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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 28.1913-1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.31172#0068

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MODERNE KUNST.





einen weiteren Schmuck in Gestalt einer kleinen Uhr angebracht, so
daß die Schönen, um die Zeit zu erfahren, mit graziöser Be-
wegung nur ein wenig den Rock zu raffen brauchen; ein
flüchtiger Blick auf den Schuh sagt ihnen, wie spät es ist.
Natürlich ist auch diese allerneueste Mode zunächst nur
den Damen der ersten Gesellschaftskreise Vorbehalten
da der Preis für diese raffinierte Fußbekleidung bei
geschmackvoller und künstlerischer Ausführung nicht
gering ist. r.
Vom Blumenkorso in Jersey. Die kleine
Kanalinsel Jersey, die an der Nordwestküste Frank-
reichs gelegen ist, aber zu England gehört, ist ein
wirkliches Paradies. Sie besitzt ein mildes Klima, und
dank dem Golfstrom ist die Vegetation so üppig, daß
man sich beinahe in ein Tropenland versetzt glaubt,
wenn man nicht wüßte, daß man sich inmitten des Ärmel-
kanals befindet und sowohl London wie Paris in wenigen
Stunden erreichen kann. Der größte Vorzug Jerseys ist
aber vielleicht, daß es hier weder Steuern noch Zölle gibt;
die kleinen Nadelstiche unserer Kultur, genannt Zollplackereien,
bekommt man erst wieder zu kosten, wenn man an der französi-
schen oder der englischen Küste landet. Für viele Londoner ist
Jersey im Laufe der Zeit zu einem beliebten Ausflugsort geworden,
und ein Sommermonat auf der lieblichen Insel oder gar nur ein
paar Tage zählen für viele Engländer zu jenen Annehmlichkeiten des Lebens,
die sie nicht entbehren mögen. Das Wasser ist an den Küsten Jerseys so warm,
daß noch bis in den Herbst hinein lebhaftes Badeleben herrscht, zumal die
Sonne ihre Strahlen in schier verschwenderischer Fülle auf Jersey hinabscheinen
läßt. Kein Wunder, daß auf der Insel auch eifrig Sport getrieben wird, und daß

Der Uhrenschuh.
Phot. Berliner Illustrations-Ges.

Vom Blumenkorso in Jersey.

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in den Sommermonaten ein lustiges gesellschaftliches Leben und Treiben die
Badegäste aus England und Frankreich vereint. Allerlei amüsante Veranstaltungen
wie Tanz-Reunions, Blumenkorsos, Sportfeste und Regatten sorgen dafür, daß es
den Gästen, die ihr gutes Geld auf die Insel tragen, nicht an Zerstreuung fehlt.
Vor allem die Blumenkorsos bieten Gelegenheit, die reichhaltige Flora Jerseys
auszunutzen, denn viele Blumen, die anderwärts in Gärten oder gar
Treibhäusern sorgsam gepflegt werden, wie Fuchsien, Goldlack,
Levkoyen usw., wachsen hier wild und warten nur der Lland,
die sie pflückt.
*
Das Of fiziers - Lawn - Tennis - Turnier in
Homburg vor der Höhe, das seit einer Reihe von
Jahren zu einer ständigen Einrichtung im deutschen
Lawn-Tennis - Sport geworden ist, hatte auch in
diesem Jahre einen hübschen Erfolg. Die fünf
Wettbewerbe, die auf dem Programm standen,
wiesen durchweg eine gute Besetzung auf, und in
allen Spielen gab es interessante Kämpfe. Das
Hauptaugenmerk richtete sich naturgemäß auf das
Einzelspiel um den Kaiserpreis, die wertvollste
Trophäe des Turniers. Allerdings hatte es der
Sieger in dieser Konkurrenz, Leutnant Daub, nicht
allzu schwer, sich bis zur Schlußrunde durchzukämpfen;
hier traf er auf Oberleutnant Lesser, den er in drei Sätzen
glatt schlug. Abgesehen von Hauptmann O. von Müller
und Leufnant C. Lange, die beide bekanntlich früher schon
den Kaiserpreis gewonnen haben, ist Leutnant Daub zweifellos

unser stärkster Offizierspieler. War er im Einzelspiel erfolgreich,
so mußte er sich im Doppelspiel, zusammen mit Leutnant Spiel-
berg, mit dem zweiten Platze begnügen, da sich das Paar
Leutnant Bartels—Leutnant von Wilm in der Schlußrunde
überlegen zeigte. Sehr harte Kämpfe gab es auch in den
drei Vorgabewettspielen, obwohl die Arbeit des Aus-
gleichers hier im Hinblick auf die nicht immer genau
bekannte Spielstärke der Teilnehmer recht schwierig
war. Die Leitung des Turniers lag wie in früheren
Jahren in den Händen der Herren Generalleutnant von
König und Kurdirektor Graf Zeppelin; der gesellschaft-
liche Erfolg der Veranstaltung, zu dem die landschaft-
lichen Reize des anmutigen Homburg wohl auch das
Ihrige beitrugen, stand dem sportlichen keineswegs
nach. Die gezeigten Leistungen ließen deutlich er-
kennen, daß das Lawn-Tennis unter unsern Offizieren
im letzten Jahre weitere Fortschritte gemacht hat, und
daß dieses schöne Spiel in Offizierskreisen immer mehr
Anklang findet. e.
;t:
Neueste amerikanische Sch 1 eiermode. Eine neue Mode-
torheit ist über den Ozean zu uns gekommen, ohne sich jedoch
bisher durchzusetzen. Sie hat aber ihren Ursprung im Orient. Den
amerikanischen Damen genügte der gewöhnliche Schleier nicht
mehr, der ja schon viel von seinem eigentlichen Zweck —
sollte er doch lediglich ein Zeichen der Sittsamkeit und Frauenwürde, ein
Symbol frommer Keuschheit und Demut sein — verloren hat. Es sei hier
nur an den Brautschleier er-
innert. Nach und nach sank
der Schleier, nachdem er eine
ganzeMenge Variationen durch-
gemacht hatte, zum einfachen
praktischen Toilettenstück her-
ab, das man nach Belieben
benutzte, um etwa vorhandene
Schönheitsfehler zu verbergen
oder aber auch gewisse Reize
pikanter erscheinen zu lassen.
Da trieb oft die Laune der
Mode ganz eigenartige Blüten.
Bald wurde das Netzwerk
der Schleier mit Gold- und
Silberfäden durchwoben, bald
mit Tupfen und Sternen ge-
schmückt, bald mit farbigen
Bändern umrandet oder gar,
wie dies kürzlich bei den viel-
geschmähten Maskenschleiern
der Fall war, mit allem mög-
lichen Ranken- und Blumen-
werk verziert, so daß das dar-
unter verhüllte Antlitz zuweilen
geradezu entstellt wurde. Na-
türlich hat sich die Mode nie-
mals darum gesorgt, ob die
von ihr geschaffenen Schleier
den Augen ihrer Trägerinnen Schaden bringen könnten oder nicht. Jetzt hat die
Schleiermode des seit Jahrhunderten von den Mohammedanerinnen
getragenen Nasenschleiers bei der amerikanischen Damenwelt
schon regen Beifall gefunden. Die Frauen des Morgenlandes
hüllen noch heute ihre ganze Gestalt in dichte Schleier-
tücher; nur im Hause ist ihnen erlaubt, dünne, mit Gold
und Perlen durchwirkte Schleier anzulegen, die vom
Fez oder Turban herabwehen und das Gesicht frei-
lassen, solange kein Mann in der Nähe ist. So dürfen
die Türkinnen bekanntlich niemals vor Männer un-
verschleiert erscheinen, höchstens -vor dem Gatten,
Vater oder Bruder; sie müssen das Haupt ständig
mit einem feinen Gazeschleier umwinden, der sich
nur in Augenhöhe zu schmalem Spalte öffnet. Man
rühmt dem sogenannten Nasenschleier, der nur die
Augen seiner Trägerin freigibt, nach, daß er vor
allem den Teint schone und dabei doch recht pikant
wirken könne. Natürlich wird sich diese neueste
Schleiermode dauernd kaum behaupten können, denn
amerikanische und europäische Frauen sind keine Orien-
talinnen, sondern werden ihre Züge bald wieder zeigen
wollen, nachdem sie eine Zeitlang diese Halb-Masken ge-
tragen haben. G.

Die Mode des türkischen Schleiers.
Phot. Berl. Illustrat.-Ges., Berlin.

Leutnant Daub, Gewinner des
Ilomburger Kaiserpreises.
Phot. Carl Kreh, Bad Homburg.
 
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