allem erquickende Lektürc, dazu fehlt ihm schon viel zu sehr
die Naivetat der Väter, er will vor allem pikante Lektüre
haben, die seine Bosheit kitzelt; er will nicht mehr den
idealen Humor — der dünkt ihm altfränkisch -—, er will
die Satire, die seiner Meinung nach allein für unser modernes
Leben paßt. Und er hat vielleicht nicht Unrecht damit.
Jede Zeit trägt ihren besondern Stempel, und bei allem
liebenswürdigen Sptimismus gegenüber der Gegenwart läßt
sich doch nicht leugnen, daß sie für die ungestörte Entfaltung
eines echten Humoristen so wenig geeignet ist wie kanm se
eine andre Zeit. Die Literaturgeschichte läßt sich ja ebenso
wenig schablonisiren wie die Weltgeschichte, aber dennoch ist
es wohl nicht zuviel gesagt, daß unsre Zeit mit allen großen
Kulturperioden das Schicksal teilt, daß sich unter dem scharfen
Kontrast der Erscheinnngen nur selten der Witz zu der lichten
Hohe des Humors erhebt, um so mehr aber in den Leistnngen
beißender Satire glänzt; man denke nur an die nachperikleische
und die Zäsarenzeit. Einen entscheidenden Einsluß auf den
Zeitcharakter übt jedenfalls die Politik, der man ja geradezn
nachsagt, daß sie den Charakter verderbe, namentlich die
Parteipolitik, die heutzutage auf Kosten unsers National-
bewußtseins vorherrscht. Sie dient lediglich dazu, daß die
Risse und llnterschiede im Bolke immer weiter anseinander
klafsen, die Geister immer heftiger aufeinander platzen.
Wahrhastig sür den Humor recht ungeeignete Zeit!
Und in der That, wohin man blickt, im Roman, in
der Novelle, im Liede nnd selbst im Drama schwindet mehr
und mehr die humoristische Episode; Unzufriedenheit, Spott
und damit die Satire drängt sich in den Vordergrund.
Zwar wartet das schcidende Jahrhundert noch immer eincs
wahrhaft großen Satirikers, aber im Zeitalter der Satire
leben wir schon lange. Und die moderne Satire ist recht
eigentlich ein Kind des Witzes. Damit soll nicht gesagt
sein, daß es nicht auch einen Humvr der Satire geben
könne, nein, die großen Satiriker des sechzehntcn Jahr
hunderts zählen ganz gewiß auch zu den größten Humoristen
aller Zeiten, aber ihre Satire ging eben nicht aus von
giftiger Lanne, pessimistischer Weltverachtung oder gar
grimmiger Verzweiflung, sondern sie entsprang ans keckem
Übermut, derbem Freimnt und ausgelassener Lnst zum Wider
spruch in einer philiströsen nnd dabei ausgeblasenen Zeit.
Jhr Bceister und Vorbild war der muntere Horaz, aber
nicht der verbitterte Juvenal. Ein Murner, ein Fischart,
selbst ein Rabelais war bei aller beißenden Jronie, bei
allem schonungslosen Spott doch immer von tiefem, sitt
lichem Ernst erfüllt; ihr Hnmvr war oft derb und wild,
aber ihre Absichten waren gut, sie beruhten auf der festen
Überzeugung, eine heilige Pslicht an ihren Mitmenschen zu
erfüllen. Wo aber finden sich solche Absichten bei unsern
modernen Satirikern'? Man sncht sich ja nur über das
Elend der Gegenwart hinwegzuwitzeln, um es zu vergessen;
man macht sich lustig über die Welt, weil man im letzten
Grunde an ihr verzweiselt.
Die moderne Satire wird daher vollends unsrer
humoristischen Jmpotenz nicht abhelfen, sondern sie eher
verschlimmern, dafür sorgt schon unsre hastende, nimmer
rastende Zeit. Während der Witz zu allen Zeiten und
unter allen Umständen, wenn auch freilich in verschiednem
Maße, emporgesproßt ist, erblüht die Blume des Humors
nur selten und unter Lesondern Verhältnissen. Nicht in
dem Wirbel schnelllebiger Jahre, nicht unter den Stürmen
welterschütternder Ereignisse, sondern nur auf dem Boden
ruhiger Zeiten grünt der Humor üppiger. Die Zeiten
nach der Resormation, die trägen Friedensjahre vor t8t3,
vor und nach t8H8 haben unsre besten Humoristen erzeugt;
in diesen Jahrzehnten gab namentlich ein reich entwickeltes
und meist verwickeltes Gesellschaftsleben, verbunden mit
einem beschaulichen Familienleben Stoss für die Lachlust
des launigen Beobachters. Fast scheint es, als dürfte man
darnach den Schluß wagen, auch die Gegenwart sei nach
den gewaltigen Stürmen der deutschen Reichsgründung
besonders geeignet, dem Humoristen als Studienfeld zu
dienen; aber der Schein trügt. Trotz der zwanzig langen
Friedensjahre haben wir noch keine Ruhe, auf die äußern
Kämpfe sind innere gefolgt und werden weitere folgen.
Zwar in der Knnst hat sich bereits ein glückverheißender
Bote gezeigt, die hübschen Zeichnungen des Hamburger
Künstlers Allers* haben bei dem deutschen Publikum selbst
Oberländers geistvolle Karikaturen ausgestochen. Aber erst
die kommende Zeit wird lehren, welcher Taube Noahs dieser
Vorbote gleicht; vor der Hand wcnigstcns zeigt unsrc
Literatur, daß sür die Entwicklung neuen Humors die
Wasser noch nicht gefallen sind.
Bis aus den heutigen Tag ist der Humor, wohl in
enger Verbindung mit dem vielgerühmten deutschen Gemüt
oft als ein Lesondrer Vorzug des „Volkes dcr Dichter
nnd Dcnker" bezeichnet worden, nnd wenn man diese etwas
prahlerische Behauptung nicht recht festhalten konnte, war
man so gnädig, wenigstens die Engländer gütigst mit ein
znschließen. Ganz abgesehen nun davon, daß wir auf dem
Gebiete des Hnmors thatsächlich hinter den Engländern
zurückstehen (man denke nur an Shakespeare und Dickens),
so liegt doch eine gewisse Wahrheit in jener kühnen Be-
hanptnng. Jn den Literatnren andrer Volksstämme sind
die Humoristen erst recht dünn gesät. Bei den Slawen
kann man von einer hnmoristischen Literatur überhaupt
kaum sprechen. Bei den Romanen liegt es schon in ihrem
ganzen Natnrell, in ihrem feurigen, leicht beweglichen Volks-
charakter begründet, daß sie die wechselvolle, wenn auch
niedrige Sphäre des Witzes vorziehen. Der Germane
grübelt, dcr Romane sprüht Fnnken. Während bei dem
Germanen das Gemüt den Verstand lansam überwindet,
übertäubt bei dem Romanen der Berstand oft schnell daö
Gemüt; denn den Romanen das Gemüt ganz absprechen
zn wollen, hieße sie zu Dreiviertelmenschen degradiren.
Jmmerhin kennt die Literaturgeschichte auch einen respell
tabeln romanischen Humor: auch die eifrigsten Dentsch-
tümler kommen doch nicht um Cervantes und Rabelais
herum. Der Witz vollends erscheint bei den Franzosen in
einer Vollcndnng, wic wir Deutschen sie wohl nie erreichen
werden.
Hier haben aber die Franzosen einen gefährlichen Rivalen.
Die Juden sind es, die mit ihnen uni die Palme des
Witzes ringen, und zwar mit wachsendem Erfolg. Das
jüdische Volk gehört ja unzweifelhaft zu den begabtesten
Völkern des Erdkreises; aber je niehr bei ihnen der Ver
stand herrscht, desto mchr tritt das Gemüt in den Hinter-
grund. Daher ist die Thatsache leicht erklärlich, daß die
Iuden nicht nnr wie die Romanen einen wenig entwickelten,
sondern überhaupt gar keinen Humor haben; denn zuni
wirklichen Humoristen gehören Eharaktereigenschaften, die
dem Juden völlig abgehen. Auch hier sieht man recht
deutlich, daß Juden und Deutsche zwei innerlich unverein
bare Llationalitäten sind. Der Deutsche hat vor allem
*) Der aber nach ein paar ersten Flügen in freiere Gegen-
den rasch zu deni Philisterplattland zurückgetehrt ist, auf dein
die Spatzen gute Atznng finden! A-T.
die Naivetat der Väter, er will vor allem pikante Lektüre
haben, die seine Bosheit kitzelt; er will nicht mehr den
idealen Humor — der dünkt ihm altfränkisch -—, er will
die Satire, die seiner Meinung nach allein für unser modernes
Leben paßt. Und er hat vielleicht nicht Unrecht damit.
Jede Zeit trägt ihren besondern Stempel, und bei allem
liebenswürdigen Sptimismus gegenüber der Gegenwart läßt
sich doch nicht leugnen, daß sie für die ungestörte Entfaltung
eines echten Humoristen so wenig geeignet ist wie kanm se
eine andre Zeit. Die Literaturgeschichte läßt sich ja ebenso
wenig schablonisiren wie die Weltgeschichte, aber dennoch ist
es wohl nicht zuviel gesagt, daß unsre Zeit mit allen großen
Kulturperioden das Schicksal teilt, daß sich unter dem scharfen
Kontrast der Erscheinnngen nur selten der Witz zu der lichten
Hohe des Humors erhebt, um so mehr aber in den Leistnngen
beißender Satire glänzt; man denke nur an die nachperikleische
und die Zäsarenzeit. Einen entscheidenden Einsluß auf den
Zeitcharakter übt jedenfalls die Politik, der man ja geradezn
nachsagt, daß sie den Charakter verderbe, namentlich die
Parteipolitik, die heutzutage auf Kosten unsers National-
bewußtseins vorherrscht. Sie dient lediglich dazu, daß die
Risse und llnterschiede im Bolke immer weiter anseinander
klafsen, die Geister immer heftiger aufeinander platzen.
Wahrhastig sür den Humor recht ungeeignete Zeit!
Und in der That, wohin man blickt, im Roman, in
der Novelle, im Liede nnd selbst im Drama schwindet mehr
und mehr die humoristische Episode; Unzufriedenheit, Spott
und damit die Satire drängt sich in den Vordergrund.
Zwar wartet das schcidende Jahrhundert noch immer eincs
wahrhaft großen Satirikers, aber im Zeitalter der Satire
leben wir schon lange. Und die moderne Satire ist recht
eigentlich ein Kind des Witzes. Damit soll nicht gesagt
sein, daß es nicht auch einen Humvr der Satire geben
könne, nein, die großen Satiriker des sechzehntcn Jahr
hunderts zählen ganz gewiß auch zu den größten Humoristen
aller Zeiten, aber ihre Satire ging eben nicht aus von
giftiger Lanne, pessimistischer Weltverachtung oder gar
grimmiger Verzweiflung, sondern sie entsprang ans keckem
Übermut, derbem Freimnt und ausgelassener Lnst zum Wider
spruch in einer philiströsen nnd dabei ausgeblasenen Zeit.
Jhr Bceister und Vorbild war der muntere Horaz, aber
nicht der verbitterte Juvenal. Ein Murner, ein Fischart,
selbst ein Rabelais war bei aller beißenden Jronie, bei
allem schonungslosen Spott doch immer von tiefem, sitt
lichem Ernst erfüllt; ihr Hnmvr war oft derb und wild,
aber ihre Absichten waren gut, sie beruhten auf der festen
Überzeugung, eine heilige Pslicht an ihren Mitmenschen zu
erfüllen. Wo aber finden sich solche Absichten bei unsern
modernen Satirikern'? Man sncht sich ja nur über das
Elend der Gegenwart hinwegzuwitzeln, um es zu vergessen;
man macht sich lustig über die Welt, weil man im letzten
Grunde an ihr verzweiselt.
Die moderne Satire wird daher vollends unsrer
humoristischen Jmpotenz nicht abhelfen, sondern sie eher
verschlimmern, dafür sorgt schon unsre hastende, nimmer
rastende Zeit. Während der Witz zu allen Zeiten und
unter allen Umständen, wenn auch freilich in verschiednem
Maße, emporgesproßt ist, erblüht die Blume des Humors
nur selten und unter Lesondern Verhältnissen. Nicht in
dem Wirbel schnelllebiger Jahre, nicht unter den Stürmen
welterschütternder Ereignisse, sondern nur auf dem Boden
ruhiger Zeiten grünt der Humor üppiger. Die Zeiten
nach der Resormation, die trägen Friedensjahre vor t8t3,
vor und nach t8H8 haben unsre besten Humoristen erzeugt;
in diesen Jahrzehnten gab namentlich ein reich entwickeltes
und meist verwickeltes Gesellschaftsleben, verbunden mit
einem beschaulichen Familienleben Stoss für die Lachlust
des launigen Beobachters. Fast scheint es, als dürfte man
darnach den Schluß wagen, auch die Gegenwart sei nach
den gewaltigen Stürmen der deutschen Reichsgründung
besonders geeignet, dem Humoristen als Studienfeld zu
dienen; aber der Schein trügt. Trotz der zwanzig langen
Friedensjahre haben wir noch keine Ruhe, auf die äußern
Kämpfe sind innere gefolgt und werden weitere folgen.
Zwar in der Knnst hat sich bereits ein glückverheißender
Bote gezeigt, die hübschen Zeichnungen des Hamburger
Künstlers Allers* haben bei dem deutschen Publikum selbst
Oberländers geistvolle Karikaturen ausgestochen. Aber erst
die kommende Zeit wird lehren, welcher Taube Noahs dieser
Vorbote gleicht; vor der Hand wcnigstcns zeigt unsrc
Literatur, daß sür die Entwicklung neuen Humors die
Wasser noch nicht gefallen sind.
Bis aus den heutigen Tag ist der Humor, wohl in
enger Verbindung mit dem vielgerühmten deutschen Gemüt
oft als ein Lesondrer Vorzug des „Volkes dcr Dichter
nnd Dcnker" bezeichnet worden, nnd wenn man diese etwas
prahlerische Behauptung nicht recht festhalten konnte, war
man so gnädig, wenigstens die Engländer gütigst mit ein
znschließen. Ganz abgesehen nun davon, daß wir auf dem
Gebiete des Hnmors thatsächlich hinter den Engländern
zurückstehen (man denke nur an Shakespeare und Dickens),
so liegt doch eine gewisse Wahrheit in jener kühnen Be-
hanptnng. Jn den Literatnren andrer Volksstämme sind
die Humoristen erst recht dünn gesät. Bei den Slawen
kann man von einer hnmoristischen Literatur überhaupt
kaum sprechen. Bei den Romanen liegt es schon in ihrem
ganzen Natnrell, in ihrem feurigen, leicht beweglichen Volks-
charakter begründet, daß sie die wechselvolle, wenn auch
niedrige Sphäre des Witzes vorziehen. Der Germane
grübelt, dcr Romane sprüht Fnnken. Während bei dem
Germanen das Gemüt den Verstand lansam überwindet,
übertäubt bei dem Romanen der Berstand oft schnell daö
Gemüt; denn den Romanen das Gemüt ganz absprechen
zn wollen, hieße sie zu Dreiviertelmenschen degradiren.
Jmmerhin kennt die Literaturgeschichte auch einen respell
tabeln romanischen Humor: auch die eifrigsten Dentsch-
tümler kommen doch nicht um Cervantes und Rabelais
herum. Der Witz vollends erscheint bei den Franzosen in
einer Vollcndnng, wic wir Deutschen sie wohl nie erreichen
werden.
Hier haben aber die Franzosen einen gefährlichen Rivalen.
Die Juden sind es, die mit ihnen uni die Palme des
Witzes ringen, und zwar mit wachsendem Erfolg. Das
jüdische Volk gehört ja unzweifelhaft zu den begabtesten
Völkern des Erdkreises; aber je niehr bei ihnen der Ver
stand herrscht, desto mchr tritt das Gemüt in den Hinter-
grund. Daher ist die Thatsache leicht erklärlich, daß die
Iuden nicht nnr wie die Romanen einen wenig entwickelten,
sondern überhaupt gar keinen Humor haben; denn zuni
wirklichen Humoristen gehören Eharaktereigenschaften, die
dem Juden völlig abgehen. Auch hier sieht man recht
deutlich, daß Juden und Deutsche zwei innerlich unverein
bare Llationalitäten sind. Der Deutsche hat vor allem
*) Der aber nach ein paar ersten Flügen in freiere Gegen-
den rasch zu deni Philisterplattland zurückgetehrt ist, auf dein
die Spatzen gute Atznng finden! A-T.