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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung (9) — 1875

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Mai (No. 50 - 61)
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https://doi.org/10.11588/diglit.41571#0223
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»»chenllich drei Mal:
Lienstag, L»nnerst»g,
»n> ramstag.
All- P»stanstalten
Beten nehmen Be»
^ steSnngm an.


Amlsverkündigungsötalt für den Amts- und AmtsgerichtsöczirK Schwetzingen.
Badische Hopfenzeitung.

Bierteljshrl. Abonnement
Für', Wochenbl tt 1 Mark
^ SO. Pfennige.
Uttterhaltungrblatt
3b Pfennige.
Inserate:
bis »iergespaltene <L,r-
monbjcile ober berea Nanm
12 Pfennig«.

Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Ayeinpsalz.
Elpcbition, Druck und Verlag der T. W. M » riell 'schen Buchbruckerei in Gchwetzingen

«o. Ltz.

Samstag, 15. Mai 1875.

IX. Jahrgang.

Ansarate von Auswärts nehmen für UN« auch entgegen bi- Annoncen-Bureaux von Kaasenstein L Mogker, Andorf Za-sse und H. Aauöe ch K-., Süddeutsche Annaneen-Krpedtto»
von G. Stichhardt in Frankfurt, Stuttgart, Berlin. Leipzig, München, Wien, Zürich, Basel und Siraßburg, sowie da! ZSger'sche Central-Bureaux für Inserate in Frankfurt a./M

Der hohen Pfingstfeiertage we-
gen erscheint am nächsten Dienstag kein
Blatt
* Das Kapital-Rentensteuergesetz.
In den nächsten Tagen wird die öffentliche Aufforde-
rung zur Einreichung der Steuer-Erklärungen nach
dem vom letzten Landtage geschlossenen Kapitalrentcnsteuer-
gesetze ergehen. Ei dürfte deßhalb angezeigt sein, hier einige
erläuternde und zum richtigen Vcrständniß der Sache bei-
tragende Worte zu sprechen. Nach dem bisher gübigenKo-
pitalsteuergesetz vom Jahre 1860 bildete in erster Reihe das
Kapital selbst den Gegenstand der Besteuerung, und es wurde,
den einzigen Fall ausgenommen, daß der Zins weniger als
4 Proz. dek NennwcrtheS betrug, das Kapital mit
letzterem Werthe der Besteuerung unterworfen; weniger als
4 Proz. ihres Nennwertes rentirende Kapitalien wurden im
25fachen JahreSbetrag ihres Zinses zur Steuer herangezogen.
Offenbar lag nun eine Unbilligkeit darin, daß alle Kapita-
lien mit mindeste,iS 4prozentigem Zinserträge der gleichen
Besteuerung unterlagen, daß also auf die Höhe der Rente
bezüglich solcher Kapitalien ganz und gar keine Rücksicht ge-
nommen, sondern beispielsweise ein 4 Proz. rentirrndeS Ka-
pital von 10,000 fl. gerade so hoch besteuert war, als ein
zu 8 Proz. rentirendes Kapital von gleichem Betrage. Fer-
ner waren in jenem Gesetze Ausnahmen von der Besteue-
rung zu Gunsten der Ausländer und der Besitzer badischer
Industrie- und HandelSaktien gemacht, welche sich im Interesse
einer gerechten Lerthcilung der Steuerlast nicht länger auf-
recht erhalten ließen.
Alle diese Mängel sind nun durch daS auf den ratio-
nellen Grundsätzen der EmkvmmenSbesteuerung bosirende K a-
p i t a l r e n t c n st e u e rge s etz vollständig beseitigt. Nach
Artikel 17 dieses (in Nr. XXIX. des Gesetzes- und Ver-
ordnungsblattes vom Jahre 1874 enthaltenen) Gesetzes ist
Jeder, der ein den Jahresbetrag von 60 Mark übersteigendes
Einkommen an Kapital-Zinsen, Renten, Dividenden und
sonstigen einer andern direkten Steuer nicht unterworfenen
Bezügen hat, verbunden, dieses Einkommen wahrheitsgemäß
und gewissenhaft zur Kapitalrentcnsteuer anzumelden^ Der
20fache Betrag dieses Einkommens bildet alsdann das Lteuer-
kapital, von welchem die Steuer (für 1875 15 Pfennige
pro 100 Mark) berechnet wird. Die Kapilalisimng geschieht
durch den Steuerbeamten. Durch diese Art und Weise der
Steuerkapitalbildung wird der Zweck des Gesetzes, das Ka-
pital nach Vcrhällniß seines Ertrages zu besteuern, vollkommen
erreicht: Kapitalien, welche zu 5 Proz. ihres NennweriheS

renliren, werden mit diesem Werthe, weniger als 5 Proz.
rentirende mit entsprechend mederem, höher als 5 Proz.
rentirende mit entsprechend höherem Steuerkapital veranlagt.
Es wird hiernach beispielsweise ein Kapital von 20,000 M..
welches eine Rente von 4*/r Proz. ----- 990 Hark abwirft,
mit 900mal 20 ----- 18,000 Mark, ein ä)rSeAs Kapital von
20,000 Mark, welches eine Rente von 8 Proz. ------- 1600
Mark abwirft, mit 1600mal 20 ----- 32,000 Mark veran-
lagt. Was die verzinslichen wie unverzinslichen Lotterie-
Anlehens-Loose und Prämien-Obligationen anbelangt, so
ist vom Nominalwerthe derselben eine 5prozentige Rente zu
fatircn, welche gleichfalls mit 20 kapitalisirt wird. DieErb-
Zeit- und Leibrenten, sowie die Wittivenbemfizien werden
mit 2/s, die Waisenbenefizien mit */s ihres Jahrerbetrages
in die Steuererklärung ausgenommen, so daß z. B die Rente
aus einer vollen Einlage in die allgemeine BersorgungSan-
stall in Karlsruhe, welche nach dem Durchschnitt der letzten
3 Jahrc 40 Mark beträgt mit
2x- 40
—^-- 16 Mark versteuert wird, und e» bildet
das Zwanzigfache dieses Betrages ----- 320 Mark das der
Steuer unterliegende Kapital. Wittwen und Waisen bleiben
frei von der Kapitalsteuer, wenn ihr gesammteS rentirendes
Vermögen, einschließlich etwaiger Wittwen- und Waisenbcne-
kzitti. nicht mehr als 602 Mark MrLL. AutrLat^. .während
oieselben nach dem asten Gesetze steuerpflichtig waren, sobald
ihr Kapitalvermögen einschließlich des Kapi alanschlags der
der Wlttwen- bezw. Waisenbenefizien den Betrag von 4000
fl. überstieg. Eine wesentliche Neuerung besteht darin, daß
jetzt auch die Dividenten der Aknen von Handels- und Ge-
werbsunternehmungen, welche der badischen Gewerbssteuer
unterliegen, zur Versteuerung angemeldet werden müssen.
Im Lande wohnenden Ausländer sind mit ihrem gesammten
aus dem deutschen Reichsgebiete herkommenden Zinsen, Ren-
ten und Dividenden der Kapitalrenteasteuer unterworfen;
eS ist an die Steuerpflicht der Ausländer nicht mehr die
Bedingung geknüpft, daß sie sich ihres Erwerbes wegen im
Lande aushalten.
Jedem notorisch oder muthmaßlich Kapitalrentensteuer-
pstichtigen wiro durch den Schatzungsrath oder Steuerbeamten
ein Drucksormular zur Steuer-Eckiärung zugestelli, welchem
eine ausführliche Anleitung nebst Muster-Erklärung beigegeben
ist. Während der zur Abgabe der Steuer-Erklärungen an-
beraümten Frist wird stets ein Mitglied des Schatzungsrathes
auf dem Geschäftszimmer dieser Behörde (in der Stadtkanzlei)
anwesend sein, welches mündlich abgegebene Erklärungen in
die Druckformulare einträgt, die schrifllich einkommenden

Erklärungen entgegennimmi und prüft und jede gewünscht
werdende Auskunft und Belehrung ertheilt. Wer es unter-
läßt, der speziellen Aufforderung entsprechend, innerhalb der
vom Schatzungsrathe festgesetzten Frist seine Steuer-Erklärung
abzugeben, dessen Kapitalrentensteuerpflicht wird nach Art.
22 des Gesetzes durch den Schatzvngsrath von Amtswegen
festgestellt, ohne daß gegen diese Feststellung eine Rekurs
zulässig wäre.
'Politische Wochenübersicht.
Schwetzingen, 13. Mai.
Die politische Situation sieht sich sehr unsicher an,
wechselnd wie Hagelschauer und Sonnenschein an einem April-
tage, — das ist das Gefühl, das sich Aller bemächtigt, die
heute die KciegStrompeten schmettern und morgen die Friedens-
glocken läuten hören. Die „Times" glaubt einen ErklärungS-
grund für die jeden Augenblick wieder angeregten Befürch-
tungen gefunden zu haben, die sie kurzweg als die traurige
Erbschaft deS letzten Krieges bezeichnet. Indem daS englische
Cstydlat» nämlich auf die zuletzt von ihm mitgetheilten Parser
Allarmgerüchte zurückkommt, ergeht sich dasselbe in folgender
Ausführung:
Es wäre nutzlos zu behaupten, daß keinerlei Veranlassung
für die Unruhe vorliege, welche sich in den.mitgetheilten Ge-
rügt.» Luft mciche. Eine solche Stimmung entsteht nie ohne
allen Grund. In dem Gemälde von einer starken Partei,
welche auf das Verderben Frankreichs sinnt, erkennen wir
theils die Ausgeburt einer erregten Phantasie, theils aber
auch den freilich entstellten Wiederschein wirklicher Vorfälle.
Wir haben aus Deutschland selbst Schilderungen erhalten,
welche fast genau mit den in Frankreich umlaufenden Ge-
rüchten übereinstimmen Man braucht in der Thal nur die
deutschen Bätter zur Hand zu nehmen, um auf den Ursprung
solcher Gerüchte zu stoßen. In dem Maße, wie Frankreichs
Kraft wieder zngcnommen, hat Ich in Deutschland mehr und
mehr Unruhe bemerkbar gemacht ... Da die Deutschen nicht
schweigsam sind, so hat die Haltung ihrer Gegner gelegent-
lich Stoff zu zornigen und herausfordernden Erörterungen
geboten. Der Gedanke, daß Frankreich nach dem letzten
Kriege zu leichten Kaufs abgekommen sei, ist durchaus nicht
neu. Er ist in den letzten drei Jahren oft genug geäußert
worden, und wird auch heute wohl in militärischen Kreisen
oder in der Unterhaltung guter Patrioten laut. In Unter-
haltungen mit Franzosen mag der Gedanke, daß eS am besten
sei, den Franzosen mit dem unvermeidlichen neuen Kampfe
zuvorkommen, sich wohl in prahlerischen Warnungen äußern,
und cS ist unter solchen Umständen am Ende nicht allzu

Feuillkion.

Die Ließe Kennt keine Hrenze.
(Fortsetzung.)
Noch einer Viertelstunde mühsamer Arbeit war die Kiste
auS dem Keller in den Hof geschafft.
Durch die Luft gellte ein furchtbarer Aufschrei, als Felice
die Kiste erblickte.
„Nicht wahr, mein Täubchen", sagte der Schwarze, als
er jetzt auf sie zutrat, „wir wissen zu finden?"
„O. Du großer Gott!" schrie Felice auf. „Es ist
das Vermögen meines Vaters! Es ist Raub, wenn Sie mir
di? Kiste nehmen und Sic find . . .
„Stille, stille, Kind", sagte der Anführer schmunzelnd.
— „Den Gespenstern der Vogesen ist eS einerlei, ob essein
Vermögen ist oder nicht. Dein Vater, Kindchen", setzte der
Schwarze lallend hinzu, — „hat das Geld auch erst den
Arbeitern abgeschunden und es aufgespeichcrt. Gut! Nehmen
wir eS ihm wieder. . . . Eine Flasche, Claude!"
„Champagner oder Wein?"
„Nur Sekt — ;wei Gläser l"

Claude kehrte mit dem Verlangten zurück und schenkte
die beiden Gläser voll.
„Komm, Schätzchen, stoß mit an und laß Deine Grillen,
denn nun änderst Du doch nichts mehr an der Sache!"
sagte der Anführer mit schwerer Zunge, Felice das GlaS
kredenzend.
Diese schlug ihm das Glas aus der Hand, daß eS in
Stücke sprang.
„Weg von meinen Augen, Du elender Räuber. Schämst
Du Dich nicht, Bube, den Namen eines Franzosen zu tragen?"
„Du weißt wohl, wer ich bin?" fragte der Schwarze
wieder.
„Gewiß", antwortete diese, sich aufrichtend. „Auf dem
Hohenheimschen Eisenwerke in Thüringen warst Du ein ge-
meiner Wilbdicb und hier hast Du Dich zum Räuber auS-
gebildet, noch dazu in preußischer Uniform. Pfui Du bist
ein Scheusal in Menschengestalt!
„Täubchen so mußt Du nicht mit mir reden", sagte
der Schwarze weiter, — „Du weißt, Du bist in meiner
Gewalt. Kind", fuhr er, eene widerliche Zärtlichkeit an den
Tag legend, fort, — „wir wollen heute noch lustig mit ein-
ander sein. Sträube Dich nicht, gieb mir den Schlüssel zu
der Kiste."

„Ich habe keinen!"
„Sei kein Narr, Kindchen, erspare mir die Arbeit deS
Aufsprengens!"
„So wahr ein Gott im Himmel lebt! ... ich habe
keinen Schlüssel!"
„Ich werde es untersuchen!"
„Rühre mich nicht an, Elender!" rief Felice außer sich.
„Ich will den Schlüffe!!"
„Ich wiederholte es; ich habe keinen. Mein Vater in
Mülhausen hat den Schlüssel!"
Der Schwarze wollte auf Felice zugehen, in der Meinung,
daß sie den Schlüssel bei sich führe. Ehe er aber dies aus-
führen konnte, hatte sie dem nächsten Soldaten das Faschinen-
Messer aus der Scheide gerissen und rief:
„Wage es, Bube, mich anzugreifenI"
Sie war einen Schritt zurückgeireten und hob drohend
die Waffe.
Einen Augenblick imponirte ihm die Ruhe und die
Entschlossenheit des Mädchens, dann aber umzog seine Lippen
ein spöttisches Lächeln.
„Was willst Du, Kind, mit diesem gefährlichen Spiel-
zug? Lege es hin! Ein Wink von mir, und meine Leut«
haben Dich niedergeschosseu wie einen tollen Hund."
 
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