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Weber, Wilhelm; Königliche Museen zu Berlin / Ägyptische Abteilung
Mitteilungen aus der Ägyptischen Sammlung: Text — Berlin, 2.1914

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Kybele (Nr. 284). Dionysos und sein Kreis.

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scheint der Hinweis auf die geometrische Herbheit der frontalsitzenden Figur8). Von dein großen
Typus des 5. Jahrh. weicht nur einzelnes ab: Ihre Füße sind nebeneinander fest aufgesetzt; ihr
Mantel schließt schwer, horizontal ab; der massige Bausch liegt über dem Schoß; hinten ist er
über den Kopf hochgezogen, der Kalathos auf ihn gesetzt. Zwei stehende Löwen, bis zum
Rückenansatz ausgeführt, sind Träger des Thrones. Gerade diese kleinen Differenzen erhöhen
den Eindruck des Feierlichen und erinnern, daß nicht lange, ehe dieser Typus entstand,
die Göttin erst für die Griechen aufhörte, Fremde zu sein. Spricht das Figürchen nicht auch
dafür, daß Timotheos die pessinuntische Göttin in einem attischen Bild den Griechen Ägyptens
zuführte ?9)
284. Kybele. (Tafel 27.)
Berlin 19588. Auf einem Thron mit hoher, horizontaler, hellblauer Rücklehne, dessen
gelbe, seitliche Träger freistehende Löwen (Maul, Augen rot) sind, sitzt Kybele, beide Füße
gleichmäßig aufsetzend, mit langem, gegürteten Chiton mit kurzen Ärmeln und über Knie und
Schoß drapiertem Mantel, der über den Kopf hochgezogen ist und auf die 1. Schulter herab-
hängt. Sie trägt in der L. das Tympanon, in der R. eine geriefelte Schale. Auf dem Kopf
(rotbraune Locken) ein Kalathos.
Rückenplatte angesetzt.
Maß: H. 14,1. — Herkunft: Unbekannt. Durch Dr. Zucker erworben. —- Material: Helleder-
brauner Ton; schwarzer Kern; Farben Weiß, Gelb, Rosa, Rot, Blau. — Erkaltung: An der
r. Seite zerstoßen. — Erwähnt: 2; 170f.
23. Dionysos und sein Kreis (Tafel 27, 28).
Mit den Griechen ist der Dionysoskult weltweit gewandert; wir finden ihn begreiflicher-
weise auch in Ägypten1); bis hinauf nach Meroe sind Gefäße mit dionysischem Schmuck ver-
sandt worden 2). Besonders im Delta, wo die Griechen dichter saßen, fehlt es nicht an ver-
schiedenen Typen des Gottes3). — Ein Nachklang alexandrinischer Plastik ist der lässig ruhende,
jugendliche Gott4), der, weiblich-graziös die Hand auf das bekränzte Haupt legend, in die Ferne

obwohl nicht durchgebrannt, viel besser als der der großen Masse, aber kaum zu entscheiden, ob frühalexandrinisch oder
rein griechisch.
8) Nachdem von Salis (Arch. Jahrb. 1913, 1 ff.) im Anschluß an M. Biebers Gewandstatue (Ath. Mitt. 1912, 159 ff.) die Typen
besprochen hat, verweise ich der Kürze wegen auf seine Darlegungen. Zur Kritik ist hier nicht der Platz. — Am nächsten
kommt als Vergleichsobjekt die Prienische Terrakotte (v. Salis, a. a. 0. S. 9 u. Abb. 5), aus einem „Privathaus". Die
Löwen sind bei unserer noch stärker, nicht Thronbeine, sondern Lehnen, massiger, der Haltbarkeit wegen nicht neben
den Thron gesetzt. Der Fußschemel fehlt; wieviel überragt unsere Terrakotte die von Priene. Ähnlicher Mantelabschluß
Salis a. a. O., Fig. 8, 10.
9) Zu bemerken ist noch, daß die oben zitierten Münzen (Anm. 6) nicht mit der Terrakotte übereinstimmen; 2689
(Taf. XVII) zeigt die Göttin thronend, das r. Bein weit über die Basis vorstreckend (vgl. v. Salis a. a. O., S. 2) und den
r. Arm mit der Schale hinaushebend. Die Löwen sitzen daneben; kein Tympanon; Mantel über den I. Arm drapiert.
4036: die Löwen schreiten daneben; sie streckt den 1. Fuß vor, stützt den 1. Arm auf das Tympanon (vgl. Furtwängler,
Gemmen, Taf. XLIV, 5, auch v. Salis, 1. c. 13f.: „der neue römische Typus“). — Ein Attiskalksteinköpfchen später Zeit,
aus Ägypten stammend, sah ich im Mus. von Konstantinopel.
!) Ich verweise kurz auf Perdrizet, Coll. Fouquet, S. llff.

2) Schaefer, Goldschmiedearbeiten, S. 185 ff.; Perdrizet a. a. O., S. 11.

3) s. vor. Anm. Perdrizet a. a. 0. Rubensohn, Archäol. Anz. 1906, 142. Breccia, Annales du Service VIII, 130 ff.
Reinach, Rep. II, 1, 118, 4.

4) Mehrere Ex. sind bekannt; eins in Heidelberg, Arch. Inst.; ferner Schmidt, Graesk-Aeg. Terr. pl. XXVIII, Fig. 68. —
Zum Gestus vgl. Reinach II, 1, 123; Schreiber, Ludovisi 77. Amelung, Vatikan, Chiaram. 297 vgl. 295; 588 für Apollon Lykeios,
also in alex. Kunst übernommen; vgl. auch die Bacchantin, Perdrizet, Fouquet VIII. Reinach, Pierres gravees pl. 43, 89, 7.
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