Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 25.1915

DOI Heft:
Heft 5
DOI Artikel:
Becker, Franz Karl: Kaiser Karls Gesellen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.26491#0190

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Kaiser Karls Gesellen.

Haus, Hof und Bungert an und sei ein freier Bauer,
starken Stammes Urvater, dich nährend von der Erde
Frucht und Kraft und deine Nachgeborenen."

DerJüngling beugte treu und füglich das schöneHaupt,
griff am Halfter das Pferd und ritt den Hügel hinan.

Kaiser Karl sah ihm nach, atmete froh auf und ritt
voran. Die andern folgten. Weiter zog die edle Schar
in den jungen Tag hinein. Sie kamen durch Flur und
Wald und Wiesengrund. Schweigsam, keine Rede hob
sich unter ihnen. Eine Stadt lag vor ihnen in der dam-
mernden Ebene, die gewannen sie, sprengten mit dem
Frühlicht hinein und ließen langsam die Pferde gehen
zwischen den hallenden Hausern. Sogleich kamen die
Kinder hervor aus den Türen, sammelten sich und
folgten den schönen Reitern, mehrten sich, Jünglein und
Maidlein, kleine und große. Sie lachten froh, griffen sich
bei den Händen und hatten helle Lust in ihren blanken
Augen.

Ein freier Platz war in der Stadt, auf dem hielt
Kaiser Karl, sah gemachlich die vielen frohen Kinder, die
Blüte der Stadt und befann sich mit ernstem Antlitz.

„Du," sagte er dann zu dem nächsten der Jünglinge,
„steige du jetzt ab!"

Der folgte sofort, legte die Rüstung ab, entsattelte
das Pferd und stand bereit.

„Diese Kindlein da", befahl der Kaiser, „wirst du um
dich sammeln jeden Tag, sobald der Morgen aufschimmert.
Und sie in der Iucht halten und lehren, daß sie gefüge
werden und gutartig. Äuch Künste ihnen mühsam eignen,
Lesen in den Büchern, Schreiben, Singen und Beten.
Und ihnen lieblich erzahlen von den großen Dingen.
Adelkeit in dir selbst mehren und sie damit überstrahlen
unablässig, bis du stirbst."

Der Jüngling neigte sich, gesellte sich fröhlich zu den
Kindern und griff ihrer zwei bei der Hand. Sie folgten
ihm alle nach.

Weiter ritt die bedeutsame Schar, der Kaiser und die
Edelfreien, die ihm treu sein wollten. Aogen durch um-
hegtes Gartenland, an Burg und Pachtgut vorbei, ließen
die Pferde trinken aus klaren Bächen und weiden auf
grünen Halden. Kamen zu Hügeln, die mit Dornbusch
und Waldgestrüpp bedeckt waren, auch unwegsam, und
sahen davor eine Burg brennen. Strolche auf schlechten
Schindmähren, die GeraubteS davonbrachten.

„Denen da nach," rief Kaiser Karl, hob sein Schwert
hervor, das so schwer war wie eine Keule, spornte sein
Pferd. Aber die Iünglinge sausten wie Blitze dahin,
ließen weit hinter sich den erstaunten Kaiser, prallten wie
Felsblöcke auf die Strolche, erschlugen sie alle und kamen
ruhig zurück, ruhig und stolz.

Kaiser Karl bändigte sein Herz, das vor Wunder-
freude hestig schlug.

Tapfere Brut ihr, lachte er gegen sie.

Sie neigten die schönen Häupter.

Eine blühende Magd kam aus dem Brand hervor,
jammerte laut und klagte. Kaiser Karl rief sie und erfuhr
von ihr großes Leid und Ungemach. Daß im Gestrüpp
der Hügel Strolche seien und hervorbrächen seit alters,
nun ihr Vater und Brüder hingemordet, alles geraubt
und gebrannt. Sie selbst sich im Schlupf geborgen und
allein verschont geblieben.

Kaiser Karl winkte einen herbei. „Du", sagte er,
„sollst diese hier schützen und wer hier angesiedelt ist. So
weit dein Auge sieht, alle die Hügel und Täler sind dein.
Bau dir eine Burg. Die da, die Jammernde, nimm zu
dir. Ein tapferer Mann sollst du sein, geschmiedet an
deine Hüfte sei das Schwert, an deinen Arm die Lanze.
Scheuche die Mörder, befriede das Land, gründe dir
starken Stamm, Schwertgesellen, deren Gebein Eisen
und deren Blut Feuer ist."

Der Jüngling tat es, hob auf die jammernde Maid
und hielt sie. Zutraulich legte sie ihren müden Kopf an
sein Herz.

Kaiser Karl ritt weiter fort, durch Wald hin und offenes
Feld, baumbestandene Dorfslur und vorbei an den
Weidenufern der Bäche. Kam in eine Stadt, darin war
Trauer, dumpf läuteten die Glocken. Gestorben war der
Bischof, der milde Herr der Stadt, ihn sangen die Pfaffen
ins Grab. Sogleich erkannten sie den Kaiser, da er rnit
seinen Gesellen am Dom hielt. Erkannten ihn an der
Gewalt seines Gesichtes und seines Schwertes.

„Du," sagte er zu dem nächsten der Jünglinge, „du
sollst Bischof sein. Den Sinn deiner Herde richten auf
ewige Dinge. Sollst pflegen das Gut der Geister, lindern
die Not, Rat und Recht spenden an meiner Statt. Gut
sollst du sein und milde von Herzen gegen die Dürftigen,
kundig in weiser Rede, ein Jnbegriff bezähmten Lebens,
edlen Geistes. Vor deiner Umwelt und vorderNachwelt."

Der Jüngling folgte. Die Pfaffen freuten sich, führ-
ten ihn unter Gesängen mit sich und warfen Prunk-
gewänder über seine Schultern.

Weiter ritt die wunderbare Schar, der Kaiser und
seine Gesellen. Kamen ins Waldgebirge, das meilen-
weit ausgebreitet lag über Hügel und Höhen und den
Hängen dazwischen. Verwachsen war Weg und Steg,
überall Wildnis und Geschrei des Waldes. Felsen brachen
nackt hervor aus den Dornen und dem Efeu. Und zeig-
ten der ErdeEingeweide, das graue,blinkende Erz. Kaiser
Karl gewahrte es, besann sich und rief den Nächsten.

„Du," sagte er und befahl, „ein Schmied sollst du mir
werden, ein starkarmiger. Sieh dort das Erz! Das sollst
du ausgraben mit schwerem Gerät, schmelzen und schmie-
den auf der schwelenden Esse. Schwerter, Lanzen und
Schnittgerät, Pflugschar, Beil und Balken und was der
Menschen Bedurft von dir heischt oder dein Geist klügelnd
ersinnt, sollst du schaffen. Eine Schar sammeln um dich,
zünftig, die emsig arbeitet. Von nun an!"

Der Jüngling folgte sofort.

Weiter ritt der Kaiser mit den andern durch die
Waldesfinsternis, die Ebenen hindurch, durch reiche Land-
schaften, über Ströme und Gründe mancher Art.

Er bestallte sie alle, pflanzte sie wie Fruchtbäume ein
in die Welt, durch die er ritt, die ihm gehörte. Einen in
einer Stadt am Strom zum Kaufmann, wieö ihm Frei-
briefe aus zu allem Geleit, ordnete ihn an, Stapelhäuser
und schwere Schiffe zu bauen, Waren zu befördern, den
Reichtum fremder Länder einzutauschen. Einen zum
Richter, Gesetze aufzuschreiben, ewig, wie an Felsen ge-
schrieben, Recht zu sprechen ohne Rückhalt, Ordnung zu
wahren und zu mehren. Einen zum Arzt für Weh und
Wunden, den Lauf des Blutes zu behorchen und seinen
Fall, Heiltränke und lindernde Salben zu bereiten.

174
 
Annotationen