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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 25.1914

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473

Ausstellungen

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Honore Daumier: Der Maler
(Ausstellung französischer Malerei des 19. Jahrh. in der Oalerie Arnold in Dresden)

etwas noch nie so Gesehenes zu zeigen. Von der unteren
Seine, die in ihrer blonden Landschaftsstimmung seinem
Streben ganz besonders liegt, sehen wir eine klarfarbige
Ansicht bei Qiverny und eine Ansicht der Seine bei Vetheuil
(aus der Sammlung Rothermundt), die in ihrer lichten Klar-
heit sicher zu Monets besten Werken gehört. Robuster ist
das weit größere Gemälde der Mole in Havre, auf dem
man die Menschen im Sturm auf dem Damme geradezu
gehen zu sehen meint, während die gelben Wogen mit
Getöse am Mauerwerk sich brechen und ihre Wassermassen
in Dampf und Gischt gehüllt über den Damm werfen. So
bedeutend das Bild wirkt, so ist es doch materieller in
Licht und Farbe, als man es von Monet erwartet.

Von Edgar Degas sehen wir fünf überaus bezeich-
nende Bilder aus den Sammlungen W. v. Seidlitz und
Rothermundt: das Mädchen im Tuch ist ein weiblicher Akt
von ganz meisterhafter, rein sachlicher Wiedergabe in
Haltung und Bewegung, in der Lebenswahrheit des Fleisches,
in der Plastik des Körperlichen, vielleicht der beste Akt, der
im letzten Jahrhundert gemalt worden ist, malen im eigent-
lichen Sinne malerischer Wiedergabe gemeint. Das Mäd-
chen beim Frisieren und die Tänzerinnen ergänzen das Bild
von Degas' Kunst eigenartiger Ausschnitte aus der Wirk-
lichkeit und einer raffiniert malerischen impressionistischen
Malweise.

Es folgt Auguste Renoir mit nicht weniger als
elf Gemälden, darunter vier Meisterwerken, die der Aus-
stellung das Gepräge des großen Ereignisses geben helfen.
Ganz besonders das Bildnis der Comtesse Pourtales (Samm-
lung Rothermundt), in dem der Gegensatz zwischen dem
leuchtenden Leben des Gesichts mit der Pracht einer
luxuriösen Toilette so glänzend zur malerischen Einheit

verschmolzen ist, nimmt den Beschauer ohne Widerstand
gefangen. Das Gleiche gilt von dem Liebespaar im
Walde, einem köstlichen Bilde von zartester Poesie der
Empfindung und der feinsten Harmonie in den zart ge-
stimmten Farbtönen. Die naive Bewunderung der Be-
schauerin, die nur die Süßigkeit der werbenden Liebe in
dem Bilde mitempfindet, trifft sich hier mit der Bewunde-
rung des Kenners, der das Kunstwerk schätzt, dem der
Meister durch die Feinheit der Malerei und die natürliche
Wahrheit in der Auffassung jeden Anklang an Süßlichkeit
genommen hat. Eher steht an der Grenze dieses gefähr-
lichen Bereichs das reizvolle Bild der beiden Kinder am
Klavier, dessen stark vorherrschendes Rosa gewiß nicht
jedem behagen wird, wenn schon bei näherem Zusehen
der Wohlklang der Farbenharmonie nicht zu verkennen ist.
Weit mehr Kraft und Strenge liegt in dem Gemälde der
Schüler und Schülerinnen vor dem Konservatorium, das uns
in der Beschränkung der Farben auf bläuliche, violette und
graugrünliche Töne und des Raumes auf einen Hofwinkel
nicht leicht als ein Werk des Meisters der drei vorhergehen-
den Gemälde eingehen will. Immerhin hat es eine Kraft
der Auffassung, die nur einem Meister eigen ist. Unter den
beiden farbenüppigen, rotleuchtenden Blumenstücken leidet
das eine — der Blumenstrauß — an einer nicht ganz über-
wundenen Buntheit, das andere aber, ein Blumenkorb in
rot, gelb und grün, zeigt die leuchtende Farbenfülle von
meisterlicher Kraft gebändigt. Das dritte ausgezeichnete
Blumenstück mit Calla und Flieder aber (aus der Biermann-
schen Sammlung in Bremen) erinnert an ähnliche Stücke
Courbets, unter dessen Einfluß es wohl entstanden ist.

Nicht minder gut sind die beiden Landschafter Sisley
und Pissarro vertreten. Sisleys Gemälde Am Seineufer
 
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