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Weber, Wilhelm; Königliche Museen zu Berlin / Ägyptische Abteilung
Mitteilungen aus der Ägyptischen Sammlung: Text — Berlin, 2.1914

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Schlangengöttin.

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gestellt war; nach allem dürfen wir sie Thermuthis und Agathodaimon benennen. Auch des Gottes
Attribute, Ähren, Mohnköpfe, Keule, Kerykeion22) wie sein Name selbst weisen auf den Zusammen-
hang mit dem Erdreich hin. Nun erscheint dieser Agathodaimon auch auf Münzen in Nau-
kratis23), und steht wohl auch zu Ptolemais in Beziehung (Anm. 28), ist also
griechischem Glauben in Ägypten zugänglich gewesen24), wie er ja auch im
griechischen Haus als der gute Hausgeist hauste25). Eine Quelle ptolemäischer
Zeit erzählt ferner, daß bei der Gründung Alexandriens eine große Schlange er-
schienen, von Alexanders Leuten getötet und in einem Heroon beigesetzt sei:
εις μνήμην του όφθέντος Αγαθού δαίμονος.26) Den Genius loci, den ägyptischen Herrn

des Bodens, hat sein griechischer Rechtsnachfolger, der Stadtgründer Alexander, demnach als
Schlangengott erlebt: in dieser Form hat er ihm seinen Kult gestiftet, sein Andenken
bewahrt (vgl. Anm. 28). Es liegt nahe, den ehemaligen Herrn für einen Αγαθός δαίμων selbst
zu halten. Mit diesem guten Geist hat man den Fruchtbarkeitsgott Psoi identifiziert (Anm. 28);
aber dessen Name scheint in griechischen Kreisen wenig Kraft besessen zu haben. Ist ihm nicht
eher gleich das „gute Wesen", Wn-nofre, Όννώφρις— Osiris? Denn Osiris, der Allmächtige, ist
ein uralter Erdgott, lang ehe er Totengott war; ist auch das Νilwasser, das in Alexandrien Άγαθοδαίμων
heißt27). Schlangengestalt mit Osiriskopf zeigt eine Agathodaimonschlange; sogar ein römisches
Osirisbild ist schlangengestaltig28). Darum wird er29) der Partner der Schlangengöttin, und die
zwei Schlangen werden Erscheinungsformen des Paars, das die Erdtiefe und ihren Reichtum
beherrscht30). Von dem ägyptischen Osiris der Erdtiefe ist freilich nie, soweit ich weiß, gesagt,
er sei eine Schlange; auch nicht unter den pantheistischen Formen, die die Hymnen des Neuen

gleiche Paar in dem Flachbogennaos, dann Demeter, dann eine Sarapisbüste, „Harpokrates" mit der Keule in einem

Stück bei Guimet. Die Krone zwischen den Schlangen: Vatikan, Egizio Nr. 41a (Marucchi). Die Schlangenart beschrieben

in dem Traktat des Aelius Promotus, Rohde, Kl. Sehr. II, 396.

22) Über das Kerykeion vgl. meine 3 Untersuchungen, S. 24, Anm. 24; unten Nr. 152, Taf. 15; Boll, Sphaera S. 167 f.,
macht auf das Sternbild des κηρυκείου aufmerksam, das mit dem Orion-Osiris vorkommt. Aus diesen wird unser κηρυκείου
als das des Osiris zu verstehen sein. — Der sogenannte Hermanubis (Unters., S. 17, 52, Perdrizet, Coll. Fouquet, S. 30)
trägt den Kalathos wie Sarapis und Kerykeion und Palme wie Anubis, muß also nicht nur Seelengeleiter, sondern auch
Erdgott selbst sein. Vgl. auch die πυλωροί des Grabes, unten Anm. 32, und das Schlangenkerykeion bei Drexler, Isis 539.

23) Dattari 6408, Taf. XXXV.

24) Rohde, Psyche I, 254, 2; dann die Lexika, die nichts neues geben.

25) Rohde, a. a. 0. Reitzenstein, Gött. Nachrichten 1904, 318, 1; Ausfeld, Alexanderroman 48. Man feiert am 25. Tybi
das Fest der Stadtgründung durcli Fütterung der Schlangen, der αγαθοί δαίμονες προνοουμενοι τών οικιών. Von da aus sind
die Schlangen, genii loci, in Delos, Pompei zu verstehen wie auch das pompeian. Bild: Harpokrates neben der Schlange als
genuis loci, Helbig, Wandgem. 81. Auf einem griech. Totenmahl aus dem Faijum im Louvre (neben 1672/3) z. B. werden zwei
Schlangen getränkt.

26) Reitzenstein, a. a. 0. 137; Wilcken, Hermes 40, 552 f., meine 3 Untersuchungen, S. 6.

27) Der einzige Wasserkanal in Alexandrien heißt wieder, sicher damit in Zusammenhang, Άγαθοδαίμων. Proteus
= Αγαθός δαίμων, Reitzenstein, Wundererzählungen, S. 50, 1.

28) Für die Griechen sind z. B. Zeus Meilichios und Ktesios, Schlangen, „Reichtumspender, Ackerbaugötter, Schirm-
herren der Stadt", Nilsson, Griech. Feste, S. 25; so ist im griechischen Ägypten Amon eine Schlange mit Menschenkopf als
πλοντοδότης, Capart, Recueil de Monuments, pl. IC (Athen); anderes bei Weinreich „Nektanebos" 9, 12—15. Als αγαθός
δαίμων hat er den Psoi (Lit. bei Reitzenstein, a. a. 0. 318) in Alexandrien in sich aufgenommen; denn αγαθός δαίμων ist
noch in später Zeit Psoi, ein Toten- und Fruchtbarkeitsgott. Ist es da, was bisher entgangen zu sein scheint, ein Zufall,
daß Ptolemais, die Gründung des ersten Ptolemäers (Plaumann, Ptolemais 3, 1, Jouguet, vie municipale 5) ägyptisch
und koptisch mit Psoi, dem ägyptischen Äquivalent von Αγαθός δαίμων bezeichnet wird? Wir sollten zunächst den Kult
des Schlangengottes wie in Alexandrien (Anm. 21) voraussetzen, zugleich aber darin eine Nachbildung der Alexandergründung
erkennen. Alexander wie Ptolemaios versöhnen den Erdgeist, dem der Stadtboden gehörte, und den sie als κτίοται, als neue
Herren verdrängt haben, durch Errichtung des Kults — ein rein griechischer Zug. Auch in Naukratis fanden wir den
Gott (Anm. 23); da entsteht die Frage, ob hier nicht ganz stark griechischer Einfluß der führende gewesen ist (s. oben Text.)

29) Belege für Agathodaimon bei Reitzenstein, Gött, Nachr. a. a. 0. 317, 319; auch Poimandres, S. 26 ff., 125 ff.,
s. auch Anm. 26.

30) Edgar, Greek sculpt. (Cat. gön. Caire) Nr. 27 509, pl. XVI. Der Osiris eines römischen Tempels in Schlangenform,
luvenal, Sat. VI, 537—541, oben S. 26, Anm. 8.
 
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