogen hatten, den schönen Kloster-
hof, welcher erst jetzt wieder seine ursprüngliche Form
erlangt hat, nachdem die häßlichen Füllungen der Bogen,
die, im siebzehnten Jahrhundert errichtet, jetzt entfernt
worden sind. Bei den Arbeiten ist auch eine zum Kloster
gehörige Kapelle der hl. Barbara zum Vorschein ge-
kommen, die nach Mufioz' Urteil aus dem neunten Jahr-
hundert, also aus der Zeit] der Restaurierungen Leos IV.
stammen muß. Der Bau der kleinen Kapelle ist höchst
interessant, weil die Formen denen des Oratoriums des
hl. Zeno in Santa Prassede entsprechen. Aus der
gleichen Zeit stammen wohl auch die leider sehr be-
schädigten Fresken, die den kleinen Raum schmücken.
Auch das Äußere des Klosters ist restauriert worden, so
daß man eine bessere Idee von dem kriegerischen, mit
Türmen und Zinnen gewappneten Riesenkomplex haben
kann, in dem Leo IV., König Karl von Anjou, Brancaleone,
römischer Senator, Kaiser Sigismund und Papst Eugen IV.
gewohnt haben. Die kleine Kapelle des Heiligen Sylvester
im Vorhof der Kirche ist auch restauriert worden; und man
hat dort eine Reihe mit Medaillen von Heiligen an den
Wänden gefunden und eine interessante Sternendekoration
am Tonnengewölbe. pea. h.

Venedig. Gegenüber dem Fenicetheater erhebt sich
die »Scuola di S.Oirolamo«, als Bruderschaftsgebäude von
A. Vittoria 1580 errichtet, deren Schmuck der Fassade ihm
ebenfalls zu danken ist. Die Bruderschaft ließ die Säle
des Gebäudes aufs reichste ausstatten. Wertvolle Marmor-
bekleidung der Wände, zahlreiche Wand- und Decken-
gemälde schmückten die religiösen Übungen und Versamm-
lungen zum Zwecke des Wohltuens geweihten Räume.
Nach Aufhebung der Bruderschaften diente das Gebäude
einer Akademie für Chirurgie, bis dann auf Befehl Napo-
leons 1810 das sogenannte Ateneo Veneto in die ehemalige
»Scuola« verwiesen wurde. So wurden denn im Laufe
der Zeiten die Räume für Bibliothekszwecke nutzbar ge-
macht, Wände eingezogen und die durch Feuchtigkeit halb
zerstörten Gemälde schonungslos entfernt und in die Speicher-
räume verwiesen. Der obere Saal wurde für die Versamm-
lungen und Vorlesungen bestimmt, der Hauptsaal im Erdge-
schosse, durch Schränke verunstaltet, wurde zum Lesezimmer,
die übrigen Räume als Rumpelkammern völliger Vernach-
lässigung überlassen. — So verdient es denn die größte
Anerkennung, daß nun sämtliche Räume wieder in ihren
ursprünglichen Zustand versetzt wurden. In die neu-
vergoldeten schönen Kassettendecken wurden die gereinigten
Gemälde wieder eingesetzt, den schönen Büsten von der
Hand Vittorias eine bessere Aufstellung zuteil. Der kleine
obere Saal dient nun als Lesezimmer, während der eben-
erdige Saal für öffentliche Vorlesungen bestimmt ist.

Er bietet einen prächtigen Anblick, besonders am Abend

durch glücklich ausgeführtes Beleuchtungssystem, wo dann
die Deckenbilder von Palma giovane, Corona, Zanchi usw. zu
schönster Geltung kommen. Ein unerwarteter Fund stand
den umsichtigen Leitern dieser Restauration bevor: Im
Speicherraume, wo die nun wieder zu Ehren gekommenen
Gemälde gerollt und halb verdorben umherlagen, entdeckte
man ein Prachtbild des Tintoretto. Es stellt S. Girolamo
dar, dem bei seinen Bußübungen die von Engeln gestützte,
auf Wolken herabschwebende Madonna erscheint. Vor-
züglich ist die prächtige nackte Figur des Heiligen, von
ganz besonderem Interesse jedoch die Landschaft in Morgen-
stimmung. Tintoretto wagte es, die aufgehende Sonne
darzustellen, welche strahlend hintereiner Hütte emporsteigt.
Die Strahlen dieser Sonne erinnern an manches Moderne. —
Das hochinteressante Bild wurde der Akademie zur Aufbewah-
rung übergeben und erhielt nun in der Galerie einen Ehren-
platz. — Die Scuola di S. Girolamo, vulgo S. Fantino, ist
nun eine der vielen Sehenswürdigkeiten Venedigs geworden.
— Ich kann diesen Bericht nicht schließen, ohne der nun
beendeten Restauration der Kirche S. Nicola di Tolentino
zu gedenken. Man schreibt den ersten Entwurf dieser
freundlichen Kirche Palladio zu, Scamozzi und andere sollen
dann die Ausführenden gewesen sein, bis Tirali die Tempel-
fassade hinzufügte. Im 18. Jahrhundert ward dann das
ganze Innere im Stil der Zeit pomphaft mit Stuck über-
laden. — Die Kirche ist vielleicht die bilderreichste Venedigs.
Die Altarbilder eingerechnet, zählt man 90. Nur das große
Tonnengewölbe ist schmucklos geblieben, alles andere an
Kuppel und Decken mit Fresken aus spätester Zeit über-
laden. Kuppel und das genannte Tonnengewölbe des Mittel-
schiffes zeigten gefährliche Risse, nach deren Ausbesserung
dann der ganze Anstrich der Kirche erneuert wurde. —

Unter der großen Masse der Gemälde, meist von Palma
giovine und seinen Zeitgenossen, interessieren jedoch ganz
besonders zwei wuchtige Gemälde des B. Strozzi (il prete
genovese). Die Kirche macht nun mit ihren pomphaften
Grabmonumenten und Hauptaltar infolge vortrefflicher
Lichtführung einen überaus festlichen Eindruck. Sie ver-
dient von den Kunstfreunden mehr besucht zu werden, als
dies bisher der Fall war. August Wolf.

FUNDE

Ein angeblicher Raffaelfund. Das »Berliner Tage-
blatt« ließ sich von seinem italienischen Berichterstatter
telegraphieren, dem Direktor des Nationalmuseums in
Neapel, Spinazzola, sei es gelungen, zwei Fragmente von
Raffaels frühestem Altarbild aus Cittä di Castello zu ent-
decken. Es war nicht schwer, zu vermuten, daß es sich
um die seit zwei Jahren bekannten und viel besprochenen
Stücke mit Gottvater und Maria handelt. Interessanter
wäre es gewesen, wenn Spinazzola dem dritten Stück mit
der Darstellung des heiligen Augustinus nachgeforscht
hätte. Denn Oskar Fischel, dem wir die Kenntnis dieses
raffaelischen Frühwerkes verdanken, vermutet, daß auch
dieses noch fehlende Stück sich in dem Neapeler Museum
verborgen hält.

AUSSTELLUNGEN
Karlsruher Kunst. Unter den Werken hiesiger
Künstler, die in der letzten Zeit im Karlsruher Kunst-
verein ausgestellt haben, ragt eine Kollektion von Wilhelm
Trübner an künstlerischer Bedeutung hervor. Es sind
Landschaften aus der Gegend von Heidelberg und vom
Starnberger See. In der Farbe und Naturanschauung zeigen
sie die bekannten Züge des Trübnerschen Impressionismus.
An Wucht und Konzentration der Wirkung bezeichnen sie
aber einen Höhepunkt innerhalb seiner gegenwärtigen
Entwicklung. Es hängt das vor allem mit einer stärkeren
 
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