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Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste — 9.1918-1919

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Zwölftes Heft (März 1919)
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Heynicke, Kurt: Gespräche mit Gott
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Allwohn, Adolf: Und Er
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Heynicke, Kurt: Gedichte
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https://doi.org/10.11588/diglit.37111#0160

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Die Scheu steint den Stern zurück
Raucht Frieden das Fenster verscheiert den Tag
Mur noch eins ist die Not
Einbilden den Ring zu müssen das Silber der Schmiede
Raum raunt sich das Künden erschreckt in den Schrei
Und das Feuer glüht den Schweiß über alle Gitter der Nächte.


Gespräche mit Gott
Kurt Heynicke
Ich bin nichts.
Flatterndes Blatt im Wind, Märzkind, Mailachen, Sommerhell,
Herbstmüde, Wmtertod.
Ich, Blatt am Baum.
Ewig blühe der Baum.
Mein Körper ist das Blatt.
Ich bin der Baum.
Ich habe tausend Körper durch unendlicher Jahre Maß.
Geber mein schwankes Dasein Hießt Sonnenschein, brandet
Regen.
Der Baum trotzt in die Zeit.
ich bin der Baum durch Millionen Blätterjahre.
Sterben ist Lachen. Dunkel. Dunkel ist nicht grausam. Süß
ist das Dunkel.
Ich will sterben. Morgen entfliehe ich meinem Körper. Morgen
bin ich befreit. Gott? Wo ist sein Name?
Gott ist farblos. Ist nicht größer als meine aufgereckte Hand.
Tritt zu mir, Gott.
Sprich: Ich leide wie du.
Dann sinke ich hin, toten Geistes, und meine Lippen flüstern:
Bruder.
Bist du das Leid?
Grausam ist deine Tat, schwarzrot dein Antlitz, Hohn dein Auge,
Fluch deine Stimme.
Gott!
ich kniee vor dir mit tausend zuckenden Gebeten,
iöte das Helle nicht, das meiner Seele Liebstes ist.
Gott!
Peitschest du mich, mich selber dem Licht entgegenzuschreien,
das erlischt.
Gott
Sieh mich winseln, ich bin nichts vor dir, ich beuge meine Kraft,
ich zerbreche meinen Willen,
ich bin
nichts!
Nein!
ich stehe aufrecht vor dir.
Mitten im Meere der Dunkelheit.
Ich bin du.
ich will tragen.
Gib mir Leid, mein Herz bereite aus tausend Schwertern.
Erkenne mich an!
Ich, der Mensch.
Ebenbild.
Dunkel mußt du selber sein.
Grausam.
Lehre mich dich.
Hell
Mein Blut tobt wider die Seele.
Meine Seele ist heilig und liebt ein Weib.
Ihre Seele wehrt sich-
Ihr Leib ist anderswo.
Lächelnd beugt er unter der Gewalt stärkeren Leibes.
Gott, o du Verwirrer der Fäden des Schicksals!

Ich muß den fremden Leib töten.
Bin ich Gott? ,
Ich kann tothassen.
O, es ist süß, den Purpursaum schwüler Nächte zu küssen.
Meine Seele ist einsam und fürchtet sich.
Herr, rette mich!
Meine Seele ist allein
die Stunden werden dunkel.
Gott.
Du lächelst.
Meine Seele schreit nach der Seele.
Gott
Guter Vater.
Du gibst.
Meine Seele steigt und singt.
Ich fühle Einheit.
Weg ins All seit Urbeginn.
Meine Seele schreit in Schmerzen.
Hängt ein Körper an der Seele!
Lachend!
Dort!
Hier!
Ich gelie sterben.
Ich gehe lächelnd einen Berg voll Lichts. Ich bin überwunden
von der Welt, denn ich habe überwunden die Erde.
Aller Willen des Leibes fällt von mir. Meine Seele ist
blauer Himmel. Ich bin allein-
Ich trage das Leid der nicht Ueberwundenen.
Ich trage das Leid der Seele, die ich liebe.
Ich weine. Sie ist tief im Dunkel der Blutnacht. Ihr Leib kniet
vor der Stärke des Geschlechtes. Ich aber singe und
will erlösen.
Singe dich heimwärts Seele. ^
Vor uns der heilige Berg.
Wir wandern.
Unter uns weiß im Nebel die Menschen — Ebene,
Sonne flicht Faden hindurch.
Feucht ist unser Haar von der Nacht, im Morgen glänzt unser
Angesicht, unsere Arme breiten entgegen dem weißen
Berge der Erfüllung.


Gedichte
Kurt Heynicke
Blauer Leib der hohen Nacht.
Tausend aufgebome Sterne.
Fällt auf dich die helle Nacht.
Sacht erblühen deine Augen,
meine Hände sind erwacht,
gottentgegen Sehnsucht neigend,
strahlst du auf,
mir in meine Seele steigend.
Wanderlied
Meine Heide in der Nacht.
Wind, der durch die Föhren taumelt
mit der Sehnsucht meines Herzens
O du blauer Leib der Heide in der Nacht.
Fremde Heide.
Fremder Himmel steigt dem Weg vorab.
Du bist nicht mein Heimatheidenland
Tausend fremde Füße durch die fremde Heidestraße.
ln der Nacht
meine Seele wandert sternenlängs
in das deutsche Haus in meiner Heide.
Rot ist der Soldatentod in fremder Heide.
Rot ist Erika, das Heidekraut.
Rot ist Mohn im Garten vor dem Heidehaus

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