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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 28.1913-1914

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19. Heft
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https://doi.org/10.11588/diglit.31172#0587

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MOD E R N E K U N S T.



Nach einer andern Version soll Napoleon bei
Wagram einen schneeweißen Schimmel,
namens Euphrate, ein Geschenk des Schahs
von Persien, geritten haben. Auch heute
noch wird das Skelett von Marie gezeigt,
einer „grauen Stute, die Napoleon bei Wa-
terloo ritt.“ Trotz alledem aber kann es
ganz leicht möglich sein, daß Marengo die
ganze Karriere Napoleons von Marengo bis
Waterloo mitgemacht hat, und daß er in allen
Schlachten seinen Herrn zeitweise trug.
Denn die Geschichte weiß, daß Napoleon in
diesen 15 Jahren mehr als 60 Schlachten
geschlagen hat, und daß ihm nicht weniger
als 19 Pferde unter dem Leib getötet wurden.
Schon aus diesem Grunde allein hat Napoleon
im Laufe einer Schlacht seine Pferde wech-
seln müssen, ferner aber hat dies sicher auch
öfter geschehen müssen, um den oft voll-
ständig erschöpften Tieren Ruhe zu geben.
Bei Wagram war beispielsweise der Schlach-
tenkaiser nicht weniger als 14 Stunden hinter-
einander im Sattel; nach Aussagen berufener
Zeugen soll Napoleon Euphrate und Ali ge-
ritten haben. Warum aber soll nicht auch
gerade in dieser Schlacht, deren Resultat so
lange schwankte, Marengo an die Reihe ge-
kommen sein? Auch die bereits erwähnte
Marie muß am Tage von Waterloo unbedingt
dabei gewesen sein, denn sie wurde ja auf
Napoleons Rückzug von den Preußen erbeutet
und dem Freiherrn von Plessen, ihrem ehe-
maligen Besitzer zurückgegeben. Die besten
Pferde Napoleons sollen aber nach unzweifel-
haften Zeugenaussagen der alte Marengo und
die Mecklenburgische Stute gewesen sein.
Die Engländer, deren Pferdeliebhaberei welt-
bekannt ist, haben mit Napoleons Schlachtpferden einen wahren Kultus getrieben.
Jaffa starb, verhätschelt, 37 Jahre alt, in der Grafschaft Kant und erhielt von
seinem letzten Besitzer, Major Atkin Roberts ein Mausoleum errichtet. O. Christ.
* *
*
Mlle. Mado Minty in ihrem Sketch „Die Spinne“. Zu den originellsten
Schöpfungen der Varietdwelt gehört unzweifelhaft der Sketch der bekannten
akrobatischen Tänzerin Mado Minty „Die Spinne“, mit dem dieselbe im
Wintergarten in Berlin debütierte. Über die ganze Bühne ist in Höhe von
zirka 10 Meter ein festes Spinnennetz aus starken Tauen gezogen, an welchem die
Akrobatin in schwarzem Seidentrikot als Spinne „arbeitet“. Sie läuft scheinbar
sehr schnell über die Maschen des Netzes hinweg, sie bleibt aber auch oft ab-
sichtlich hängen und blickt, mit dem Kopf nach unten, nach rechts und links auf
Raub aus. Plötzlich
erscheinen kleine
bunte Käferchen und
Libellen, Schmetter-
linge und anderes
zartes Getier, lauter
niedliche Mädchen-
gestalten, die lustig
umherzufliegen
scheinen, aber plötz-
lich ängstlich der
nach ihnen äugenden
Spinne scheinbar
willenlos folgen. Eine
kurze Umarmung,
das Gift der Spinne
hat seine Wirkung
getan und das arme
unglückliche Opfer
hängt leblos in den
Maschen des Netzes.
So bleiben schließ-
lich drei bis vier
solcher reizvollen In-
sekten im Netz der
Spinne hängen, und
während die Teufelin
selbst sich in die
Mitte des Netzes zu-

rückzieht und nach wie vor unersättlich nach
neuen Opfern späht, senkt sich der Vorhang.
Mado Minty ist in ihrer Rolle ganz außer-
ordentlich; ihr Sketch bedeutet eine ganz
originelle Novität auf artistischem Gebiete.
Die Ausführung selbst ist nur einer überaus
gewandten Akrobatin, die gleichzeitig Tänzerin
ist, möglich. Gewiß ist, daß der neue Sketch
den Vorteil für sich hat, daß er nicht so
leicht eine Nachahmung erfahren wird. V.H.
*
% *
Auf der Rennbahn zu Hurst Park.
Die englische Hindernis-Rennsaison . ist seit
etlichen Wochen beendet, und der legitime
Sport, wie der Flachrennsport zum Unter-
schiede vom illegitimen, dem Hindernissport,
genannt wird, ist wieder voll in seine
Rechte getreten. Die letzten großen Ent-
scheidungen im englischen Ilindernissport
haben in diesem Jahre dadurch ein besonders
interessantes Gepräge erhalten, daß zwei
hervorragende französische Pferde an ihnen
teilnahmen. Es waren dies Monsieur James
Hennessys Lutteur III und Monsieur de
Mumms Trianon III. Beide Steepler haben
den Beweis erbracht, daß sie den englischen
Hindernispferden ein gut Stück überlegen
sind, denn in der schwersten Prüfung, die
der englische Ilindernissport kennt, der
Grand National Steeplechase in Liverpool,
konnten sie unter fast unglaublichen Ge-
wichten den zweiten und dritten Platz be-
setzen. Der Sieger in diesem Rennen, das
allgemein das englische Steepler - Derby
genannt wird, trug beispielsweise 38 Pfund
weniger als Trianon III, ein Vorteil, der bei
einem Rennen über einige 20 schwere Sprünge und eine Distanz von 7250 m
gewaltig mitspricht. In andern Rennen schnitten die Franzosen dagegen besser
ab. Unser Bild auf der nächsten Seite stellt zum Beispiel einen Sprung aus
der Champion Steeplechase zu Hurst Park dar, die von Trianon III gewonnen
wurde. Auf unserm Bilde sehen wir Trianon III, an seiner Schimmel färbe
deutlich erkennbar, im Plintergrunde nahen, während vorn der Engländer
Waveley und Lutteur III gerade über die Hecke setzen. In England hat die
Überlegenheit, die die beiden Franzosen in verschiedenen Rennen bewiesen
haben, eine gewisse Beunruhigung hervorgerufen, und man sprach schon von
einem Niedergange des englischen Hindernissports. Es besteht aber kein
Zweifel darüber, daß an dem guten Abschneiden der beiden französischen
Steepler ihre Trainer und Jockeys ebenfalls einen großen Anteil haben. Vor
allem der letzteren Kunst und Überlegenheit wird in England von den maßgeben-
den Kreisen offen an-
erkannt. W. K. E.
* *
*
Der Kronprinz
als Rennstallbe-
sitzer. Kronprinz
Wilhelm von Preußen
ist seit einiger Zeit
unter die Rennstall-
besitzer gegangen.
Erst kürzlich errang
seine Stute Baby in
Strausberg und in
Frankfurt am Main
unter dem Jockey
Wurst resp. unter
Leutnant v. Berchem
zwei hübsche Siege,
und es wird zweifel-
los jeden Besucher
dieser Bahnen auf-
richtig gefreut haben,
als er die Farben
des Kronprinzen —
schwarz, weiße Är-
mel, schwarze Kappe
— in Front enden
sah. Die Passion des
Phot. Aug. Kupp, Saarbrücken.

Aus der Tanzpantomime „Die Spinne“.
Phot. Zander & Labisch, Berlin.

Frühling am Vierwaldstätter See.
 
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