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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 25.1915

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Heft 10
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Esswein, Hermann: Ludwig Dill als Schlachtenmaler
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https://doi.org/10.11588/diglit.26491#0342

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Ludwig Dill. Augriff gegen TurkoS.

bitterlich verlogenen Schlachtengettimmel darzustellen pstegen. Über jene Massen, die noch in der Zerruttung
des Nahkampses Spuren militärischer Ordnung zeigen, disponicrr Dill als Künstlcr, der da nichr Sen-
sation, sondern vor allem formale und farbige Bildelemente sieht, dann aber auch als alter Scldat und
Sachverständiger, der dergleichen in einer Zeit näherer Schußdistanzen und geschlossenercn 2lnrretenS zu
Sturmangriffen, Fluß- und Brnckennbergängcn selbst erlebt und mir eigcncn 2lugen gesehen hat.

So braucht der Meifter zur Kennzeichnung der Kampfekstase keiuc Dutzende von stampfenden
Bcinen, hampclnden Armen, verknäuclten Leibern und zum Gebrnll verzcrrten Gestchteru. Eine dis-
krete aber starke Einzelgebärde genngt. Ein unter den Fcuerblitzen gerade vorgesircckter Gcwchrläufe
Vornnbcrstnkendcr, ein schwer bei der roten Lache deS cigenen Bluteö Daniederliegender, das ist in
dieser Umgcbnng kämpfender Rotten und Schwärmc, ins Schlammwaffer niederbrechender Trümmer,
in diesem unhcimlichen Lichte branderhellter Winterdämmerungen mehr Kricg, mchr vom großen und
gräßlichen Geiste der Schlachten, als der illustonistisch übertriebcne Auswand an Mitteln je zu gebcn
vermag, dcr daö Graucnvolle zur Groteske verunstaltet und das Heldische gänzlich versehlt.

Man bctrachte unter diesem Gesichtspunkte vor allcm die unter den Abbildungen dieseS Aufsatzes
besonderS reichlich zu Wort gekommenen Reiterkämpfe: Auch hier kein Maffenausgebot an nichtSsagendem
Durchcinandcr nnzählbarcr Pferdebeine, flattcrnder Mähnen, geschwungcner Pallasche usw. Den Geift
deö im Feuer niederbrechenden Reiterangriffs gibt ein scharf parierter Ganl. Anreitende Masscn sind
mit den kühn erhaschten Sprungstellungen von drei, vier Roffen so gegeben, wie nie zuvor mit dem
umfangreichen und anspruchsvollcn Apparate der herkömmlichen Scklachtenmalerei.

Einzelne Stücke dieser schöncn Bilderreihe branche ich wohl kaum bcsondcrS hcrvorzuheben.
Gewiß, eS gibt da Wertnnterschiede, Absiufungen in der Stärke der Jntuition und auch in der
künftlerischen Bewältigung der Aufgabe, wclche die Jmagination der Hand des Meisters gestellt hat.
Schwach und gleichgültig aber ift kein einzigeS dieser Bildchen, die bleiben werden in dcr Kunst-
geschichte alö stärkste Zeugniffe der Stellungnahme zum Weltkriege im Lager unserer besten Geister.
Auch in diescr Beziehung wcrden wir vor dem Urteil dcr Nachwclt bestehen: Mit vielen verwandten
Werten haben wir die Kunst einer reisen und reichen Geistes- und Sinnenkultur gegen plump mate-
rialistischc Unwissenheit, gegen Roheit nnd Verfall einer feindscligen Welt zu verteidigen gewußt.

Hermann Eßwein.

Z20
 
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