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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 25.1914

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Maas, Max: Archäologische Nachlese, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6191#0202

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Archäologische Nachlese

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einer Basilika zu Sufetula hat Merlin ein Marmorbassin
mit Darstellungen aus dem Alten und Neuen Testa-
ment gefunden. — Das Forum von Thugga ist nun-
mehr vollständig freigelegt, ebenso das des alten
Althiburus (Medeina). — Das als Kapitol geltende
Gebäude des alten Pupput fällt durch einen eigen-
artigen Plan auf, da die mittlere Cella der drei üb-
lichen Heiligtümer für die kapitolinischen Götter in
zwei Schiffe geteilt ist. So scheint das Gebäude eher
eine in einen älteren Tempel eingebaute vierschiffige
Basilika zu sein. — Bei Thubarbo Majus ist ein
Saturntempel, in dem zwei Ädikulae neupunischen Stils
mit jonischen Säulen stehen, gefunden worden. Nahe
bei dem Mausoleum von Mekdudsch, zwischen
Cillium und Thelepte, wurden zwei weitere derartige
Mausoleen gefunden, die für den Wohlstand der jetzt
gänzlich verödeten Gegend sprechen. — In Bulla
Regia wurde ein Haus mit einem schönen, Amphi-
trite zwischen Triton und Nereide darstellenden See-
stück gefunden. Auch dieses Haus ist wie andere
neuerdings freigelegte Häuser von Thugga zum Teil
unterirdisch, eine dem heißen Klima entsprechende
Anlage. Die unterirdischen Gemächer wurden durch
den mittleren bis zu ihnen hinabreichenden Hof ge-
nügend erhellt. Man wird lebhaft an die unterirdi-
schen Schlafzimmer der Alhambra erinnert. Es muß
den Bewohnern ein großes Behagen gewährt haben,
in solchen Räumen zu weilen, wenn das kühle Halb-
dunkel, das Geplätscher der Fontäne und das von
oben einfallende, auf den bunten Mosaiken spielende
Licht wirkten. — Von dem Schiffe von Mahedia weiß
zwar der neueste Bericht nichts zu vermelden, aber
in der Nähe des Ras Dimas beim alten Thapsus
haben Schwammfischer auf dem Boden des Meeres
mehrere Reihen von Amphoren, eine Schiffsladung
eines versunkenen Schiffes, gesehen, — Neugefundene
Mosaiken zu Mornaghia an der Ostküste mit Dar-
stellung eines Fischfanges und zu Rades, östlich von
Tunis, mit Darstellung von mit Namen genannten Tieren,
ferner ein Mosaik in Khanget el Hadschadsch
mit einer Bärenjagd sind noch genannt. Auch das
schon zum Teil im Museum zu Sfax befindliche Or-
pheusrelief ist jetzt ganz freigelegt worden. -— Publi-
kationen über Wasserversorgung und die Flüsse von
Tunis lassen einerseits erkennen, daß die, Gießbäche
hemmenden und verteilenden, Sperren und nicht Stau-
teiche das Hauptmittel der Römer zur Bewässerung
des Landes waren. Da alle Flüsse nur periodisch,
also meist trocken sind und dazu oft salzig, so ist
die Wasserfrage das Hauptkalkül gewesen, nach der
das Marschkalkül der kriegerischen Unternehmungen
sich richtete (s. Veith, 3. Bd. von Kromayers »antiken
Schlachtfeldern«). — Im Fahstal, in dem Bergland
zwischen Fahs und Tebursuk, wurden mehrere wichtige
Inschriften gefunden, die Gemeinden des römischen
Nordafrika nennen. — Ein in Pupput gefundenes
Defixionsblei zeigt die weite Verbreitung der Ver-
wünschungstafeln in Nordafrika.

Aus Algier können wir von interessanten Mit-
teilungen nur den Fund von zwei 0,40 m hohen Bronze-
statuetten im Hafen von Böne (Hippo Regius) melden.

Ein stehender nackter Jüngling, etwa in der Haltung
des Apollo Sauroktonos, und ein bekleidetes sitzendes
Mädchen erinnern an die Funde von Mahedia. —
Eine metrische Grabinschrift aus Madaurus schließt
mit den Worten »Hicenim sepulti decumbunt«. Daraus
will Cumont den Ausdruck der Hoffnung auf ein
materielles Fortleben im Jenseits entnehmen, denn
»decumbere« bedeutet das Niederlegen beim Mahle. —
Für Marokko hat man vorerst hauptsächlich Hoff-
nung auf zukünftige archäologische Tätigkeit infolge
der Besetzung durch die Franzosen. Eine Skizze der
Geschichte Marokkos bis zur arabischen Invasion durch
de la Martiniere behandelt u. a. die Verwandtschaft
der Berber mit den europäischen Rassen, jedenfalls
aber nicht mit den Indogermanen. Die römische
Okkupation ist nur an der Westküste, von Agadir bis
ins Sustal vorgedrungen. — Aus Volubilis, dem
Zentrum der römischen Herrschaft im Innern des
Landes, sind die Ruinen eines Tempels und ein sog.
Triumphbogen beschrieben. — Beim Bau eines fran-
zösischen Lagers bei Meknes wurden die Reste eines
römischen Lagers gefunden, im Tal der Uedsebu
wurden die Ruinen der Stadt Banasa untersucht und
auf dem Plateau westlich von Tanger Gräber und
etwa 20 km südwestlich von Tanger eine Thermen-
anlage entdeckt, die zu einer Stadt gehört zu haben
scheint.

Wir haben nun die großen und wichtigen archäo-
logischen Gebiete am Mittelmeer durchwandert. Kleinere
Nachrichten aus Frankreich, aus Belgien (prä-
historische Ausgrabungen in der Umgebung von
Lüttich) können wir übergehen. Über Britannien
wurde an dieser Stelle schon ausführlich berichtet
(Kunstchronik 1912/13,Sp. 92 ff.). — Aus der Schweiz,
aus der zahlreiche Nachrichten durch Otto Schuhes
dem Archäologischen Anzeiger übergeben worden
sind, ist namentlich interessant die Beschreibung der
wichtigsten Gräber des großen Gräberfeldes aus der
Völkerwanderungszeit bei Kaiser-Augst wegen einer
außerordentlichen Seltenheit christlicher Gräber, die
beweist, daß das Christentum große Mühe hatte, hier
Boden zu fassen, obgleich, wie es scheint, Äugst
mehrere Jahrhunderte lang Bischofssitz war, bevor
dieser nach Basel zu Anfang des 9. Jahrhunderts ver-
legt wurde. In Brugg hat das neue stattliche und
auch architektonisch vortrefflich geratene Vindonissa-
Museutn die Vindonissafunde aus der Klosterkirche
Königsfelden übernommen.

In Ungarn stand Intercisa-Dunapentele wiederum
im Vordergrund der römischen Ausgrabungen und
Hekler hatte darüber manches Interessante zu be-
richten. Auch sonst kamen in Ungarn an verschie-
denen Stellen größere und kleinere Funde zutage.

Serbien, Bulgarien und Rumänien sandten
noch große Berichte für die Jahre 1911 und 1912 an
den »Archäologischen Anzeiger«. In Serbien wur-
den zu Vinca prähistorische Wohnungen aufgedeckt
und reiche Einzelfunde gemacht; zu Stojnik wurde
das römische Kastell weiter ausgegraben, dessen Um-
gebung reich an antiken Denkmälern ist. Zahlreiche
Kleinfunde wurden gemacht. — Auch in Bulgarien
 
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