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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 28.1913-1914

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MODERNE KUNST.





Prinz Friedlich Sigismund von Preußen
der Rennbahn in Mariendorf. -

Frau Baronin den ersten Preis bekommt,
und zwar in Gestalt eines Gemäldes, auf
dem sie selbst als Tango-Prinzessin dar-
gestellt ist, und daß ihr dieses just von ihrem
Gemahl überreicht werden muß, der von
der heimlichen Tango-Leidenschaft seiner
Eheliebsten keine Ahnung hatte und nun
zum eifersüchtig rasenden Othello wird.
Viel mehr kommt die Darstellung in Be-
tracht, die sich auch diesmal mit Verve für
den Unsinn ins Zeug legt und den fehlenden
Humor der Verfasser aus eigenem ersetzt.
Namentlich der Komiker Arnold Rieck ist
schier unerschöpflich in der I Ierausarbeitung
komischer Wirkungen, die er mit seiner
überlangen Gestalt und seinem pfiffigen
Gesicht erzielt, und wenn er sich auch wenig
darum kümmert, daß er diesmal eigentlich
einen Assessor repräsentieren soll, — er
wirkt eben an sich urkomisch, und das
genügt. Er hat eine ganze Reihe reizender
Partnerinnen, mit denen er seine Couplets
vortragen und die tollsten Exzentriktänze exekutieren muß. Die. rassigste ist
Mizzi Freihardt, deren Part leider etwas mager ausgefallen ist und ihr nur in
einem Kouplet mit dem bezeichnenden Refrain: „Ich bin verrückt“ Gelegenheit
zur Entfaltung ihrer derb, zugreifenden
Art gibt. X'.
Capabianca in Berlin. Zum
zweiten Male beehrt der jugendliche
Schachmeister Capabianca die deut-
sche Reichshauptstadt mit seinem
Besuche. Wer sich näher für das
Spiel auf den 64 Feldern
interessiert — weiß, daß wir in diesem
exotischen jungen Mann, der zurzeit
in dem beneidenswerten Alter von
23 Jahren steht, einen künftigen Groß-
meister zu begrüßen haben, der schon
jetzt mit den allerersten Koryphäen
auf dem Gebiete des Schachs in die
Schranken tritt, aber in absehbarer
Zeit wohl alle seine Konkurrenten
aus dem Felde zu schlagen be-
stimmt ist. Denn Capabianca
besitzt trotz seiner großen
Jugend schon jetzt auf dem
Schachbrett die Routine eines
gereiften Mannes, und seine
Stärke sowohl im wohldurch-
dachten Angriff, der in den
meisten Fällen mit gänzlicher
Überrumpelung und Nieder-
werfung selbst der gefürchtet-
sten Gegner endet, als auch
seine vorsichtige und alle Reserven zur rechten Zeit heranziehende Verteidigungs-
methode sind unübertrefflich und sichern ihm meistens den Sieg. Dabei spielt
er scheinbar mühelos, das Charakteristikum jeder bedeutenden Kunstleistung.
Er zeichnet sich aber auch vor manchen unserer heutigen Schachgrößen noch
dadurch aus, daß er nicht nur ein geistreicher und zäher
Taktiker ist, sondern auch ein Stratege ersten Ranges
der wohl den Positionsvorteil wahrnimmt, wo er
ihn findet, oft aber auch durch einen genial
ersonnenen Plan den begeisterten Jubel aller
Schachspieler und Kibitze und selbst die
Anerkennung seiner zeitweiligen Gegner
auslöst. Capabianca ist ein Kind der
Insel Cuba und soll, von seinem Vater
angeleitet, schon im dritten Lebensjahre
sich mit dem edlen Schachspiel be-
schäftigt haben. Das hinderte ihn
jedoch nicht, auch in der Schule und
später auf der Universität seinen Mann
zu stehen und die vorgeschriebenen
Examina zu leisten. Wie man weiß, ist er
von der Regierung seines Vaterlandes zum
Gesandtschaftsattache am Petersburger Hofe er-
nannt worden, bei seiner Jugend eine Auszeichnung,
die man wohl mit seinen Erfolgen auf den 64 Feldern

zuschreiben darf, ln allen bisherigen Tur-
nieren und Matschen, bei denen er seither
mitwirkte, hat er selbst gegen die stärksten
Gegner mühelose Siege errungen und die
ersten Preise davongetragen. Diesmal hat
er, wie bereits bei einer früheren Gelegen-
heit, in den Räumen der Berliner Schach-
gesellschaft simultan gespielt, d. h. zugleich
gegen eine Anzahl von starken Schach-
amateuren — in diesem Falle waren es
dreißig — allein gespielt. Von diesen dreißig
Partien hat er einundzwanzig gewonnen,
sieben remis gemacht und nur zwei verloren,
eine Leistung, die um so mehr anzuerkennen
ist, wenn man bedenkt, daß viele der Mit-
spieler die Spielstärke eines Meisters hatten.
Wir wollen dem jungen Kämpen, der eine
sympathische Persönlichkeit ist, für seinen
Lebensweg ein „Heil Cai'ssa!“ zurufen.

beim Passieren des Wasserloches auf
— Phot. Gebr. Haeckel, Berlin.

Eislauf auf dem Heiligen See bei
Potsdam. Für die Ausübung des Eissports,
vornehmlich des schönen Tourensports, bietet die Lnugebung von Potsdam wie
kaum ein anderes Gebiet unserer Mark prächtige Gelegenheit. Das Potsdamer
Seengebiet ist ja überhaupt einzig in seiner Art, und die keusche Schönheit
dieser waldumrauschten Gewässer offenbart sich vielleicht im Winter, wenn
dichter Schnee Baum und Busch bedeckt, noch mehr als im Sommer, wenn
die Berliner Ausflügler hier frohestem Naturgenuß nachgehen. Aber im Winter
ist es hier einsam. Tief verschneit ist der Wald, eine feste Eisdecke spannt

Tangoprinzessin: Mizzi Freihardt, Arnold Rieck.
Phot. Willinger, Berlin.

Der kubanische Schachmeister Capabianca in Berlin.
Phot. Sanden, Berlin-Südende.
sich über den Seen, auf ihr glänzt der Schnee in jungfräulicher Weiße, und
wer hier dem Eissport huldigen will, muß irgendwie dafür sorgen, daß fleißige
Hände eine Bahn frei fegen. Dies pflegt ja, wenn auf starken Frost Schnee-
fall gefolgt ist, auf der Havel und dem Wannsee durch den Pächter der Eisfläche
für das große Publikum zu geschehen. Auf den kleineren Seen, zum Beispiel
dem Heiligen See, wo die Kaiserliche Familie dem Eissport obzuliegen pflegt,
muß es derjenige veranlassen, der sich am Sport zu erfreuen gedenkt. Hier
ist man ganz unter sich und sozusagen weltfern. Kein Ge-
räusch, kein Hauch der Millionenstadt dringt bis in
diese Einsamkeit hinaus, um so größer ist der
Genuß am frohen Sport und an der Natur, die
sich hier noch ihre ganze ursprüngliche
Frische und Unberührtheit bewahrt hat.
Noch mehr trifft dies auf die andern
benachbarten Seen zu, wie den Sa-
krower, den Lehnitz- und den großen
Fahrlander See, bis zu dem sich nur
selten ein Großstädter verirrt, da er
etwas abseits von den breiten Ver-
kehrswegen gelegen ist. Aber das
gerade ist es, was den Tourenläufer
reizt, zumal er von der Havel aus über
den Jungfern-See und durch den Weißen
See eine gute Verbindung hierhin hat und
schließlich durch den Paretzer Kanal auch den
Schlänitz- und Wublitz-See erreichen'kann, wenn
er eine weitere Tourenfahrt nicht scheut. IV. K. E.

Eislauf auf dem Heiligensee.
Phot. Hans von Gossein, Potsdam.
 
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