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Studien und Skizzen zur Gemäldekunde — Wien, 1.1913

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IV. Lieferung (Dezember 1913)
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Aus dem Semmeringgebiet, [1]: (das naturbild, die Besiedelung, Verkehrswege, alte malerische Ansichten)
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https://doi.org/10.11588/diglit.20638#0108

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wendstein bietet in manchen Jahreszeiten, wenn nicht gerade Rodelsport
getrieben wird, an Wochentagen gar manchen ruhig gelegenen Abhang,
der ungestörtes Betrachten der mannigfach gestatteten und geologisch so-
wie geotektonisch lehrreichen und durch mancherlei Wild belebten Land-
schaft gestattet. Die Grenze zwischen dem Kalkgebirge und Urgebirge
läßt sich stellenweise genau bemerken. Gewöhnlich macht mich das ver-
änderte Geräusch des Gehens darauf aufmerksam, daß ich in eine andere
Gesteinsart eintrete, ob ich z. B. im Kalkstein, oder auf dem quarzreichen
Urgestein, oder auf Grauwacke wandle. Weiter unten am Sonnen-
wendstein bei der neuen Märtenbrücke hat freilich der emsig arbeitende
Spaten das Gebiet um eine geologische Merkwürdigkeit ärmer gemacht.
Die auffallenden Gesteinsfaltungen, »Stauchungen«, sind schon nahezu
gänzlich auf Schotter verarbeitet worden.
Noch etwas weiter unten bei der alten Märtenbrücke, jetzt Mir-
thenbrücke genannt, hat man dagegen vielleicht zu viele Steine hinzu-
gefügt und damit das alte malerische Bild der halb verfallenen Brücke zer-
stört. Aber kaum wäre ein anderer Ausweg zu finden gewesen, als der,
das Brückengewölbe zu erneuern. Denn es war von Jahr zu Jahr gefähr-
licher geworden, den unterwaschenen morschen Übergang über die steil
abfallende tiefe Schlucht zu benützen. An der Bergseite war der ab-
schließende Bogen rechtshin bis nahe an den Scheitel ausgebrochen. Innen
sah es noch böser aus. Die Mauern, talabwärts zum Schutz der steilen
Böschung errichtet, waren an vielen Stellen eingestürzt. Da mußte doch
etwas getan werden. Die Wiederherstellung der Brücke ist mit Benützung
der alten Steine geschehen, von denen viele noch mit alten deutlichen
Ziffern oder Buchstaben versehen waren. Diese Signaturen waren meines
Wissens Niemandem aufgefallen. Ich habe sie vor Jahren genau verzeich-
net und mir damals auch von der Inschrift am Schlußstein des Bogens
nach der Talseite hin alles kopiert, was aus der Entfernung noch leser-
lich war.
Die Signaturen begannen im Bogen der Talseite rechts unten mit
arabisch: 1 (in der doppeltgeschweiften Form aus dem 18. Jahrhundert)
und reichten in ununterbrochener Reihenfolge bis: 7. Dann folgte der
Schlußstein mit der Inschrift. Links begann die Signierung unten mit A.
Das B, C und D waren ganz deutlich auf den drei folgenden Steinen.
Nicht ebenso deutlich die Bezeichnungen weiter nach oben hin. Bei der
Wiederherstellung der Brücke im Jahre 1910 wurde leider die Reihenfolge
geändert, doch blieben die alten Gewölbesteine wenigstens erhalten. Bei
der Gelegenheit der Restaurierung wurde in dankenswerter Weise die In-
schrift auf dem Schlußstein durch Herrn Maurermeister R. Schrollenberger
abgeschrieben. Nach dieser Abschrift*), die aus der Nähe genommen ist,
konnte ich einige Stellen meiner Kopie ergänzen, wie denn dafür wieder
aus meinen Notizen einige verlesene Stellen der fremden Abschrift richtig
gestellt werden konnten.
Demnach ergab sich folgendes:

*) Ein Abklatsch hat mir nicht Vorgelegen und würde wohi eine vollkommenere
Lesung ermöglichen.
 
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