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Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste — 9.1918-1919

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Viertes Heft (Juli 1918)
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Mehring, Walter: Balladen
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Müller, Günther: Gedichte
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Friedlaender, Salomo: Die Entführung
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https://doi.org/10.11588/diglit.37111#0068

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Bunte Fälle
Bunt
fällt Blumen an
Beißt
Wild Gekläff
Grell
Klafft die Wildnis
Da springen Peitschen hinterher
Windhin
Und rennt ums Leben
Bebt
Gebändigt
Weltzerwühlt das Wild
In Rudeln
Ruht
Aufruhr das dunkle Blut
Prunkt
Schamverbrämt
Zahm
prangt
die Pranke
Bluterstarrt erstorben
Stier
frieren
Blumenflecken
weithin
weidenhin
Weit öffnet Gottes Garten
Arm und Reich
die Blumenarme
tief
Geborgen tragen
Bergüber seilgespannt gesponnen
Sonne Mond und Sterne rollen
Sternaugenvoll
Erfüllung
Schüttet
Aus vollen Händen
Händehingestreut
Zerstäubt
Zerstoben
Goldgehäuf von kleinen Hufen
kleiner Pferdchen
Goldgefährt
Geführt
Gefahrenatmend
Schmetternde Fanfaren
Bricht
die Bahn
In
Brand
In
Brausen tausend Abhang
An
Hinan
Grashang zergrasend
Grabhang
Rasend
Rast
Bluthast
Gefangen
sehnt
Fang Sehne auf
Lacht flaggenauf
nachtauf
das Grab

H)

Gedichte
Günther Mürr
Herzschlag du meiner Seele,
Durchblute mich und tränke neu die dürrgeglühten Adern.
Klopf auf, Marienschlag, den innigen Takt aus süßer Scheu,.
Sink ein, du,
all ich sauge dich durstig auf.
Ström hin durch williges Bett,
nicht halte dich fest,
daß deine blaue Fülle mich durchflutet,
mich überflutet.
Ström ein, du.
* *
Wirf mich nieder,
Welle, die über mich strömt,
mich fruchtdurchflutet.
Drückst du durchrauschend neuen Schwung ins stockende Herz,
daß ich schauernd der Fülle erbebe,
schwellend von dir durchblutet.
Herz, zu klein dir, spannt sich,
springende Knospe.
Hin schmilzt Enge,
alles bin ich nur Herz,
treibend den Saft aus dir,
süßeste Quelle,
Saft der letzten Wirklichkeit.
Gott ist Liebe.
* , *
Vogel gleitet das müde Herz in Abend nieder.
Immer bereites Nest nimmt warm mich auf.
furchtsam schmiege ich mich aus dem Sturm in Traulichkeit,
Dicht umfängst du mich.
Tröstlich wiegt uns Geistwind auf dünnem Ast.


Die Entführung
Mynona
Haus stand bei Haus. In den Vorfluren hantierten die
ehrenwerten Diener, und drinnen, in den Festgemächern, er-
freuten die reichen Familien sich ihres liebenswürdigen Da-
seins. Margarete mischte sich Punsch. Onkel Emil kaute Weiß-
brot mit kaltem Fasan. Der Großpapa schlürfte eine Auster
nach der andern. Da kam der Diener Wilhelm vorsichtig auf
den Hausherrn, den Baron von Bohleke zu und flüsterte höflich:
,.Draußen sind drei Männer vorgefahren, welche den gnädigen
Herrn zu sprechen verlangen." ,,So führe sie ins Empfangs-
zimmer!" ,,Aber sie erwarten den Herrn Baron draußen in
ihrem Wagen." ,,Was?", der Baron kreischte empört. ,,Mich!
Was sind es für Männer?" ,,Es sind keine vornehmen Herren;
es sind so Leute mehr Unseresgleichen." ,,Wo ist meine Hunde-
peitsche?" ,,Liier, gnädiger Herr." Baron Bohleke begab sich
vors Portal. Da stand eine Mietskutsche und drinnen saßen
drei Männer. Sie trugen Schirmmützen und schäbige Kleidung;
zwischen ihren bärtigen Mäulern wanderte eine Pulle. Sie
sahen aus wie von Zille gezeichnet, und der eine sagte gröhlend:
,,Wenn Bohleke nicht rauskommt, schlag ich ihm den Schädel
mit der Pulle ein." Bohleke trat, indem er mit der Peitsche
an sein Hosenbein klatschte, dicht an den Wagen. ,,Wäs wollen
Sie? Aber bitte, ein bischen rasch." Statt aller Antwort wurde
Bohleke von sechs Männerfäusten ergriffen, in den Wagen
gehoben, geknebelt und fort sauste das Gefährt vor dem ent-
setzten Diener, der mit offenem Munde nachstarrte! — Die
drei Männer indessen lachten und tranken. Sie lobten ihren
Kutscher. Den von Bohleke hatten sie wie ein Paket zu ihren
Füßen; er konnte sich nicht rühren; sie hatten ihn gefesselt.
Nach etwa einer halbstündigen Fahrt, während welcher von
Bohleke sich vergebens bemühte, Orientierung zu bekommen,

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