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Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste — 9.1918-1919

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Fünftes Heft (August 1918)
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Heynicke, Kurt: Die Sappe
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Allwohn, Adolf: Liebesgedichte
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https://doi.org/10.11588/diglit.37111#0078

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Die Sappe
Kurt Heynicke
Ich bin müde in den Tod. Meine Augen sind Tore, geöffnet
unendlichem Anblick grausamer Leiden. Meine Gedanken
hängen fiebernd an der Vernunft, Mein Gewehr klebt an
meinem Willen, letzter Anker vor der Sturzwelle.
Ich bin an der Reihe. Die Zeit zeigt meinen Namen. Ueber
mir wandert der Himmel um die Erde. Ueber uns ist der ewige
Gott. Ich bin der Mensch.
Die Nacht schläft fast. Alle Minute atmet eine kurze
Granate, springt auf, ein Frosch, klatscht in den Schlamm.
Sappenposten ist zusammengebissene Lippe, ist brennendes
Auge, kriechende Angst. Die Sappe ist zusammengeschossene
Erdschlange, blind, tot.
Schlamm ist rings Erde. Schlamm zerrt mit gelben Fingern
an den Beinen, kriecht bis zu den Hüften. Muskeln kämpfen.
Augen stechen durch die Nacht. Nerven zucken an den Spreng-
stücken. Ich bin der Sappenposten.
Wasser ist mein Stuhl. Meine Zähne schmecken Lehm.
Süße Luft sinkt in die Lunge. Ich zertrete mich. Ich stiere
spitze Blicke in die Nacht. Ich bin die Nacht.
Es kriecht. Gestaltlos Dunkel fällt mich an! Wird Laut!
Stöhnen.
Ein Kind schreit. Mein Verstand lächelt. Nein. Ein Kind
zwischen den Heeren.
Das ist das Kind der Millionen Väter. Mein Ohr fiebert
Ein Mensch schreit seine Qual über das Schlacht-Feld. Alle.
Die Heere. Ein Mensch schreit Hilfe. Schlamm zerrt einen
Menschen in die Erde. Tausend Saugfinger zerren Jugend in
den Tod.
Leuchtkugeln fliegen überhastig. Dunkel stirbt. Mensch
versinkt. Feind versinkt. Feind? Ein Mensch! Der Mensch
Ich bin Soldat. Helfe ich, bin ich tot. Ich wachse an mein
Sappenloch. Nein! Sterben ist süß! Ich will auch versinken!
Meine Mutter! Er hat Kinder. Wer?
Er schreit noch. Rettungslos. Hilfe ist Tod. Ich bin
Soldat. Ich stehe vor meiner Brüder Schlaf. Ich liege vor
meiner Mutter Haus. Ich schütze meiner Liebsten Reinheit.
Die Stunde hüpft. Er versinkt. Die Leuchtkugel sirrt.
Noch die Schultern heraus. Stirb leicht, Kamerad! Ich bin
Soldat.
Lehm schmeckt bitter. Lehm an der Kehle. Kalte Faust
Es wird furchtbar sein. Er schreit noch. Ich bin ein Mensch
Mein Gewehr hat die Menschen lieb.
Kalt sein! Kalt sein. Kerl! Soldat! Jetzt hat er den Lehm
am Hals. Mein Herz ist Eis. Ich tus! Ich — ich schieße,
schieße, schieße.
Gott sei gnädig.
Schlafe wohl.
Kamerad.
Mensch.
Mensch im Sumpf.

Liebesgedichte
Adoli Allwohn
Sehnen
Matt ist der Tag
Erdrückt ist schwer
Wange bleit
Bangt das Meer
Wjolken tiefen
Einsam Hände
Schwült der Tag.

Fiebert Rot. ' ' * ' ' "
Schwelt graue Wand,
Schwellt reiße Brust.
Klammt knirsches Weh.
Weh!
Klirr!
Klangt
Glockt - ^
Klagt.
Sehnt!
Sehrt
Siecht
Seet.
Wühlt!
Weint ä
Würgt
Weht.
Ein Strecken sank in matte Nacht.
Aaierstehen
Gestorbener Tag
Schwarzer Glast
Wolken sind kalt
Alt sind die Bäume
Aeste verblassen
Verinnert ein Kahlen
Wurzeln vergelben
Verschwert ein Friede
Schwarz und Silber,
Es pocht an ein Grab.
Blühe
Blüte
Lichte
Liebe
Jenseits
Todseits
Ferne.
Tannt Ueberleuchten,
Auferstehn zu Kapellenblau und Mariengold.
Kniet ein Herz
Kalten Steine
Leist in sich.
Stern
Zwei goldene Bahnen
Stirbt Nacht
Ferne überstarrt
Schwarzglänzende Welt.
Stumm steift Geschick.
Demut dunkelt ein Beugen.
Lastet
Berg
Welt
Schwer.
Biegend entbäumt.
Knieend enträumt, .
Tief.
Stern.
Selig übergnadet.
Licht ist Verheißung.
Geschick ist schwarz.
Geschick ist licht.
Gesegnet Glanz,
Ueberbogen Schein.
Geseligt hoch.
Ueberhelltes Dunkel.
Einheit-Erfüllung,
Zwei goldene Bahnen
Steigt Geschick
Blind überspiegelt
Sternglänzender Schein.

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