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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 25.1914

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Die ägyptischen Expeditionen des Bostoner Museums
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.6191#0331

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643

Nekrologe — Personalien

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Material aus diesen Expeditionen war wahrscheinlich Tribut
oder Kontribution. Wenn eine Inschrift sagt, daß Sebni,
ein ägyptischer Kommandant, Salben, Honig, Gewänder und
Ol mit nach dem Süden nahm, so geschah es doch wahr-
scheinlich nur, um damit Geschenke zu machen. — Die
einzigen sicheren Spuren dieser militärischen Expedition
aus dem alten Reich in Kerma selbst sind Alabaster-Frag-
mente mit dem Namen Pepy I. Westlich von dem west-
lichen Defufa, wie die Eingeborenen die verschiedenen
Schutthügel nennen, stieß man aber auch auf eine Lage,
in der Fragmente von einigen Hundert Steingefäßen des
alten Reiches gefunden wurden, möglicherweise Geschenke
für die nubischen Häuptlinge. Jedenfalls war aber auch
das Fort aus Schlammziegeln aus der Zeit des alten Reichs;
denn Kerma ist einer der Plätze, von dem aus man die
Goldminen von Um-en-Nabadi erreichen kann, und hält
den nördlichen Eingang der reichen Provinz Dongola. —
Mehr erfahren wir über die ägyptischen Expeditionen nach
Nubien im alten Reich aus den Inschriften, welche der
Gouverneur des Südens, Harkuf, auf seinem Grab in Assuan
hat anbringen lassen. — Während der Depressionsperiode
in Ägypten, welche der Regierung Pepy II. folgte, hatten
die nubischen Völker nichts zu leiden. — Aber während
des mittleren Reichs suchte Ägypten Nubien auf sicherer
Basis zu explorieren. Inschriften und Alabastervasen mit
dem Namen von Sesostris I. und Am-en-Hat I. lassen dies
in Kerma erkennen. Es ist sicher, daß während des mitt-
leren Reichs Kerma von den ägyptischen Königen gehalten
wurde, und daß fünf von Reisner festgestellte Bauten in
dieser Zeit entweder neugebaut oder wiederhergestellt
worden sind.

Nun gelangen wir zu der Hyksos-Periode, der vierten
festgestellten Okkupationsperiode, aus der die Amerikaner
so außerordentlich reichhaltige Funde in Kerma gemacht
haben. In dieser Zeit findet sich dort eine Kolonie von
nichtnegroiden Männern, die weder ägyptische Gerät-
schaften gebrauchten, noch ägyptische Begräbnisgebräuche
anwandten. Sie vernichteten die Bauten der Ägypter des
mittleren Reichs, sie zerschlugen die Statuen der Könige
der 12. Dynastie und sie legten ihre Gräber in die Trümmer
eines altdynastischen Schlammziegelbaues, wofür die Bo-
stoner Ausgrabungen die archäologische Evidenz brachten.
Sie müssen eine stolze und fähige Rasse gewesen sein.
Ihre Töpfereien, die zweifellos an Ort und Stelle herge-
stellt worden sind, sind die schönsten und feinsten jemals
im Niltal hergestellten Töpferwaren, so dünn und zart wie
feines Porzellan. Nichts läßt sich ihnen bis zu der Zeit
der schönen griechischen Tongefäße vergleichen. Aber die
Grabgebräuche dieser Männer sind fürchterlich in ihrer
Barbarei. Auf einem geschnitzten Bett, inmitten einer
großen Rundgrube, liegt ein Häuptling auf seiner rechten
Seite, den Kopf nach Osten gewandt. Sein Haupt ruht auf
einer hölzernen Kopfstütze. Zwischen seinen Beinen liegt
ein Schwert oder Dolch, unter seinen Füßen Sandalen von
Ochsenhaut und ein Fächer von Straußfedern. Zu seinen
Füßen ist ein Widder begraben, dessen Hörner oben Elfen-
beinknöpfe tragen; aber um sein Bett herum liegen eine
Anzahl männlicher und weiblicher Körper, alle mit dem
Kopf nach Osten, mit Töpfen und Körben, Salbgefäßen,
Klappstühlen und anderen Gegenständen. Über das ganze
Grab ist eine gewaltige Ochsenhaut ausgebreitet, und es
ist klar, daß sie alle auf einmal begraben worden sind:
die Männer und Frauen um den Häuptling müssen ge-
opfert worden sein, damit ihre Geister den Fürsten in die
andere Welt begleiten. Zeichen von Gewalt lassen sich
aber nicht erkennen. Einige hatten ihre Finger in das
Haar verwickelt oder die Gesichter mit der Hand bedeckt.
Eine Frau ist in Rückenlage geraten und faßt ihre Brüste.

Die meisten aber lagen da in einer Lage, als wenn sie
ruhig hätten sterben wollen. Reisner ist der Ansicht, daß
sie alle lebendig begraben worden sind! Es ist wahr, daß
unter den Frauen Negerinnen sich finden, aber die Männer
sind alle breitköpfig mit nichtgeringeltem Haar. Woher
kommt diese in ihrer Vollendetheit fremdartige Töpferei
und die furchtbaren Begräbnisgewohnheiten, wenn es
Ägypter waren? Man wird die menschlichen Reste Pro-
fessor Elliot Smith vorlegen, der ja schon tausende von
Überresten aus ägyptischen Gräbern untersucht und be-
stimmt hat. Wenn sie weder Ägypter noch Neger sind,
so können es Araber, Libyer oder Abenteurer aus dem
Norden, endlich können es Hyksos gewesen sein. Auf
einigen Siegelabdrücken findet sich der Name Shesy, wie
ein Hyksospharao genannt wird. Ein sicherer Schluß über
die Rasse der Männer von Kerma ist nicht zu ziehen.
Reisner hofft, daß die im nächsten Winter zurückkehrende
Expedition das Mysterium von Kerma entschleiern wird.
Nördlich von dem Friedhof aus der Hyksos-Periode liegen,
wie es scheint, Gräber aus den älteren Perioden. — Der
Bericht von Reisner in dem Bostoner Bulletin ist von
26 Abbildungen begleitet, die diese in Bostoner Besitz ge-
langten hochinteressanten und wichtigen Funde, mit denen,
was die Hyksos-Periode betrifft, nur ein Museum, das von
Khartum, mit dem die Funde geteilt wurden, konkurrieren
kann, und die Fundstellen wiedergeben. m.

NEKROLOGE

Der Berliner Bildhauer Friedrich Pfannschmidt, ein

Bruder des bekannten Kirchenmalers Ernst Pfannschmidt,
ist bei Chälons als Hauptmann gefallen. Der am 19. Mai
1864 in Berlin geborene Künstler hatte in Berlin und bei
Professor Schilling in Dresden studiert. Seine Hauptwerke
sind Kirchenplastiken und Büsten bedeutender Gelehrter.
Zu den bekanntesten Werken von ihm gehören das Moltke-
Denkmal in Zerbst, das Paul Gerhardt-Denkmal in Lübben
und das v. d. Tann-Denkmal in Tann, ferner die Büsten
des Kaisers und Adolf Harnacks. Auch sozial hat sich
Pfannschmidt hervorgetan; als Präsident des Künstler-
verbandes deutscher Bildhauer hat er sich besonders für
die Verbesserung der Wettbewerbsverhältnisse eingesetzt.

Der Berliner Geschichtsmaler Karl Wendling, 1851
in Weilburg in Nassau geboren, ist am 16. September in
Berlin verstorben. Zu seinen bekanntesten Werken ge-
hören die Bilder aus der Geschichte des Refugies für die
französische Kolonie in Berlin. Wendling war im Verein
Berliner Künstler eifrigst für die Interessen der Kollegen-
schaft tätig.

PERSONALIEN

Berlin. Direktor Ludwig Justi ist zur Fahne einbe-
rufen worden. Das Ministerium hat mit der interimistischen
Leitung der Direktion der Kgl. Nationalgalerie den Kustos
Dr. G. J. Kern beauftragt.

Dem Architekten Wilhelm von Debschitz, bisher
Leiter der Lehr- und Versuchsateliers für angewandte
und freie Kunst in München, der vom 1. Juli 1914 ab als
Nachfolger des Professors Feierabend zum Direktor der
Handwerker- und Kunstgewerbeschule in Hannover be-
rufen wurde, ist vom Handelsminister der Charakter Pro-
fessor verliehen worden.

Ludwig Dettmann hat vom Generalstabe die Er-
laubnis erhalten, als Kriegsmaler das Armee-Oberkom-
mando während der Dauer des Krieges zu begleiten. Er
hat sich nach Ostpreußen begeben.
 
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