250
Lichthäuschen (Nr. 462).
nur einzelne von ihnen sind gleichzeitig mit Füßchen versehen. Wiederholt begegnet der recht-
eckige Grundriß — unter den mir bekannten ist unsere 462 mit seiner sorgfältigen Bemalung
das beste — ein Kiosk griechischen Stils mit Gitterwerk zwischen den Säulen und sehr hoher Tür:
erinnert er nicht an das freilich etwas reicher gestaltete Tempelchen der Aphrodite Zephyritis3)?
Dann wieder Rundbauten mit Kegeldach und einer Maske als Türfüllung, oder mit einer steilen
Kuppel4); ein Quaderbau mit einem flachen, fast glockenförmigen Schuppendach, unter dessen
Sims ein starker Zahnschnitt, über der Tür ein ägyptischer Uräusfries: wo so zwei Motive kombiniert
werden, brauchten wir keine Beweise, daß alle dargestellten Formen in Ägypten gewöhnliche Bau-
typen gewesen sind, kleine Kapellen, Gartenhäuser, Kuppelbauten5), wie auch die Bilder der ägyp-
tisch-hellenistischen Landschaftsmalerei sie kennen. Begegnen uns aber gar Nachbildungen von
Turmhäusern6), vom Pharos7), so liegt es doch nahe, zuerst an die Lichthäuschen für den Gebrauch
der Lebenden, dann erst der Toten, zu denken8). So müssen wir, wenn wir auch wissen, daß wie
in alter Zeit9) auch in der hellenistischen Epoche große Grabbauten mannigfaltigster Art auf den
Gräbern der Reichen und Vornehmen erstanden, doch zunächst an die Bauten der Götter und
lebenden Menschen denken, die hier motivisch verwertet wurden, dann erst der Toten, für die,
genau wie in alter Zeit, auch jetzt die Häuser der Lebenden Vorbilder wurden10). Darin stört
uns nicht, daß mit den Lichthäuschen dekorativ-figürlicher Schmuck verbunden vorkommt:
Masken, Fackeln, Eroten, die Türe flankierend, Artemis-, Dionysos-, Harpokrates-, Eros-, Athena-
büsten in der Türe des„Naos". Wer sich erinnert, daß Athena-Neith alljährlich im ganzen Land ein
Lampenfest gefeiert wurde, wird sich nicht wundern, ihr hier zu begegnen; vielmehr mag er gerade
darin, daß diese Götter als Naosbesitzer auftraten, den Hinweis sehen, daß man zu ihren Ehren
das mit ihrem Bild geschmückte Lämpchen brannte an ihren Festen.
462. Pavillon. Lichthäuschen. (Tafel 41).
Berlin 14990. Niedrige, quadratische Basis; an deren Ecken vier kannellierte Säulen mit Blatt-
kelch, glattes Epistyl, Triglyphenfries, flaches Giebeldach. Auf dem First Knauf zum Aufhängen.
Vorn breite Tür mit Hohlkehlensturz, in den Interkolumnien seitlich und hinten Gitterwerk. Be-
malung: weißer Grund vorn; Türeinfassung okergelb, Triglyphen hellblau, Giebelfeld braunrot.
Neben-Gitterwerk zinnoberrot. Helles Rot am unteren Triglyphenstab. Hinten: Säulen, Rahmen
des Gitterwerks gelb, zwischen beiden schwarzer Grund, Gitter hellblau, braunroter Streifen Ab-
3) Springer-Michaelis9 388, Fig. 7f3. Parallelen bei Petrie, Ehnäs LIl Α., 157, 155; 155 A. Löschcke, a. a. O.Taf. XXXVI, 3.
Schmidt, Graesk-Aeg. Terr. p] LII, Fig. 154: ein Tempelchen der Athena-Neith, vor dessen Eingang — übliches Schema —
zwei Sphingen lagern. — Parallel diesem der Kiosk mit dem flachen Tonnendach im Mischstil, Löschcke a. a.O. Taf. XXXVI, 1,4,
den ich „Hermestempel“ S· 26 behandelt habe. — Interessant als Typ ist Schmidt, Graesk-Aeg. Terr. LII, Fig. 155, ein sehr
steiler Bogengiebel in griechischer Tür, den eine Isis- und Harpokrates(?)büste füllen.
4) Besonders schön Karlsruhe H. 835 = Löschcke 399, Fig. 16; ferner Hilton Price Coll. 3278, das Stück aus Eretria
bei Amelung, Österr. Jahresh. 1909, 177, Fig. 87, dazu Pfuhl (Anm. 1).
5) Vgl. das Haus hinter dem Sobktempelchen auf dem Bildchen bei Springer-Michaelis9 370, Fig. 674; nichts weist da
auf einen Grabbau hin.
6) S. 252ff., Nr. 467.
7) Löschcke a. a. 0. Taf. XXXII, Nr. 5.
8) Nirgends werden die Zweifel, die man Gayets Fund gegenüber hat, so stark wie hier. War der Fund intakt, warum
soll das Kind vor dem Lichthaus sitzen? Dem dazu noch das Lämpchen fehlt? Könnte das überhaupt gebrannt haben?
Unsere 47 zeigt das gleiche Kind im Tempelchen! — Selbst wenn alle Zweifel schwinden müssen, ist meine Behauptung richtig.
Die Anm. 3 genannten Petrieschen Stücke stammen aus Häusern.
9) Z. B. Maspero, Archeol. eg.2 148, Fig. 150, 151.
10) Nichts beweist dies so sehr — und darum kann ich mir Materialhäufung ersparen —, wie die genaue Nachbildung
der großen Heiligtümer und Kapellen des Mischstils im Grab von Schukafa, was ich in meinem „Hermestempel“ auseinander-
gesetzt habe. S. auch Thierschs Untersuchung über die alexandrinische Königsnekropole im Arch. Jahrbuch 1910.
Lichthäuschen (Nr. 462).
nur einzelne von ihnen sind gleichzeitig mit Füßchen versehen. Wiederholt begegnet der recht-
eckige Grundriß — unter den mir bekannten ist unsere 462 mit seiner sorgfältigen Bemalung
das beste — ein Kiosk griechischen Stils mit Gitterwerk zwischen den Säulen und sehr hoher Tür:
erinnert er nicht an das freilich etwas reicher gestaltete Tempelchen der Aphrodite Zephyritis3)?
Dann wieder Rundbauten mit Kegeldach und einer Maske als Türfüllung, oder mit einer steilen
Kuppel4); ein Quaderbau mit einem flachen, fast glockenförmigen Schuppendach, unter dessen
Sims ein starker Zahnschnitt, über der Tür ein ägyptischer Uräusfries: wo so zwei Motive kombiniert
werden, brauchten wir keine Beweise, daß alle dargestellten Formen in Ägypten gewöhnliche Bau-
typen gewesen sind, kleine Kapellen, Gartenhäuser, Kuppelbauten5), wie auch die Bilder der ägyp-
tisch-hellenistischen Landschaftsmalerei sie kennen. Begegnen uns aber gar Nachbildungen von
Turmhäusern6), vom Pharos7), so liegt es doch nahe, zuerst an die Lichthäuschen für den Gebrauch
der Lebenden, dann erst der Toten, zu denken8). So müssen wir, wenn wir auch wissen, daß wie
in alter Zeit9) auch in der hellenistischen Epoche große Grabbauten mannigfaltigster Art auf den
Gräbern der Reichen und Vornehmen erstanden, doch zunächst an die Bauten der Götter und
lebenden Menschen denken, die hier motivisch verwertet wurden, dann erst der Toten, für die,
genau wie in alter Zeit, auch jetzt die Häuser der Lebenden Vorbilder wurden10). Darin stört
uns nicht, daß mit den Lichthäuschen dekorativ-figürlicher Schmuck verbunden vorkommt:
Masken, Fackeln, Eroten, die Türe flankierend, Artemis-, Dionysos-, Harpokrates-, Eros-, Athena-
büsten in der Türe des„Naos". Wer sich erinnert, daß Athena-Neith alljährlich im ganzen Land ein
Lampenfest gefeiert wurde, wird sich nicht wundern, ihr hier zu begegnen; vielmehr mag er gerade
darin, daß diese Götter als Naosbesitzer auftraten, den Hinweis sehen, daß man zu ihren Ehren
das mit ihrem Bild geschmückte Lämpchen brannte an ihren Festen.
462. Pavillon. Lichthäuschen. (Tafel 41).
Berlin 14990. Niedrige, quadratische Basis; an deren Ecken vier kannellierte Säulen mit Blatt-
kelch, glattes Epistyl, Triglyphenfries, flaches Giebeldach. Auf dem First Knauf zum Aufhängen.
Vorn breite Tür mit Hohlkehlensturz, in den Interkolumnien seitlich und hinten Gitterwerk. Be-
malung: weißer Grund vorn; Türeinfassung okergelb, Triglyphen hellblau, Giebelfeld braunrot.
Neben-Gitterwerk zinnoberrot. Helles Rot am unteren Triglyphenstab. Hinten: Säulen, Rahmen
des Gitterwerks gelb, zwischen beiden schwarzer Grund, Gitter hellblau, braunroter Streifen Ab-
3) Springer-Michaelis9 388, Fig. 7f3. Parallelen bei Petrie, Ehnäs LIl Α., 157, 155; 155 A. Löschcke, a. a. O.Taf. XXXVI, 3.
Schmidt, Graesk-Aeg. Terr. p] LII, Fig. 154: ein Tempelchen der Athena-Neith, vor dessen Eingang — übliches Schema —
zwei Sphingen lagern. — Parallel diesem der Kiosk mit dem flachen Tonnendach im Mischstil, Löschcke a. a.O. Taf. XXXVI, 1,4,
den ich „Hermestempel“ S· 26 behandelt habe. — Interessant als Typ ist Schmidt, Graesk-Aeg. Terr. LII, Fig. 155, ein sehr
steiler Bogengiebel in griechischer Tür, den eine Isis- und Harpokrates(?)büste füllen.
4) Besonders schön Karlsruhe H. 835 = Löschcke 399, Fig. 16; ferner Hilton Price Coll. 3278, das Stück aus Eretria
bei Amelung, Österr. Jahresh. 1909, 177, Fig. 87, dazu Pfuhl (Anm. 1).
5) Vgl. das Haus hinter dem Sobktempelchen auf dem Bildchen bei Springer-Michaelis9 370, Fig. 674; nichts weist da
auf einen Grabbau hin.
6) S. 252ff., Nr. 467.
7) Löschcke a. a. 0. Taf. XXXII, Nr. 5.
8) Nirgends werden die Zweifel, die man Gayets Fund gegenüber hat, so stark wie hier. War der Fund intakt, warum
soll das Kind vor dem Lichthaus sitzen? Dem dazu noch das Lämpchen fehlt? Könnte das überhaupt gebrannt haben?
Unsere 47 zeigt das gleiche Kind im Tempelchen! — Selbst wenn alle Zweifel schwinden müssen, ist meine Behauptung richtig.
Die Anm. 3 genannten Petrieschen Stücke stammen aus Häusern.
9) Z. B. Maspero, Archeol. eg.2 148, Fig. 150, 151.
10) Nichts beweist dies so sehr — und darum kann ich mir Materialhäufung ersparen —, wie die genaue Nachbildung
der großen Heiligtümer und Kapellen des Mischstils im Grab von Schukafa, was ich in meinem „Hermestempel“ auseinander-
gesetzt habe. S. auch Thierschs Untersuchung über die alexandrinische Königsnekropole im Arch. Jahrbuch 1910.