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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 28.1913-1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.31172#0101

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BEILAGE ZUR „MODERNEN KUNST“.



Mit nicht geringerem Inter-
esse durchwanderte die Frem-
denflut die Prunkräume, den
Saal der Äbte, das reiche Vesti-
bül mit der Ehrentreppe, den ent-
zückenden Domsaal und das Ora-
torium, das ganze Museum, wo die
Schätze des alten Klosters auf-
bewahrt sind. Eine der Kuriosi-
täten der Benedictine ist das Mu-
seum der Fälschungen. Hier
sieht man in großen Glasschreinen
über 600 Flaschen, die mehr
oder minder glücklich die echten
nachahmen, die Anlaß zur Be-
schlagnahme und gerichtlichen
Strafen gegeben. Jederzeit hatte
Fdcamp mit unlauterer Kon-
kurrenz zu kämpfen, was auch
ein Beweis für die Beliebtheit
des Likörs ist; um das Publikum
vor diesen minderwertigen Nach-
ahmungen zu schützen, die nie
das Vorbild erreichen können,
schon weil dazu die echten Nor-
mandiekräuter der Felsenküste
gehören und auch eine beson-
dere Qualität des Weinalkohols,
hat die Gesellschaft stets mit
allem Nachdruck die Imitationen
verfolgt.

Unterdirektor-Adjunkt Marcel 3e Grand.

Sie unter der Ägide ihres Namens
und ihres Wappens bis in alle vier
Weltecken auszubreiten wußten.
Es lag Ihnen am Herzen, die Tra-
ditionen ihres hundertjährigen
Wohltuns in diesem Lande, das
ihnen so teuer war, fortzusetzen
Bewahren Sie diese Traditionen
mit ihrem Glauben, den Sie laut
verkünden, für die Zukunft. Pfle-
gen Sie sie weiter, wie Sie sie
im abgelaufenen halben Jahr-
hundert gepflegt haben und
mögen Ihre immer wachsenden
Erfolge, wenn möglich, noch
lange eine öffentliche Wohltat
bleiben!“
Diese lobenden Worte werden
von keinem Kenner des wahrhaft
mustergültig geleiteten Unter-
nehmens bestritten werden; die
wohltätigen Gründungen der Be-
nedictine beschränken sich nicht
nur auf ihre, Angestellten. Für
diese wurden 1874 die Hilfskasse,
1880diePensionskasse geschaffen,
beide ausschließlich von der
Fabrik unterhalten; 1885 wurde
die Union der Arbeiter und An-
gestellten von Feeamp ins Leben
gerufen, die nicht nur das eigene

Technischer Unterdirektor Alexandre je Grand.

Mitglieder des Direktoriums
1. Generaldirektor Marcel le Grand
Grand. 3. Mgr. Fuzet, Erzbischof
Bischof von Bayeux. 5. Vor-
Watel-

des Etablissements:
2. Technischer Direktor Pierre le
von Ronen. 4. Mgr. Lemannier,
sitzender des Verwaltungsrats,
Dehaynin.

Die bekannte Flasche in einem Triumphbogen.
Räume, wo die Flaschen gefüllt, die Etiketten aufgeklebt
und gesiegelt, die Hallen, wo die Kisten berghoch auf-
gestapelt werden, ehe man sie per Bahn, per Schiff
nach allen Weltecken verfrachtet.

Personal umfaßt und vielen die
Vorteile gemeinnütziger Bestrebun-
gen zugute kommen läßt. Außer-
dem werden etwa hundert Waisen
auf Kosten der Gesellschaft erzogen.
Heute ist der älteste Sohn
des Begründers als Generaldirektor
tätig, Marcel le Grand, dessen
Brüder Peter le Grand als tech-
nischer Direktor und Eugene le
Grand als Unterdirektor, sowie
die Söhne des Generaldirektors
Alexandre le Grand, Unterdirektor,
und Marcel le Grand, Unterdirektor-
Adjunkt, teilen sich in die Leitung
des ausgedehnten Betriebes, der
zu den mustergültigsten, diszipli-
niertesten und zukunftsreichsten
der französischen Großindustrie
gerechnet wird; die Aktien, deren
Nominalwert nur 500 Franken ist,
haben den Börsenkurs von 12 500
Franken erreicht.
Die Fremden besichtigten in
allen Einzelheiten das elektrisch
arbeitende Etablissement und be-
wunderten die blitzblanken Keller
mit den Fässern alten Alkohols,
die großen Retorten, in denen das
köstliche goldgelbe Naß siedet; die


Der Festzug begibt sich von dem neuen Etablissement zur alten Abteikirche.

Am Abend nach dem Riesen-
bankett, das in den neuen Lager-
hallen gegeben wurde, an dem
viele Senatoren, Deputierte usw.
teilnahmen und in allen Sprachen
getoastet wurde, beschloß ein
Feuerwerk das Fest. Auf der
schönen „Digue“, der asphaltierten
Strandpromenade, drängten sich
die frohen Einwohner der Stadt,
die Fremden und zahlreichen
Badegäste.
Ungeheurer Jubel erscholl, als
die durch viele Abbildungen, ins-
besondere die Affiche Capinellos,
populär gewordene Silhouette der
Abtei in Brillantfeuer gigantisch
auf dem Berg der Notre Dame
du Salut erstrahlte und taghell
die weiten Felder mit den duften-
den Bdnödictine - Kräutern sicht-
bar werden ließ.
Wie ein warmer segnungs-
voller Hauch strich die Salzluft
des Meeres über Tal und Hügel
von Feeamp hin, als wollte sie
der ganzen Welt Kunde geben von
den Wohltaten der Königin aller
Liköre:

der Benddictine.
 
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