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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 9.1921/​1922

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Heft 1
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Potier, Otmar Baron: Waffengeschichtliches aus dem Wiener Jagdteppich
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https://doi.org/10.11588/diglit.44571#0024

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OTMAR BARON POTIER, WAFFENGESCHICHTLICHES AUS DEM WIENER JAGDTEPPICH BAND 9

Beschlägen erglänzte. Die Sättel sind Bocksättel mit
hohen Stegen (Zwieseln) und tief herabreichenden
Seitenblättern. Meist ist ein jeder Sattel mit einer
gestreiften, gewürfelten, oder mit Sternchen, mit
Rosetten bestickten Decke verhüllt. Wie groß das Be*
harrungsvermögen des Morgenländers auch auf dem
Gebiet der Kleinkunst ist, zeigt ein Vergleich dieser
Sternchen, Rosetten hinsichtlich der Formern und
Farbengebung mit der Musterung der Kaftane der
Gardisten auf dem Faience*
fries am Palast des Königs
Dareios I. in Susa (M. Dieu*
lafoy, L’actopole de Susa)
und mit der 1870 vom
Österreichischen Museum
für Kunst und Industrie er*
worbenen und im Saal VIII
ausgestellten Leibbinde. Die
sehr kurz geschnallten Bügel
sind die kleinen persischen
mit schmalen gewölbten Ste*
gen und Trittblechen, in
denen im Gegensatz zu den
mächtigen arabischen Steig*
bügeln nur der Vorfuß des
Reiters Platz findet. Die
langen Schweife der Pferde
fallen in etwas gekünsteltem
Schwung entweder frei und
„fasanenartig“ herab, so daß
man meinen könnte, die per*
sischen Stallburschen hätten
die Pferde vor dem Ausritt
nach richtiger Roßtäuscher*
gepflogenheit „gepfeffert“,
oder die Schweifhaare sind
ähnlich wie die oft auch ein*
geflochtenen Mähnenhaare ab* und aufgebunden,
wohl um beim Durchbrechen durch das Unterholz
sich nicht in diesem zu verfangen.
Die auf diesem Teppich dargestellten Ausschnitte
aus dem Bild einer persischen Hofjagd stimmen im
Vorwurf und in seiner künstlerischen Ausführung
ganz auffallend mit zwei persischen Miniaturen über*
ein, deren eine dem 15. Jahrhundert zugeschrieben
wird, während die andere von dem Illuminator
Scheich Muhammed ben Fachr*ed*din Ahmed es
Sultani aus Herat im Monat Scha*’ban des Jahres 934

(d. i. am 21. April 1528) in einer Abschrift vollendet
wurde. Erscheint auf dem ersten Bildchen der töt*
lieh verwundete Löwe in der Haltung förmlich dem
sterbenden Löwen aus demPalaste Assurbanipals nach*
empfunden, so erinnert auf dem zweiten Bild die vom
Maler festgehaltene Episode auffallend an den Meister*
schuß des Prinzen Bahram*Gor, wenn wir in der Raub*
katze, welche hier den Esel schlägt, nicht etwa anstatt
des Löwen einen Jagdleoparden erblicken dürfen.1)
Ich bin am Schluß meiner
Ausführungen angelangt.
Sollte ich die eine oder die
andere Einzelheit übersehen
haben, so entschuldigt dies
der Umstand, daß ich ja
ebenfalls nur wie jeder an*
dere Besucher der Ausstel*
lung morgenländischerTep*
piche aus ehemals kaiser*
lichem Besitz den hier
waffengeschichtlich gewür*
digten Jagdteppich aus einer
gewissen Entfernung stu*
dieren konnte und darum
kleinere Einzelheiten in der
Bekleidung und Bewaff*
nung, besonders der gegen
die Mitte des Teppichs ge*
rückten Berittenen, über*
sehen haben mag, eine Mög*
lichkeit, welche das bien*
dende Glänzen der Seide
im von oben einfallenden
Licht, die stellenweise Aus*
moderung des T eppichflores
unterstützte. Das aber be*
weisen die Trachtenbilder
auf diesem Teppich von neuem wieder: die außer*
ordentliche Zähigkeit, mit welcher der Asiate am
erprobten Althergebrachten hängt, der sich damit
mittelbar zu dem Spruche Freidanks bekennt
Swä man lobet diu alten site,
Da schiltet man diu niuwen mite.
') Literarisch gewürdigt wurde dieser Teppich im „Jahrbuch
der kunsthistorischen Sammlungen“, Wien, 15. Bd., 1892. —
„Orientalische Teppiche“, Wien, 1892, unter Nr. 130. — F. R.
Martin: ,,A history of oriental carpets 1908“, S. 54. — „Die
Ausstellung von Meisterwerken muhammedanischer Kunst“,
München 1912, Bd. I, Tat. 42 und 43. — W Bode : „Vorder*
asiatische Knüpfteppiche“, Leipzig 1914, S. 9.

Abb. 6. Prinz Bahram*Gor auf der Löwenjagd
(Aus dem Wiener Jagdteppich)
 
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