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Frisuren.
gedrehter Zopf. 3919) gekreptes, breit abstehendes Haar und einen Knoten mit flacher Zopf-
schleife. Haarpfeil. Rückseite: Tellerartig gelegter Zopf.
IV. 389, die Stirn umrahmend, auf dem gescheitelten Haar eine dicke Perlenkette10). Kranz
von breiten Flechten über dem Kopf. Ein starker Zopf vom Nacken steil nach vorn eingerollt
(künstliches Haar nötig).
V. a) Kränze mit Blättern, Früchten, Bändern11) auf dem gescheitelten, welligen Haar.
Runder flacher Knoten im Nacken. Tracht12) 377: Das feiste Dämchen will in seiner vollen Toilette
bewundert sein. In dieser Positur sieht man oft heute noch die südlichen Schönen Beifall
hejschend nach dem heißen Tanz. Über dem lockenden, sich anschmiegenden Gewand13) zwei
auf der Brust gekreuzte Ketten14), um die Schultern ein Schal15), den sie kokett mit der 1. Hand
von hinten her nachzieht. Die erhobene R. hält einen runden Fächer16). — b) 378, Zierlich ge-
branntes, gescheiteltes Haar17) (ähnlich wie 375), im Nacken ein schwerer Knoten, den sie mit
einem Pfeil befestigt18). Faltiges Gewand. Zwei Ketten um den Hals. Die Dame 373 sitzt auf
rohrstuhlartigem Sessel, streichelt das Hündchen auf ihrem Schoß und steckt einen Pfeil ins Haar
(wie 378). Über dem langen Gewand ein vor der Brust geknoteter Schal.
In technischer Beziehung sind die meisten Stücke Durchschnittsware, die mit der gleich-
artigen Masse der übrigen in die Jahrhunderte der Kaiserzeit gehören. Sorgsamer ist die Ausfüh-
rung z. B. bei 37619), 37820), 390, besonders bei 388, das durch seine Zierlichkeit auffällt. Merk
würdigerweise sind die Köpfchen Gr. I—IV unter den Halsfalten abgeschnitten und geschlossen;
sie können also nicht Fragmente von Statuetten sein wie Gr. V, sondern sind selbständige Stücke.
Worin sind nun all diese Verschiedenheiten begründet? Gewiß muß man mit einer Unzahl
von Handwerkern und Fabriken, mit dem Geschmack aller möglichen Schichten rechnen; indes,
so tiefgreifende Unterschiede der Haartracht und damit auch der ästhetischen Gesamterscheinung
lassen sich wohl nur aus zeitlichen Differenzen erklären. Wie aber Anhaltspunkte für die Datie-
rung unserer Stücke finden? — Mächtige und außerordentlich komplizierte Perücken tragen die
Frauen schon im Ägypten des Neuen Reichs21), zierliche Flechten, hochgetürmte Ringlöckchen, kunst-
voll aufgesteckte Zöpfe, dann rokokohaft-gezierte Frisuren findet man auch in der archaischen
und reifen Kunst Griechenlands22). Direkte Vergleichsmöglichkeiten für unsere Köpfchen bieten
9) Vgl. d. verschlungenen Zöpfe Schmidt, a. a. O. pl. XLIII, Fig. 116; einfacher Gayet, a. a. O. pl. IV, 2, 3.
10) Perlenkette um den Knoten gelegt: Schmidt, a. a. 0. pl. XLIX, Fig. 121; Band statt Kette: Petrie a. a. O.
pl. XLIX, 93; ähnlich Gayet, a. a. 0. pl. IV, 4, 1; Zöpfe um den Kopf, auch in Hildesheim.
!!) Vgl. zu 375 Schmidt, Graesk-Aeg. Terr. pl. XLIII, Fig. 119, ähnlich pl. XLIV, Fig. 120.
12) Vgl. für d. Tracht: 4 Stücke in Hildesheim.
13) Vgl. oben zu Nr. 365 Perdrizet, Bronzes zus. Taf. XXIX, Taf. XXXIII.
14) Gleiche Ketten hierselbst Taf. 20, 23, und auf nacktem Körper auf einem Stück in Hildesheim.
15) Vgl. oben Tafel 23. 16) Nicht „Klapper“, wie Schreiber, Schukafa S. 222 will.
17) Vgl. Hildesheim 571, und ein Stück der Slg. Arndt.
18) S. oben Anm. 5. Man könnte bei ihr auch an die Tänzerin (zu 377) vor dem Auftreten denken; denn, wenn sie
sich erst die Kränze aufgesetzt hat, sieht sie aus wie jene.
19) An diesem Stücke sieht man auch deutliche Reste der Bemalung (Spuren auch bei 373, 377, 387), wie sie wohl bei
allen ursprünglich vorhanden war, vgl. auch Schmidt, Graesk-Aeg. Terr. pl. XLIII.
2°) Hier (auch bei 384), in anderen Sammlungen, z. B. Schmidt, Graesk-Aeg. Terr. pl. XLIII, Fig. 119, pl. XLIV, Fig. 122,
Hildesheim 571 sind die Augensterne ausmodelliert; vgl. aber auch Abb. 109. Im allgemeinen half man sich durch Farbe,
s. Anm. 19. Zum Teil sind sogar nur die Augenhöhlen modelliert (z. B. 385, 386, 390). Darum ist kaum mit Riegl, Spät-
römische Kunstindustrie 122, der in seiner Fig. 45 (kopt. Grabstein) die gleiche Erscheinung für viel spätere Zeit beobachtet
und sich von Denkmälern aus ägyptischen Museen eine Lösung dieser Tatsache verspricht, ein Stilprinzip darin zu sehen.
Denn gerade die Stücke Taf. 23 zeigen, wie riesige Augen man in der koptischen Zeit zu malen gewohnt blieb.
21) Vgl. Erman, Ägypten I, S. 308/09.
22) Frisur mit Ringlöckchen, Korkziehern: Berlin, Antiquarium, Terr. Inv. 6628. Schnecken u. Kalathos Berlin, Terr.
Inv. 6861 (5. Jahrh.). Haarschleifen Berlin, Terr. Inv. 4880 (aus Kleinasien); vgl. auch die komplizierten Frisuren Stackel-
beig, Taf. 75 u. 76 (Fundort Athen).
Frisuren.
gedrehter Zopf. 3919) gekreptes, breit abstehendes Haar und einen Knoten mit flacher Zopf-
schleife. Haarpfeil. Rückseite: Tellerartig gelegter Zopf.
IV. 389, die Stirn umrahmend, auf dem gescheitelten Haar eine dicke Perlenkette10). Kranz
von breiten Flechten über dem Kopf. Ein starker Zopf vom Nacken steil nach vorn eingerollt
(künstliches Haar nötig).
V. a) Kränze mit Blättern, Früchten, Bändern11) auf dem gescheitelten, welligen Haar.
Runder flacher Knoten im Nacken. Tracht12) 377: Das feiste Dämchen will in seiner vollen Toilette
bewundert sein. In dieser Positur sieht man oft heute noch die südlichen Schönen Beifall
hejschend nach dem heißen Tanz. Über dem lockenden, sich anschmiegenden Gewand13) zwei
auf der Brust gekreuzte Ketten14), um die Schultern ein Schal15), den sie kokett mit der 1. Hand
von hinten her nachzieht. Die erhobene R. hält einen runden Fächer16). — b) 378, Zierlich ge-
branntes, gescheiteltes Haar17) (ähnlich wie 375), im Nacken ein schwerer Knoten, den sie mit
einem Pfeil befestigt18). Faltiges Gewand. Zwei Ketten um den Hals. Die Dame 373 sitzt auf
rohrstuhlartigem Sessel, streichelt das Hündchen auf ihrem Schoß und steckt einen Pfeil ins Haar
(wie 378). Über dem langen Gewand ein vor der Brust geknoteter Schal.
In technischer Beziehung sind die meisten Stücke Durchschnittsware, die mit der gleich-
artigen Masse der übrigen in die Jahrhunderte der Kaiserzeit gehören. Sorgsamer ist die Ausfüh-
rung z. B. bei 37619), 37820), 390, besonders bei 388, das durch seine Zierlichkeit auffällt. Merk
würdigerweise sind die Köpfchen Gr. I—IV unter den Halsfalten abgeschnitten und geschlossen;
sie können also nicht Fragmente von Statuetten sein wie Gr. V, sondern sind selbständige Stücke.
Worin sind nun all diese Verschiedenheiten begründet? Gewiß muß man mit einer Unzahl
von Handwerkern und Fabriken, mit dem Geschmack aller möglichen Schichten rechnen; indes,
so tiefgreifende Unterschiede der Haartracht und damit auch der ästhetischen Gesamterscheinung
lassen sich wohl nur aus zeitlichen Differenzen erklären. Wie aber Anhaltspunkte für die Datie-
rung unserer Stücke finden? — Mächtige und außerordentlich komplizierte Perücken tragen die
Frauen schon im Ägypten des Neuen Reichs21), zierliche Flechten, hochgetürmte Ringlöckchen, kunst-
voll aufgesteckte Zöpfe, dann rokokohaft-gezierte Frisuren findet man auch in der archaischen
und reifen Kunst Griechenlands22). Direkte Vergleichsmöglichkeiten für unsere Köpfchen bieten
9) Vgl. d. verschlungenen Zöpfe Schmidt, a. a. O. pl. XLIII, Fig. 116; einfacher Gayet, a. a. O. pl. IV, 2, 3.
10) Perlenkette um den Knoten gelegt: Schmidt, a. a. 0. pl. XLIX, Fig. 121; Band statt Kette: Petrie a. a. O.
pl. XLIX, 93; ähnlich Gayet, a. a. 0. pl. IV, 4, 1; Zöpfe um den Kopf, auch in Hildesheim.
!!) Vgl. zu 375 Schmidt, Graesk-Aeg. Terr. pl. XLIII, Fig. 119, ähnlich pl. XLIV, Fig. 120.
12) Vgl. für d. Tracht: 4 Stücke in Hildesheim.
13) Vgl. oben zu Nr. 365 Perdrizet, Bronzes zus. Taf. XXIX, Taf. XXXIII.
14) Gleiche Ketten hierselbst Taf. 20, 23, und auf nacktem Körper auf einem Stück in Hildesheim.
15) Vgl. oben Tafel 23. 16) Nicht „Klapper“, wie Schreiber, Schukafa S. 222 will.
17) Vgl. Hildesheim 571, und ein Stück der Slg. Arndt.
18) S. oben Anm. 5. Man könnte bei ihr auch an die Tänzerin (zu 377) vor dem Auftreten denken; denn, wenn sie
sich erst die Kränze aufgesetzt hat, sieht sie aus wie jene.
19) An diesem Stücke sieht man auch deutliche Reste der Bemalung (Spuren auch bei 373, 377, 387), wie sie wohl bei
allen ursprünglich vorhanden war, vgl. auch Schmidt, Graesk-Aeg. Terr. pl. XLIII.
2°) Hier (auch bei 384), in anderen Sammlungen, z. B. Schmidt, Graesk-Aeg. Terr. pl. XLIII, Fig. 119, pl. XLIV, Fig. 122,
Hildesheim 571 sind die Augensterne ausmodelliert; vgl. aber auch Abb. 109. Im allgemeinen half man sich durch Farbe,
s. Anm. 19. Zum Teil sind sogar nur die Augenhöhlen modelliert (z. B. 385, 386, 390). Darum ist kaum mit Riegl, Spät-
römische Kunstindustrie 122, der in seiner Fig. 45 (kopt. Grabstein) die gleiche Erscheinung für viel spätere Zeit beobachtet
und sich von Denkmälern aus ägyptischen Museen eine Lösung dieser Tatsache verspricht, ein Stilprinzip darin zu sehen.
Denn gerade die Stücke Taf. 23 zeigen, wie riesige Augen man in der koptischen Zeit zu malen gewohnt blieb.
21) Vgl. Erman, Ägypten I, S. 308/09.
22) Frisur mit Ringlöckchen, Korkziehern: Berlin, Antiquarium, Terr. Inv. 6628. Schnecken u. Kalathos Berlin, Terr.
Inv. 6861 (5. Jahrh.). Haarschleifen Berlin, Terr. Inv. 4880 (aus Kleinasien); vgl. auch die komplizierten Frisuren Stackel-
beig, Taf. 75 u. 76 (Fundort Athen).