Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 9.1921/​1922

DOI Heft:
Heft 1
DOI Artikel:
Gümbel, Albert: Johann Glöckner von Zittau, ein Nürnberger Festungsbaumeister 1430 - 1442
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44571#0025

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
HEFT 1 A. GÜMBEL, JOH. GLÖCKNER VON ZITTAU, EIN NÜRNBERGER FESTUNGSBAUMEISTER 11

JOHANN GLÖCKNER VON ZITTAU,
EIN NÜRNBERGER FESTUNGSBAUMEISTER 1430-1442
VON ALBERT GÜMBEL

Zu Beginn des Jahres 1430 hatten sich die Heer«
scharen der Hussiten raubend und mordend über die
an Böhmen angrenzenden deutschen Landschaften
ergossen. Auch Franken litt damals in furchtbarer
Weise: Bayreuth, Kulmbach, Hof und andere Städte
und zahlreiche Dörfer sanken in Asche, die Ein*
wohner, soweit sie nicht „zu Holz“, d. h. in die
Wälder geflüchtet waren, wurden ermordet oder zur
Erpressung von Lösegeldern fortgeschleppt. Endlich
gelang es dem Markgrafen von Brandenburg und
den übrigen fränkischen Herren durch Zahlung von
hohen Brandsteuern, die Hussiten von weiteren Ver*
wüstungen abzuhalten. Auch Nürnberg erkaufte die
Schonung seiner Umgebung durch Erlegung von
12000 Goldgulden. Jedoch gaben sich Rat und
Bürgerschaft keineswegs der Hoffnung hin, damit
für alle Zeiten vor dem Angriff eines Feindes, den
kaum noch religiöse Begeisterung, sondern grimmiger
Deutschenhaß und zügellose Plünderungslust über
die Grenzen führte, gesichert zu sein. Mit größtem
Eifer wurde die schon seit einigen Jahren, insbeson*
dere nach Ankauf der Markgrafenburg, begonnene
Verstärkung des Befestigungsgürtels der Stadt fort*
gesetzt, wobei die gesamte, über 12 Jahre alte Be*
völkerung, Männer und Frauen, zur Fron im Graben
verpflichtet war, soweit sie sich nicht von diesem
Dienste durch Geld loskaufte. Schon wiederholt
hatte die Stadt für diese Arbeiten den Rat und die
Anweisung fremder Werkleute in Anspruch genom*
men, unter denen insbesondere der Baumeister und
Büchsengießer Hans Felber von Ulm zu nennen ist.1)
Auch im Februar 1430, als die Lage für Nürnberg
besonders drohend erschien, war dieser auf Bitten
des Rates nach Nürnberg geeilt. Möglicherweise
trugen sich die Nürnberger mit der Absicht, Felber
dauernd oder doch auf längere Zeit für den Dienst
der Stadt zu gewinnen, indessen gelang dies nicht.
Dagegen finden wir gerade seit jener Zeit, da die
Nachrichten über Beziehungen des Ulmer Meisters
zu Nürnberg versiegen, den Namen eines anderen
*) Vgl. meinen Aufsatz „Der Baumeister und Stückgießer
Hans Felber von Ulm, dessen Beziehungen zu Nürnberg und
Todesjahr“ im Rep. f. Kunstwissenschaft, Bd. XXXIV, S. 232 ff.
Auch die Augsburger sandten den Nürnbergern damals zwei
Werkleute „zu tröst“ zu.
2) Pescheck,Handbuch der Geschichte von Zittau, 2.TL, S. 508 ff.

Baumeisters genannt, der acht Jahre lang (1430 bis
1438) sein Können in den Dienst der Reichsstadt
stellte: es war dies der Lausitzer Johann Glöckner
von Zittau. Wohl nicht ganz zufällig dürften die
Augen des Rates auf jenen Mann gefallen sein. War
doch seine Heimatstadt Zittau, besonders seit dem
Jahre 1421, da sie das Prager Domkapitel schützend
in seine Wälle aufgenommen hatte, die Vormauer
der beiden Lausitzen gegen den Ansturm der ketzeri*
sehen Feinde und wurde wiederholt von den Hus*
siten berannt.2) An zwanzig Male, sagen alte Schrift*
steiler, seien die Böhmen auf die Stadt losgegangen
und hätten sie Tag und Nacht umschwärmt, ohne
sie gewinnen zu können. So durften die Nürnberger
wohl hoffen, an dem Lausitzer Meister einen Mann
zu gewinnen, der jedenfalls mit der Kampfweise der
Hussiten gründlich vertraut war. Vielleicht hatte er
auch in der Heimat schon an dem besonders starken
und vielerprobten, zweifachen Mauergürtel Zittaus
mitgearbeitet.
Über die Lebensschicksale Johann Glöckners
vor seiner Übersiedlung nach Nürnberg konnte ich
nichts feststellen. Höchst wahrscheinlich war er ein
Sohn oder Verwandter des Zittauer Oberstadt*
Schreibers Johannes Glöckner, der von Carpzow3)
1406 als Notarius (oder Unterstadtschreiber) genannt
wird, 1407 Landschreiber wurde und 1411 und 1413
in der Stadtkanzlei tätig war. In Nürnberg wird der
Baumeister Johann Glöckner erstmals im Sommer
1430 genannt. Damals empfing er 13 ti und 4 Schil*
finge Haller als Liebung, d. h. als Geschenk und An*
erkennung für seine Anweisung bei Aufstellung der
Winden und Ausführung einiger Arbeiten im Stadt*
graben.4) Schon in diesem Jahre 1430 oder 1431
dürften bestimmte Abmachungen zwischen der Stadt
und Glöckner getroffen worden sein, die den Meister
an Nürnberg banden, denn in dem späteren Vertrag
zwischen ihm und dem Rate vom 14. März 1432
wird von einer „alt taiding“, d. h. einer älteren Ab*
machung gesprochen, die nun ungültig sein solle.
3) Analecta Fastorum Zittaviensium, Zittau 1716, II,
S. 301.
4) Vgl. Beilage I, Nr. 1 (Ich habe die uns in den Nürnberger
Archivalien, besonders den Nürnberger Stadtrechnungen
begegnenden Nachrichten über Glöckner in der „Beilage I,
Nr. 1—30“, am Schlüsse des Aufsatzes gesammelt).

2*
 
Annotationen