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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 25.1915

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Heft 10
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Esswein, Hermann: Ludwig Dill als Schlachtenmaler
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https://doi.org/10.11588/diglit.26491#0341

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Ludwig Dill. Neiterangriff.

und Slücke aus diesen Bildern auS, auch wo man dann keine logisch faßbaren Formen vor sich hat
und nichls sieht, was Roß, Mann oder sonsr klar ansprechbarer Gegenftand wäre: schöne Farbenkomplepe,
ornamental-reizvolle Formcnanordnungen wird man immer vor sich haben, und selbft auf den Kopf
geftellt wären diese Kabinettstückchen immer noch prickelnd reizvolle ArabeSken.

Durch diese streng in sich geschlossene KompositionSweise erfüllt der Künstler die Kardinalforde-
rung der modernen Bildäfthetik, die eben wieder rhythmisch geschlossene Bilder, nicht aber abgerissene,
auf irgendeinen anekdotisch-illustrativen Witz hin „pointierte" Studien verlangt. Hier handelt es sich
nicht um die oft abstoßeud willkürliche AuSschnittmalerei deS DurchschnittS-ImpressioniSmuS, sondern
die Bildform beruht auf dem großzügigen, gewiffermaßen architekronischen Anbau der Fläche, deren
Ruhe und Geschlossenheit dem heftigen ExpressioniSmuS dcr einzelnen Gebärde erst die rechte Folie gibt.

Dill schafft seinen Bildgedanken zunächft niit fesselnd und reich verschränkten, stark raumbetonendcn
Dunkelheiten ein tragfähiges Gerüst. DaS Balkenwerk von Geländcrn und Brücken, Brustwehrcn
und Zäunen, auch gebrochene Lafetten und Kanonenräder, Mauerreste und daS unheimliche Sparren-
werk brandgeschwärzter Dächer geben ihm dazu den gegenständlichen Anlaß. Dämmerige, bei eincr
Mondnachtdarstellung einmal köftlich stlberdnrchschimmerte Mitteltöne, die incinander rinncnden, grau,
gelb und bräunlichen Töne von Erdreich, nassen Straßen, schmutzsahlem Schnee und dumpf mißfarbigem
Mauerwerk, eisige blau-grau-grünliche Wasserläufe, oft irisierend überronnen vom fahlgelben Reflex des
Abendhimmels und vom Lichte schwül auszuckender Brandflammcn, schaffen dann den besonderö reiz-
vollen Konfigurationen der stärksten Farbenwertc die tragende und auögleichende Umgebung, einen
Gesamtton, der zuweilen als bläulich, gelbbraun oder grangclb ansprcchbar, oft aber auch gerade
durch seine an Abstufungen reiche Unbestimmtheit das Auge zu schwelgendem Verweilen einlädt.

Eingebettet in diese reiche ftimmungsftarke Tonigkeit find dann die juwelcnhast funkelnden Lokal-
farben der Uniformcn, daS immer wiederkehrende Blau der französischen Jnfanterieröcke, das einmal
auch verblüffend stark und geschmackvoll zu kräftigem Waldgrün geftellt wird, die weißcn Turbane und
die braunen Gcsichtcr der exotischen SoldatcSka, rote KäppiS und rote Hosen — diese letzteren einmal
in langer, prächtig dekorativer Rcihe. — Nie aber geschieht es, daß diese farbigen Elemente als jene
verworrenen, nur ja rccht naturaliftisch-sensationellen Knänel von Raufendcn auftreten, mit denen dic
Auchkunst phantasiebehafteter Spezialzeichner gewiffer UnterhaltungSzeitschriften ihre erregenden und
 
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