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Musikantengruppe (Nr. 324).
5. Musikantengruppe (Tafel 30).
Ein Alter mit einer Gesichtslarve, einem kurzen Rock und einer steifen, vielleicht orien-
talischen Spitzmütze spielt die Syrinx, begleitet sein Geflöte rhythmisch mit Hand und Fuß:
die Sackpfeife und der Tretbalg geben ihre dumpfen, knarrenden Töne dazu; und neben ihm
schlägt ein krummnasiger, verwachsener, nackter Zwerg die kleinen Becken und singt. Das
Durcheinander der Töne klingt an allen Straßen, vor den Schenken, mitten im orientalischen
Großstadtgewühl. Der Bettelpriester und sein bewunderter Zwerg sind Typen, die der reali-
stische Künstler mit viel Geschick festgehalten hat1).
324. Musikantengruppe. (Tafel 30.)
Berlin 8798. Ein nach r. blickender Alter trägt in der L. eine große Syrinx (4 kurze,
6 lange Pfeifen) und drückt mit dem Ellbogen einen Dudelsack in Form einer bauchigen Flasche
in die Hüfte. Während er eben die Syrinx abgesetzt hat, füllt er die Pause, indem er einen
langen, dünnen Schlauch aus der Öffnung des Sackes mit der R. bald kürzer, bald länger
herauszieht. Damit nicht genug: Der 1. Fuß, etwas auswärts gedreht, steht allein still; der r.
dagegen ist auf einen kleinen Brummbaßblasebalg gesetzt. Und dann wird er noch von einem
Zwerg unterstützt, der gleichzeitig die kleinen Becken schlägt und singt. Der Alte trägt eine
Larve mit plumper, krummer Nase, breitem Maul, gefurchter Stirn, abstehenden Ohren, auf
dem Kopf eine in scharfen Längsfalten steif geplättete, hohe Spitzmütze; der Körper ist in
ein weites, hemdartiges Gewand eingehüllt, das von der r. Schulter herabgeglitten ist und bis
über die Knie herabreicht. Vorn rundes, ausgeschnittenes Loch für einzusetzenden, riesigen
Phallos (vgl. 323). Der Zwerg neben ihm hat großen Kopf mit stark zurückfliehender breiter
Stirn, Adlernase, alte Züge; hat langes Glied und ist nackt.
Rückseite: Kein Brennloch. Öse zum Aufhängen.
Maß: H. 16,7 cm. —- Herkunft: Unbekannt. — Material: Rotbrauner Ton. — Erhaltung:
Intakt bis auf kleine Risse und Sprünge. — Arbeit: Der Fugenrand ist unsauber abgeschnitten;
oft paßt die Vorderseite nicht; gleichwohl ausdrucksvolle Arbeit. — Literatur: Ausführl. Ver-
zeichnis2, S. 372. — Erwähnt: 109, 1; 191, 1.
!) Wir kennen ein zweites, fragmentiertes Stück in Karlsruhe H. 721, sicher derselben Fabrik, wohl sogar gleicher
Form entstammend. Die Syrinx ist der Kybele gespielt und ihre Erfindung ihr zugeschrieben, Diodor III, 58,
Daremberg-Saglio IV 2, 1599. Das scabellum, κρούπεζα, κρονπέζιον ist m. E. ganz sicher. Vgl. Daremberg-Saglio IV, 2, 1106,
Fig. 5504; auch Fig. 6142, auch I S. 170, Fig. 149. Vgl. auch für alexandrin. Bereich, Perdrizet, Coll. Fouquet n. 104. —
Die steife, tiaraähnliche Mütze kenne ich für Kybelepriester nicht. Als Mütze der Atargatis Daremberg-Saglio IV, 1591/92.
Ann. Brit. School 1907, p. 190. Macalister, Excav. in Palestine 1900, pl. 83 unten 15. S. 153, n.1 (eher eine Astarte, kaum
ägyptisch). Vielleicht auch Winter, Typ.-Kat. II, 459,7 (Capua), wo ein Tympanonschläger (Metragyrte !) dargestellt ist. In
Ägypten noch Edgar, Greek Moulds pl. XXVI, 32081, die er so wenig wie ich ganz versteht, „female Harpokrates“ ? ?
Dann auch das Figürchen eines Phallischen (auch bei dem unsrigen war der riesige Lampenphallos eingesetzt), der vorn-
über über seinem Glied, das er mit den Händen hält, kauert (Mus. von Arles L. c. 10 cm, graubrauner Ton, dunkelbrauner (?)
Überzug. Nachweis von R. Zahn) und ein fackeltragender Eros in der Slg. Arndt. Es ist somit nicht sicher, auch nicht
nötig zu erweisen, daß es Kybelepriester sind, da Ägypter nicht allein für sie betteln gingen: Άγύρτατ παρά τοΐς αρχαίους [οί]
τά χρήματα άγείροντες έαντοΐς όνόμασι δαιμόνων οΤον Ρέας και τών λοιπών (Et. Gud. ed. Stefani fasc. I 18, 26). Vgl. auch oben
S. 78. „Metragyrten“gruppen sind bekannt: Robert, Masken 66,1, S. 67 unten, dem ich die „Gesichtslarven“ verdanke,
auch Rodenwald-Bieber, Arch. Jahrbuch 1911, l ff., Abb. 1; vgl. Abb. 5.
Musikantengruppe (Nr. 324).
5. Musikantengruppe (Tafel 30).
Ein Alter mit einer Gesichtslarve, einem kurzen Rock und einer steifen, vielleicht orien-
talischen Spitzmütze spielt die Syrinx, begleitet sein Geflöte rhythmisch mit Hand und Fuß:
die Sackpfeife und der Tretbalg geben ihre dumpfen, knarrenden Töne dazu; und neben ihm
schlägt ein krummnasiger, verwachsener, nackter Zwerg die kleinen Becken und singt. Das
Durcheinander der Töne klingt an allen Straßen, vor den Schenken, mitten im orientalischen
Großstadtgewühl. Der Bettelpriester und sein bewunderter Zwerg sind Typen, die der reali-
stische Künstler mit viel Geschick festgehalten hat1).
324. Musikantengruppe. (Tafel 30.)
Berlin 8798. Ein nach r. blickender Alter trägt in der L. eine große Syrinx (4 kurze,
6 lange Pfeifen) und drückt mit dem Ellbogen einen Dudelsack in Form einer bauchigen Flasche
in die Hüfte. Während er eben die Syrinx abgesetzt hat, füllt er die Pause, indem er einen
langen, dünnen Schlauch aus der Öffnung des Sackes mit der R. bald kürzer, bald länger
herauszieht. Damit nicht genug: Der 1. Fuß, etwas auswärts gedreht, steht allein still; der r.
dagegen ist auf einen kleinen Brummbaßblasebalg gesetzt. Und dann wird er noch von einem
Zwerg unterstützt, der gleichzeitig die kleinen Becken schlägt und singt. Der Alte trägt eine
Larve mit plumper, krummer Nase, breitem Maul, gefurchter Stirn, abstehenden Ohren, auf
dem Kopf eine in scharfen Längsfalten steif geplättete, hohe Spitzmütze; der Körper ist in
ein weites, hemdartiges Gewand eingehüllt, das von der r. Schulter herabgeglitten ist und bis
über die Knie herabreicht. Vorn rundes, ausgeschnittenes Loch für einzusetzenden, riesigen
Phallos (vgl. 323). Der Zwerg neben ihm hat großen Kopf mit stark zurückfliehender breiter
Stirn, Adlernase, alte Züge; hat langes Glied und ist nackt.
Rückseite: Kein Brennloch. Öse zum Aufhängen.
Maß: H. 16,7 cm. —- Herkunft: Unbekannt. — Material: Rotbrauner Ton. — Erhaltung:
Intakt bis auf kleine Risse und Sprünge. — Arbeit: Der Fugenrand ist unsauber abgeschnitten;
oft paßt die Vorderseite nicht; gleichwohl ausdrucksvolle Arbeit. — Literatur: Ausführl. Ver-
zeichnis2, S. 372. — Erwähnt: 109, 1; 191, 1.
!) Wir kennen ein zweites, fragmentiertes Stück in Karlsruhe H. 721, sicher derselben Fabrik, wohl sogar gleicher
Form entstammend. Die Syrinx ist der Kybele gespielt und ihre Erfindung ihr zugeschrieben, Diodor III, 58,
Daremberg-Saglio IV 2, 1599. Das scabellum, κρούπεζα, κρονπέζιον ist m. E. ganz sicher. Vgl. Daremberg-Saglio IV, 2, 1106,
Fig. 5504; auch Fig. 6142, auch I S. 170, Fig. 149. Vgl. auch für alexandrin. Bereich, Perdrizet, Coll. Fouquet n. 104. —
Die steife, tiaraähnliche Mütze kenne ich für Kybelepriester nicht. Als Mütze der Atargatis Daremberg-Saglio IV, 1591/92.
Ann. Brit. School 1907, p. 190. Macalister, Excav. in Palestine 1900, pl. 83 unten 15. S. 153, n.1 (eher eine Astarte, kaum
ägyptisch). Vielleicht auch Winter, Typ.-Kat. II, 459,7 (Capua), wo ein Tympanonschläger (Metragyrte !) dargestellt ist. In
Ägypten noch Edgar, Greek Moulds pl. XXVI, 32081, die er so wenig wie ich ganz versteht, „female Harpokrates“ ? ?
Dann auch das Figürchen eines Phallischen (auch bei dem unsrigen war der riesige Lampenphallos eingesetzt), der vorn-
über über seinem Glied, das er mit den Händen hält, kauert (Mus. von Arles L. c. 10 cm, graubrauner Ton, dunkelbrauner (?)
Überzug. Nachweis von R. Zahn) und ein fackeltragender Eros in der Slg. Arndt. Es ist somit nicht sicher, auch nicht
nötig zu erweisen, daß es Kybelepriester sind, da Ägypter nicht allein für sie betteln gingen: Άγύρτατ παρά τοΐς αρχαίους [οί]
τά χρήματα άγείροντες έαντοΐς όνόμασι δαιμόνων οΤον Ρέας και τών λοιπών (Et. Gud. ed. Stefani fasc. I 18, 26). Vgl. auch oben
S. 78. „Metragyrten“gruppen sind bekannt: Robert, Masken 66,1, S. 67 unten, dem ich die „Gesichtslarven“ verdanke,
auch Rodenwald-Bieber, Arch. Jahrbuch 1911, l ff., Abb. 1; vgl. Abb. 5.