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Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste — 9.1918-1919

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Zehntes Heft (Januar 1918)
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Heynicke, Kurt: Trommelfeuer
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Heynicke, Kurt: Kirche
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Behrens, Franz Richard: Gedicht
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Walden, Herwarth: Zeitgemäß
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https://doi.org/10.11588/diglit.37111#0142

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Trommeifeuer
Kurt Heynicke
Der Sappenposten ballt sich zusammen. Ein Ereignis
stiert ihm ins Gesicht.
Aufschreit Nacht — er fällt hinüber in den Tod.
Nacht tanzt. Kurz bellt Granate auf. Neue Fetzen
reißen Erde blutend auf — Sprengstücke flattern, sirrende
Vögel des Todes.
Feuer flutet. Die Blicke im Unterstand horchen.
Nacht hüpft höhnisch unter die steigenden Blutsäulen der Erde.

Feuer flutet zum strömenden Meere
Gewalt. Luft stöhnt sich pfeifend Geschossen
entgegen. Nichts. Gewalt.
Das Feuer rast. Licht löscht im Stollengang.
Die Blicke werden fern. Eine Frage bäumt auf,
tausend Ohren horchen:
Warum?
Antwort trommelt höhnisch dumpf meterhoch
über dem Schacht.
Ein- Gebet schreit auf.
Ruhe.
Aus!
Nacht.
Nichts.
Nichts? Das Warum hockt im Eingang.
Wir sind alle Tiere. Wir werden geschlachtet.
Hunde sind wir!
Flüche ballen wirr und bangen ums Leben.

Warum?
Die Frage hockt eigensinnig in aller Seelen.
Gott!
Gelächter ertötet den Namen.
Gleichviel — gleich sterben ist Glück.
Denken erlischt.
Einige fallen dumpf in den Schlaf.
Warum hämmert auf zertrommelten Nerven.

Nacht.
Granaten.
Grauen.
Flüche. '
Wenn wir alle Brüder sind.
Brüder
trommelt der Haß die Erde entzwei.

Leid herrscht das All. Leidenschaft der Leiber
Herrscht Tag und Zeit.
Wir sind nachts.
Ein Gedanke.
Nichts.

Nacht tanzt rasend über tote Sterne.
Fluch.
Feuer rast.


Kirche
Kurt Heynicke ^ r
O, tiefes Blau in hohen Kirchen ^
an Kreuzen sanft vorübergleitend
und aus der Heiligen Munde hauchend
Madonna Opfer knieend schwer und reich.
O Tanz der Sonne durch bemalte Fensterscheiben,
o blondes Kind vor Andacht bebend vor Maria, deiner
Schwester!
Die steilen Priesterstimmen schneiden durch die Dämmernis
zerbrochen liegt die Stunde
und der Heiland weint


Gedicht
Franz Richard Behrens
Für Lia Ley
Blütenjagd beginnt
Kußweißer Sonne
Hände straucheln
Blust
Cirren wangt
Gischt
Seidestreicheln
Lehnen knistert
Auge kniet
Ergeben


Zeitgemäß
Die Vossische Zeitung von Staats- und Gelehrten Sachen kann
nicht umhin, ihre Leser von einer neuen Oper des Herrn Sieg-
fried Wagner zu unterrichten, die auf den nicht unpoetischen
Namen ,,Sonnenflammen" hört. Der Herr Berichterstatter äußert
sich nicht über die Musik, was in diesem Fall begreiflich ist.
Wohl aber äußert er sich über die Dichtung: „Die Dichtung hat
einen zeitgemäßen Konflikt zum Gegenstand, dessen Lust und
Schmerz so mancher von unsern jetzt heimkehrenden Orient-
kriegern a m eignen Leib und eigner Seele erfuhr: Die
Unterjochung des siegenden Ankömmlings durch östlich-weiche
Sinnlichkeit, das Aufgehen herben deutschen Mannestums in der
schmeichelnden Wollust orientalischer Arme, das Versagen
nordisch-deutschen Rassegeistes vor südlich-süßen Rasse-
reizen." — Dieses Mannestum wird zwar bereits in der Orient-
bar zu Berlin mit Erfolg unterjocht, immerhin, der Konflikt ist
zeitgemäß. Er wird auch zeitgemäß gelöst. Der Orientkrieger
besinnt sich nach dem Treubruch auf die Heimat, „die ihm in
Gestalt seines Vaters Verzeihung und Kraft zum erlösenden
reinigenden Opfer bringt." Der Vater Heimat packt ihn
am eigener Seele „mitten im Rausch eines wilden Tanz-
gelages stößt er sich den Dolch in die Brust", und als guter Deut-
scher stirbt er schillernd mit den Worten: „Seht hier, wie ein
Franke die Ehre ehrt!" — Die Vossische Zeitung findet, daß
diese Dichtung „an Ideale unserer ersten Jugendzeit, an Platen,
Lingg und Dahn gemahnt". O Lust, o Schmerz, o Orientkrieger,
o Jugendzeit
Herwarth Wäldern

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