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Weber, Wilhelm; Königliche Museen zu Berlin / Ägyptische Abteilung
Mitteilungen aus der Ägyptischen Sammlung: Text — Berlin, 2.1914

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Isis.

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3. Isis (Tafel 2, 3).
Als Herodot in Ägypten reiste, liebten es die dort ansässigen Griechen, Isis, die Mutter des
Sonnenkindes, die Frau, die den toten Brudergemahl Osiris sucht und beklagt, Demeter zu
gleichen. Nicht nur ihre Irrfahrt, wie der Mythos sie ausmalte, auch Wesen und Kräfte
der Göttin, die im Glauben und Kult der Ägypter dem Fremden sichtbar wurden, schienen
die Gleichung zu fordern — wenigstens da, wo er zuerst sie sah, im Delta, von Naukratis aus.
Mit dem wachsenden Verkehr kam Isis auch über das Meer1), aber sie blieb Ägypterin draußen
und blieb es drinnen im eigenen Land, noch als Alexander der Große der neue Herr wurde;
zunächst, scheint es, auch noch in seiner Gründung Alexandrien2). Mit dem Griechen kam
nun seine Demeter herüber: nebeneinander leben jetzt die Göttinnen; nie sind sie ganz inein-
ander übergegangen, so wenig wie Ägypter und Griechen; aber im Lauf der Zeit rücken die
Individuen näher zusammen. Aus seiner Demeter hat der Grieche die Fremde verstanden,
zumal, seitdem er das seltsame Land in vollem Umfang kennen lernte. Aus dem Zauberschlaf
ihrer starren Haltung hat der warme Hauch griechischer Kunst sie erweckt, die Glieder ihr
gelöst; nun erscheint sie dem gläubigen Griechen als Frau, übergossen von aller Herrlichkeit
göttlicher Schönheit, wie der Zeitgeschmack es verlangte; nur bewahrt sie die einheimische
Tracht. — Zwei Welten künstlerischer Anschauung stoßen hier aufeinander (S. 11).
Als Alexander der Göttin die einziehenden Griechen zuführte, war sie wohl noch nicht
hellenisiert; denn zunächst war sie Göttin der Ägypter, die auf sein Geheiß aus der Umgebung
in der neuen Stadt angesiedelt wurden; und Schützer der Stadt sind die alten Götter der
Gegend geworden3).
Noch immer fehlen direkte Beweise, um den Ursprung der Vorbilder unserer Terrakotten
formal und inhaltlich nachzuweisen; um die richtige Erklärung der kleinen Figuren zu geben,
dürfen wir darum Umwege nicht scheuen. Ein Blick auf 17—374), zu denen wegen ihrer
Tracht noch die Figuren auf Taf. 24 kommen, zeigt alle, gleichviel welcher Form ihr Körper
ist, welcher Inhalt der Darstellung zugrunde liegt, welcher Schmuck eine nähere Erklärung
böte, in einer einheitlichen, aus vielen sonstigen Darstellungen bekannten5) Tracht, die man
„Isistracht" nennt. Ein zartes Byssosgewand umfließt den Körper, ein weiter Mantel, mit
langen Franzen gesäumt, ist herumgeworfen, unter der r. Brust zur 1. Schulter zurückgeführt
und ebenso von links über die r. Schulter geschlagen und mit dem r. Zipfel zwischen den
Brüsten geknotet6). (Nur die nährende Mutter hat unter dem Mantel die Brust entblößt
17—19, 25)7). Jedoch nicht nur Isis, sondern Göttinnen überhaupt, wie ihre weiblichen

!) z. B. I. G. II 168. Rusch, de Iside et Serapide in Graecia cultis, Berliner Diss. 1906. Die Statue in Delos ist
ägyptisch (IV. Jahrh.), B. C. H. VI, 314 f.

2) Arrian, Anab. 3, 1, 5:... δείμασθαι εδει και ιερά οσα και θεών, ών τινων των μεν "Ελληνικών, "Ιβιδος δε Αιγύπτιας. Weber,
Sitzb. Heidelberger Akad. Wiss. 1910, 7, S. 30, A. 86.

3) S. Reitzenstein, Gött. Gel. Nachr. 1904, 318 ff.; Weber, Untersuchungen, S. 7.

4) Auszuschließen sind 24, 32—34, 35.

5) Apuleius hat sie in ihrer ganzen Wirkung am besten beschrieben: Metam. XI, 3; ihm bin ich gefolgt: Ägyptisch-
griechische Götter im Hellenismus, 1912, S. 21. Einzelne Beispiele später.

6) Einmal, 21, ist der Mantel auch von 1. her geknotet; vgl. z. B. eine unpublizierte Statue in Benevent.

7) Einmal, Kairo Mus. 27678, ist der 1. Mantelzipfel ganz auf den Unterarm herabgeglitten, so daß Brust und Schul-
ter ganz nackt sind. So weit geht man sonst nicht.
Web er, Terrakotten.

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