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Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste — 9.1918-1919

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Zwölftes Heft (März 1919)
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Wauer, William: Über Moralisches
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Behrens, Franz Richard: Gedichte
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https://doi.org/10.11588/diglit.37111#0164

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Jäger morden —
Hirten betrügen —
Bauern sind lasterhaft.
Des Jägers Tugenden: Mut, Kaltblütigkeit, Entschlossen-
heit, Ausdauer, Bedürfnislosigkeit, Klugheit — Er stellt Fallen.
Des Hirten Tugenden: Gewandtheit, Ueberblick, Eifer, Un-
ermüdlichkeit, Berechnung, Schlauheit —
Er täuscht mit Listen.
Des Bauern Tugenden: Charakter, Unerschrockenheit,
Fleiß, Zähigkeit, Vorsicht, Sparsamkeit —
Mit Mißtrauen überfordert er.
Des Jägers Heim: Ein Zufall — ungepflegt, ungeliebt —
leicht verlassen.
Des Hirten Heim: Das Zelt weich und bequem — Schmuck
und Zierat — heimliche Schätze — aber flüchtig gebaut —
wahllos geschmückt und von keiner Dauer.
Des Bauern Heim: sein Haus, seine Burg. Kleine Fenster.
Saubere Wirtschaft. Plump. Solid. Schmucklos, aber echt.
Des Bauern Weib: seiner Kinder Mutter — seines Hauses
Magd — seines Besitzes Repräsentantin:
Gemahlin, die mit ihm das Mahl teilt (höchste Auszeich-
nung bei schlechter Behandlung).
Des Bauern Kind, gezüchtet und umsorgt.
Des Hirten Weib: seine Geliebte — seines Zeltes größter
Schatz — vor den Volksgenossen seine Gattin.
Die nur er begatten darf (strengste Abschließung, bei
zärtlicher Verehrung).
Des Hirten Kind: verwöhnt und mißhandelt.
Des Jägers Weib: seine Gefährtin — seine Pflegerin —
seine Liebste.
Die im Schutze seiner Neigung steht (große Sicherheit bei
sorgloser Rücksichtslosigkeit).
Des Jägers Kind: geliebt und vernachlässigt.
Der Jäger schlingt und liebt das Gelage —
Der Hirte schmaust und sucht Schlemmerei —
Der Bauer ißt und ergibt sich der Völlerei —
Jäger lieben —
Hirten verführen —
Bauern heiraten —
Der Jäger verkriecht sich, wenn er erkrankt ist —
Der Hirte barmt und fürchtet den Tod —
Der Bauer nimmt's übel und schimpft —
Des Jägers Künste sind die gestaltenden, die Künste des
Auges und der Hand.
Er bildet, forscht, philosophiert und erfindet.
Des Hirten Künste sind die spielenden und redenden: die
Schriftkunst. Der Hirte ersinnt Fälle und Systeme, tanzt,
singt, weissagt und phantasiert.
Des Bauern Künste sind die dekorativen und die bauenden,
— Anbauer ist er in der Wissenschaft und im Staat.
Der Jäger im Kampf: er liebt den Angriff —
Der Hirt im Kampf: er haßt den Streit —
Der Bauer im Kampf: er bleibt Verteidiger —
Bauemrache: Sengen und Brennen —
Er zerstört Besitz.
Hirtenrache: Brandschatzung und Ueberfall —
Er raubt sich Bereicherung.
Jägerrache: Fehde und Plünderung —
Er übt Gewalt und tötet.

Gedichte
Franz Richard Behrens
Abschied
Bleiern uhren Regensägen
Eichen blättern früh <
Soldaten winden Fichtenzweige
Ich trinke die schwarzen Demanten silberner Buchen
Koste nur Wasser
Wasser schmeckt grau
Tangerhütte
Weiter Streifen
Schneidet Wald
Lang sehnt Sand
Eisen eß ich
Feuer trink ich
Brechbersten Gesang
Alle Kiefern helden
Alle Birken Engel
Alle Zahlen Sterne
Stangen
Stände
Ständer
Leiden Ton
Zittern Schwinge
Schienen Tod
Fahrt zum Osten
Warthe plättet kantend Band
Bleies Band
Blaues Band ,
Linien lilien Lieder
Lose Stoppeln trösten braune Pappeln
Knappe Weiden schlürfen eben Duft
Mein Sehnen fällt ins trä e Schrägglas.
Vormarsch
Dämme steinen Kaiserinnen
Leiser bauen Donner Dome
Tausend bauchen Weite
Mich wandet Wald
Wolken knien ineinander.
Marynka Matecha
Teerosen knospen glocken See
Holunder errosten Demanten
Fersen rehen nackt Jasmin
Libellen schüfen lachen Lenz
Gelber Mohn mait veüchen Pfirsich
Zwei
Eichen spalten Sperren
Sterne starren ^
Reigen
Buchen springen Sprühen
Süden Ringe
Säuseln
Feuer fernen
Femen
Sieben
Losen leisen flehe Flöten
Scheka
Golden buchen blute Roste
Abend haiden Sonnensträuße
Braune küssen schneekasteien

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