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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 28.1913-1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.31172#0336

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MODERNE KUNST.




Dora Kalkbrenner: Dekorativer Wandbehang:
Schlangen und Kolibri.

als Bildwirkerei schon
im Mittelalter in hoher
Blüte stand und von
dort nach Deutschland,
Spanien und Frankreich
überliefert wurde, hat
zweifellos auch bei uns
die Freude am künst-
lerischen Wandbehang
erweckt. Im Laufe der
Zeit erfuhr die Stickerei
durch Technik und In-
dustrie eine derartige
Vervollkommnung, daß
heute auch die kom-
pliziertesten Kunst-
werke zur Ausführung
gelangen können. Hat
es doch Zeiten gegeben,
wo die Kunststickerei
mit der Malerei und
Plastik in eifrigem Wett-
bewerb stand. Heute
haben viele tüchtige
Frauen ihr Talent und
ihre Kunst in den Dienst
der Stickerei gestellt
und leisten, wie die
kunstgewerblichen Aus-
stellungen alljährlich
bezeugen, auf diesem Gebiete zuweilen ganz Hervorragendes. Die Anregungen
ziehen diese Künstlerinnen, oft aus ihrer unmittelbaren Umgebung; das eigene
Heim ist vielleicht der beste Boden für neue Ideen weiblicher Kunstbetätigung.
Aber daneben bringen doch manche ganz selbständige und originelle Motive. Per-
sönliche Eigenart und Begabung müssen über die Richtung, die eine jede ein-
schlägt, entscheiden. Die Breslauer Künstlerin Dora Kalkbrenner, von der wir
hier einige Arbeiten im Bilde veröffentlichen, bevorzugt bei ihrem künstlerischen
Schaffen besonders die Formen der Natur. Sie bringt das Tiermotiv in Verbin-
dung mit dem Leben der Pflanze. Ihre Entwürfe zeichnen sich sämtlich durch
edle Komposition sowie durch harmonische Linienführung aus. Es sei z. B. nur
auf die „Urwaldidylle“ hingewiesen. Aus schwarzem Grunde leuchten die farben-
prächtigen Kinder der Tropen, Paradiesvögel und schillernde Schmetterlinge.
Das Ganze wird durch einen dunklen Eichenrahmen ohne Verglasung in der
Größe 63x44 cm abgeschlossen. Die vollendete Seidenstickerei beweist, bis zu
welcher Höhe sich die Künstlerin emporgeschwungen hat. Das ebenfalls als
Wanddekoration gedachte Schlangenstück versinnbildlicht den Kampf des Bösen
mit dem Guten. Ein leuchtender Farbenrausch sprüht aus diesem buntgestickten,
mit Steinen und Füttern belebten Bilde. Daneben sind aber auch praktische
Arbeiten entstanden, wie uns das originelle Handtäschchen aus schwarzem Tuche
zeigt. Das Motiv zu diesem kleinen Kunstwerk ist ebenfalls der Tierwelt ent-
nommen. Das Täschchen ist mit bunter Seide gefüttert und mit Goldschnur ein-
gefaßt. Der prächtige Schmetterling wurde in Plattstich auf farbiger Seide gestickt.
Plattstich ist bekanntlich die vollkommenste Art der Stickerei. Er entsteht auf
einem Grunde, dessen Textur nicht berücksichtigt wird, entweder in fortlaufenden
Stichen, die Linien bilden (Stielstich), oder in Stichen,
die nebeneinander liegen und Farbenflächen, ganz
ähnlich wie bei der Malerei, zur Darstellung bringen.
Werden diese Farbenflächen unterlegt, so spricht
man von Reliefstickerei. Nahe verwandt mit dem
Plattstich ist der Kettenstich, oder das sogenannte
Tamburieren. Neben den hier veröffentlichten
Arbeiten hat die tüchtige Künstlerin noch eine ganze
Anzahl anderer Schöpfungen hervorgebracht, durch
die sie im Laufe der Zeit der Kunststickerei viele
neue Freunde gewinnen dürfte. —ll—
Jeane de Lande. Die reizende Tänzerin,
welche auf unserem Bilde so liebevoll den Eisbären
umhalst, ist Jeane de Lande, die bekannte englische
Nackttänzerin des Metropoltheaters. Die junge Miß
wurde von der Direktion des genannten Theaters
speziell für das Ausstattungsstück der gegenwärtigen
Saison „Die Reise um die Erde in vierzig Tagen“
als Solistin verpflichtet. Sie tanzt dabei zunächst
im ersten Teil in dem Bild „Ein Fest in Peking“
eine köstliche Figur aus dem Chinaballett. Später-
hin tritt die junge Engländerin, die bisher an ersten
Londoner Bühnen tätig war, in dem Bilde „der
Traum“ als Odaliske auf. Beide Male fesselt Jeane

de Lande durch den Reiz ihrer Erscheinung, durch die Anmut ihrer Bewegungen
und den Charme ihrer Geste und Mimik. Obgleich gerade im Metropoltheater
im Laufe der Jahre gar manche schöne und graziöse Tänzerin auftrat, bedeutet
doch das Engagement dieser vorzüglichen Kraft eine Sensation für den Freund
und Verehrer des Balletts. Miß Jeane ist nicht nur eine vortreffliche Ballett-
tänzerin sondern auch eine ausgezeichnete Spitzentänzerin. Sie weiß allen ihren
Darbietungen jenen verführerischen Nimbus zu verleihen, der notwendig für eine
so anmutige und liebenswürdige Vision paßt. Die schlanke und elegante Gestalt,
fast ohne jedes Kostüm, nur reich mit Schmuck behängen,, gleicht tatsächlich
einer Mädchengestalt, welche einen Zauber ausströmt, dem sich so leicht nicht
der nüchternste Beobachter zu entziehen vermag. V. H.
Fürstliche Jachten. Fast alle bedeutenderen Herrscher haben ihre eigenen
Dampf- und Segeljachten. Überall auf den Meeren ist die „Hohenzollern“ des deut-
schen Kaisers bekannt, die demnächst durch eine ganz moderne Jacht ersetzt werden
soll. Etwas älter als die „Hohenzollern“ ist der „Polarstern“ des russischen Zaren,
während sein zweites Frachtschiff „Standart“ später in Dienst gestellt wurde. Von
den beiden englischen Königsjachten lief die „Alexandra“ erst im Jahre 1907 vom
Stapel. Alle übrigen
fürstlichen Jachten
sind bedeutend älter;
die italienische „Tri-
nacria“ ist 30 Jahre,
die dänische „Dane-
brog“ 34, die öster-
reichische „Mira-
mar“41 und die grie-
chische „Amphitrit“
beinahe 50 Jahre alt.
Von den europä-
ischen Staatsober-
häuptern hat allein
der Präsident der
französischen Re-
publik keine eigene
Jacht zu seiner Ver-
fügung. Die Kosten
der fürstlichen
Prunkschiffe sind
außerordentlich
hoch. Für die „Ho-
henzollern“ bewil-
ligte der Reichstag
4,5 Millionen Mark.
Die englischen Kö-
nigsjachten kosteten
fast das doppelte.
Weitaus die luxuri-
öseste Jacht ist der
„Polarstern“ des
russischen Kaisers.

Adele Schönfeld,
liehen Schauspielhauses,

Dora Kalkbrenner: Dekorativer Wandbehang: Urwaldidylle.
die neue Liebhaberin und Heldin des Berliner König-
dem sie seit Beginn dieser Spielzeit angehört, ist auf
dieser Bühne keine ganz Fremde mehr. Sie hat
hier zu Anfang ihrer theatralischen Laufbahn, die
sie in sehr jungen Jahren eingeschlagen hat, bereits
eine dreimonatliche Volontärzeit durchgemacht. Das
erste richtige Engagement erhielt sie dann am
Weimarer Hoftheater, und von hier ging sie nach
Gera. Während sie in diesen Positionen die Senti-
mentale spielte, vollzog sie in ihrem nächsten, be-
deutend verantwortungsvolleren Engagement, das
sie an das Stadttheater in Köln führte, den Über-
gang zur Liebhaberin und Heldin. Nach einer drei- -
jährigen Tätigkeit in der rheinischen Metropole, einer
Tätigkeit, die an Erfolgen und Anerkennungen über-
aus reich war, löste die Künstlerin ihren dortigen
Vertrag, um sich für Berlin frei zu machen. Es
ist ein umfangreiches und vielseitiges, ebensowohl
klassisches wie modernes Rollengebiet, auf dem
Fräulein Schönfeld in Köln ihre Begabung entfaltet
hat, und immer unter dem anerkennenden und auf-
munternden Beifall der Theaterfreunde und der Kri-
tik. Die Judith, die Brunhild, die Maria Magdalena,
die Marianne und das Klärchen weiß sie ebenso stil-
gerecht zu interpretieren wie die Frau vom Meere,
die.Irene in „Wenn wir Toten erwachen“, oder die
Elga, Rose Berndt, die Ilardtsche Isot und Eulenbergs

Dora Kalkbrenner: Handtäschchen mit Schmetterlingsmijster.
 
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