Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein
— 25.1915
Zitieren dieser Seite
Bitte zitieren Sie diese Seite, indem Sie folgende Adresse (URL)/folgende DOI benutzen:
https://doi.org/10.11588/diglit.26491#0055
DOI Heft:
Heft 2
DOI Artikel:Schäfer, Wilhelm: Adolf Hoelzel: ein deutscher Meister der Malkunst
DOI Seite / Zitierlink:https://doi.org/10.11588/diglit.26491#0055
Nehmen wir überhaupt einmal die Reihe der Meister
im neunzehnten Jahrhundert vor, die wir heute als
besonders deutsch ansprechen, so finden wir, daß sie mit
wenigen Ausnahmen weder mit dem staatlichen Kunii-
betrieb der Akademien noch mit dem herrschenden
Künstlergeist ihrer Umge-
bung zusammenhangen,
daß sie bestenfalls — wie
eben Leibl — in einer
unfreiwilligen Einsamkeit
lebten und von der gül-
tigen Kunstanschauung
ihrer Aeit eher behindert
und unterdrückt als ge-
stützt wurden: Das ist eine
der Grundlehren der Er-
fahrung, auf der wir eine
rechtschaffeneErneuerung
der deutschen Kunstpflege
als vaterlandische Pflicht
gründen müssen. Denn
nur um Kunstpflege, nicht
etwa um Richtungsbe-
stimmung kann es sich für
uns Kunstfreunde han-
deln. Auch in der Au-
kunft werden die Künstler
die Führer in der Kunst Adolf Hoelzel.
sein und nicht wir Laien; unsere Pflicht ist, uns hell-
äugiger zu machen als bisher, damit wir die wirklich
volkstümlichen Meister erkennen; denn der bisherige
Austand — er mag im Gesetz der Masse noch so natürlich
sein — daß gerade die wirklichen Offenbarer der Volks-
seele als Fremdkörper im
öffentlichen Kunstbetrieb
standen, ist unwürdig.
Es ist ja eine Lieblings-
vorstellung derDeutschen,
sich den Künstler als ge-
nialen Sonderling zu
denken, der irgendwo
auf seiner Heimatscholle
sitzend, unbeeinflußt von
seiner Umwelt, aus der
Tiefe des Gemüts seine
Bilder malt. Aber es
wäre nun wohl an der
Aeit, sich dieses einsame
Eigenbrödlertum, wie es
Leibl, Thoma, Haider,
Marees — um nur einige
Namen zu nennen —
führten, nicht so sehr als
Schrulle denn als Schick-
sal zu denken, wobei das
Federzeichmmgen. Unverständnis der Ge-
4Z
im neunzehnten Jahrhundert vor, die wir heute als
besonders deutsch ansprechen, so finden wir, daß sie mit
wenigen Ausnahmen weder mit dem staatlichen Kunii-
betrieb der Akademien noch mit dem herrschenden
Künstlergeist ihrer Umge-
bung zusammenhangen,
daß sie bestenfalls — wie
eben Leibl — in einer
unfreiwilligen Einsamkeit
lebten und von der gül-
tigen Kunstanschauung
ihrer Aeit eher behindert
und unterdrückt als ge-
stützt wurden: Das ist eine
der Grundlehren der Er-
fahrung, auf der wir eine
rechtschaffeneErneuerung
der deutschen Kunstpflege
als vaterlandische Pflicht
gründen müssen. Denn
nur um Kunstpflege, nicht
etwa um Richtungsbe-
stimmung kann es sich für
uns Kunstfreunde han-
deln. Auch in der Au-
kunft werden die Künstler
die Führer in der Kunst Adolf Hoelzel.
sein und nicht wir Laien; unsere Pflicht ist, uns hell-
äugiger zu machen als bisher, damit wir die wirklich
volkstümlichen Meister erkennen; denn der bisherige
Austand — er mag im Gesetz der Masse noch so natürlich
sein — daß gerade die wirklichen Offenbarer der Volks-
seele als Fremdkörper im
öffentlichen Kunstbetrieb
standen, ist unwürdig.
Es ist ja eine Lieblings-
vorstellung derDeutschen,
sich den Künstler als ge-
nialen Sonderling zu
denken, der irgendwo
auf seiner Heimatscholle
sitzend, unbeeinflußt von
seiner Umwelt, aus der
Tiefe des Gemüts seine
Bilder malt. Aber es
wäre nun wohl an der
Aeit, sich dieses einsame
Eigenbrödlertum, wie es
Leibl, Thoma, Haider,
Marees — um nur einige
Namen zu nennen —
führten, nicht so sehr als
Schrulle denn als Schick-
sal zu denken, wobei das
Federzeichmmgen. Unverständnis der Ge-
4Z