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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 9.1921/​1922

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Heft 4
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Rambaldi, Karl von: Waffen mit astrologischen und kabbalistischen Zeichen
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Zu den Tafeln
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https://doi.org/10.11588/diglit.44571#0162

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138

ZU DEN TAFELN

BAND 9

Kleidungsstücken rinden? Erst vom 14. Jahrhundert
an verschwindet das Hakenkreuz aus der Reihe der
symbolischen Zeichen.
Außerdem können diese größeren sechs Zeichen
auch verschnörkelte hebräische Zauberzeichen sein.
Da wir es hier mit Talismanen, Zauberzeichen oder
Amuletten auf drei Schwertklingen zu tun hatten,
so schließe ich auf Anregung Dr. Potiers hier mit
einigen Worten über modernen Soldatenaberglauben,
den man leider in diesem Weltkriege ganz vernach«
lässigt hat. Wie mir Dr. Potier schrieb, habe er
selbst ein recht reichhaltiges Material gesammelt. Da
der Soldatenaberglaube international ist, hätte man,
wenn man sich in den Gefangenenlagern umgesehen
hätte, ein ebenso reiches wie buntes Material zu«
sammenbringen können.
So ist das Siegel Salomons (muhir i sulej man)
ein Glück bringender Talisman. Langes Leben ver«
bürgen die Namen der Siebenschläfer: Jemliha,
Mekschina, Mislina, Mekselina, Mesnos, Debermos,
Sazemos, Kefestatajos und ihres Hundes Enytinya;
Korallen schirmen gegen den bösen Blick; das Qua«
drat, das vier Buchstaben oder vier arabische Ziffern
4 | 2 | einschließt, hat die Bedeutung eines Waffen«
6 | 8 j segens, denn es ist das Sinnbild der Gottheit,
seine rechten.Winkel bedeuten die Stärke der Gott«
heit, die gleichen Seiten symbolisieren die Unsterb«
lichkeit.
Aus dem Mittelalter gehören namentlich die Pas«
sauerzettel hieher. So verstand man im dreißigjährigen
Krieg unter „Passauer Kunst“ das Hart« und Fest«
machen, an das die abergläubische Soldateska dieser
Zeitepoche felsenfest glaubte. Zu dem Namen der
schönen niederbayerischen Dreiflüssestadt Passau
kam der Aberglaube dadurch, daß im Jahre 1611,
als der Passauer Fürstbischof Leopold, ein Habsbur«
gischer Erzherzog, für seinen Oheim Kaiser Rudolf II.

ein Kriegsheer, das sogenannte „Passauer Volk“, sam«
melte, der aus Hersbruck stammende Scharfrichter
Neithard aus Passau (nach anderen, zu denen kein
Geringerer als Grimmelshausen gehört, ein fahrender
Schüler, Christian Eisenreiter mit Namen), an die
Söldner mit wunderlichen Zeichnungen und Schrift«
stücken bedeckte Zauberzettel in Talergröße ver«
kaufte, die von den Kriegsknechten unter geheimen
Prozeduren verschluckt wurden; nun glaubten sie so
„hart“ zu werden, daß Kugeln und Säbel von ihren
Körpern abprallen müßten. Gustav Freytag weist
in seinen Bildern aus der deutschen Vergangenheit
nach, daß es falsch ist, zu glauben, die Kunst „fest«
zumachen“ sei damals erst in die deutschen Heere
gebracht worden. Schon Luther kannte den Aber«
glauben, und der Augsburger Bürgermeister Samuel
Zimmermann d. Ä. sammelte im Jahre 1591 in seinem
Folioband unter dem Titel „Bezoar wider alle Stich,
Streich und Schuß, voller großen Geheimnussen“,
die Erfahrungen seines Lebens und erzählt die ab«
sonderlichsten Fälle von Festmachen.
Freytag meint ferner, daß die Söldner des Passauer
Volkes die alte Tradition, die im deutschen Heidentum
(Siegfried«Sage) wurzelt, nur wieder aufgenommen
hätten, wenn nicht etwa der Name Passauer Kunst
auf einem Mißverständnis beruhe, denn im 16. Jahr«
hundert hätten bei den gelehrten Soldaten alle, welche
ein Zaubermittel, das unverwundbar machen sollte,
bei sich getragen hätten, den Namen „Paßulanten“
geführt und es sei möglich, daß die Bezeichnung vom
Volk in „Paßauer“ verwandelt worden sei.
Zum Schlüsse kann ich nicht umhin, den bereits
erwähnten Herrn, die mir mit Rat und Tat Beistand
leisteten, insbesonders Herrn Geheimrat Professor
Dr. Franz Boll in Heidelberg, sowie dem Privat«
gelehrten Hans Wolff in München meinen wärmsten
Dank auszusprechen.

ZU DEN TAFELN

1. MEISTERWERKE DER WAFFENSCHMIEDEKUNST
Tafel IV.
Rennzeug für das Scharfrennen, reich mit geätzten
Streifen dekoriert. Auf der Brust das Wappen von Schleswig«
Holstein. Im Aufbau und im Stil der Ätzung verwandt den
Rennzeugen des Herzogs (Kurfürst) August im Historischen
Museum zu Dresden (Führer Saal C, 3, jetzt Inv. M. 14) und des
Erzherzogs Ferdinand von Österreich in der Waffensammlung
zu Wien (Saal XXXVI, 996), einem Geschenk des Kurfürsten
an seinen fürstlichen Freund 1558, und, wie das Dresdner, ein
Werk seines Hofplattners Hans Rosenberger. In dieselbe Reihe

gehört auch das Rennzeug im Musee de 1’Armee (Katalog Robert
G 167) für Kaiser Maximilian II. vom Jahre 1564. Da Rosen«
berger nachweisbar auch für den Herzog Johann Albrecht von
Mecklenburg gearbeitet hat, so dürfte das Kopenhagener Stück,
das in dem Katalog des Zeughauses von 1877 (C 15, Seite 125)
irrtümlich als Nürnberger Arbeit angesehen wird, „mit Orna«
menten im Stile Dürers“, wohl einem Auftrag des Königs Fried«
rieh II. (1559—1588) seine Entstehung verdanken. Das Rennzeug
wiegt 77 kg, während das in Dresden 90 kg wiegt.
(Kopenhagen, Zeughaus.)
 
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