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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 9.1921/​1922

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Heft 1
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Post, Paul: Waffe und Kostüm: Beziehungen zwischen Harnisch und Bürgertracht
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Gessler, Eduard Achilles: Der Topfhelm von Küssnach
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https://doi.org/10.11588/diglit.44571#0038

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22
Von den Übereinstimmungen zwischen Harnisch
und Bürgertracht ließ sich eine ganze Reihe auf den un«
mittelbaren Einfluß rein technischer Konstruktionen
des Harnisches zurückführen, andere machten ein
umgekehrtes Verhältnis wahrscheinlich. Für lange
Strecken ihres formalen Einklangs wird ein solcher
Nachweis nicht möglich sein. Hier macht sich eine
gestaltende Kraft geltend, der beide gleichzeitig unter«
worfen sind, und die man bei der Tracht Mode, in
der hohen Kunst Stil zu nennen pflegt. Im Grunde

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sind es nur zwei verschiedene Bezeichnungen
für denselben Begriff, den Zeitgeschmack. Er
wirkt in allen Schöpfungen der menschlichen Hand,
und leiht die höhere künstlerische Einheit auch den
beiden in ihren Eigenarten so verwandten Gestaltungs«
zweigen, die sich in unserer Zeitschrift zusammen«
gefunden haben. Möchte ihre gemeinsame Erforschung
an dieser Stelle in fruchtbringender Wechselwirkung
auch zur Erkenntnis und zum Genuß dieser höheren
künstlerischen Einheit beitragen!

EDUARD A. GESSLER, DER TOPFHELM VON KÜSSNACH

DER TOPFHELM VON KÜSSNACH
VON EDUARD A. GESSLER

Seit einigen Jahren werden durch die schweize«
rische Gesellschaft für Erhaltung historischer Kunst«
denkmäler1) in der sogen. „Geßlerburg“ ob Küßnach
(Kanton Schwyz) systematische Ausgrabungen unter«
nommen, welche sowohl kulturgeschichtlich wie
waffengeschichtlich wichtige Ergebnisse zeitigten. Die
durch die Kriegslage bedingten mißlichen Finanz«
Verhältnisse ließen jedoch weitere Ausgrabungen nur
mehr mit längeren Unterbrechungen zu und damit
fällt auch in absehbarer Zeit eine gemeinsame Ver«
öffentlichung der Ergebnisse dahin. Da alle Fund«
stücke dem Schweizerischen Landesmuseum über«
wiesen wurden,2) ist der Verfasser in der Lage, die«
jenigen Funde, welche das Gebiet der Waffenkunde
angehen, soweit ihre Publikation zur Zeit möglich
ist, in dieser Zeitschrift vorzuführen. Dr. Robert
Durrer«Stans, Staatsarchivar von Nidwalden, welcher
die Grabungen leitete, hat bereits die Geschichte der
Burg gründlich erforscht.8) Die Gründungssage der
SchweizerischenEidgenossenschaftunddieChronisten
des 16. Jahrhunderts brachten die Bürgin Zusammen«
hang mit dem Landvogt Geßler, dessen Sitz sie ge«
wesen sein soll. Dürrer weist nun überzeugend nach,
daß diese Veste bereits 1302 im Besitz des österreichi«
sehen Vogtes Eppo von Küßnach war; sein Geschlecht
war edelfreien Ursprungs. Auf der Burg saß 1347 sein
Sohn Ritter Hartmann von Küßnach, welcher 1352
aus den Urkunden als der letzte seines Stammes
verschwindet. Seine Schwester Margaritha heiratete
einen Herrn Johann von Kienberg aus dem Buchsgau,
welcher der Burg den Namen Kienberg gab, und seine
Tochter Elisabeth einen Eglin von Randenburg. Die
ersteren traten von ihrem Erbe 1369 dem Freien
’) Grabungen und Erhaltungsarbeiten auf der Burgruine
Küßnach, (Kanton Schwyz). Jahresbericht 1911. S. 66 obiger
Gesellschaft. 2) Vergl. Jahresbericht des Schweiz. Landes«

Gerhard von Utzingen Küßnacher Güter ab, der dann
auch das Erbe Elisabeths von Randenburg an sich
brachte. Des Utzingers Besitz ging 1384 an Walther
von Tottikon über, von diesem an die Herren von
Hunwil und von jenen durch Heirat an die Herren
von Silinen, welche seit Anfang des 16. Jahrhunderts
das Schloß allmählich zerfallen ließen, da die beiden
letzten Herren von Silinen als Hauptleute (Obersten)
der päpstlichen Schweizergarde in Rom lebten und
auch in Italien starben. Eine frühere gewaltsame Zer«
Störung des Vogtschlosses um die Mitte des 14. Jahr«
hunderts ergab sich aus den Ausgrabungen mit völliger
Sicherheit. Sie fällt zeitlich genau mit dem Erlöschen
des Geschlechts derer von Küßnach zusammen und
auch mit der neuen Benennung „Kienberg“. Dürrer
führt darüber das Folgende näher aus. „Die Zürcher
Chroniken (Ausgabe von J.Dierauer S. 160) erzählen,
daß im Kriege Zürichs und der Eidgenossen gegen
Herzog Albrecht, am 1. Mai 1352 vierhundert Öster«
reicher das Dorf Küßnach „bi Lucern“ und andere
umliegende Ortschaften verbrannten. Die Tatsache,
daß der letzte Küßnacher, dem als Schwiegersohn des
Zürcher Bürgermeisters Rudolf Brun dieser Angriff
galt, gerade seit 1352 nicht mehr vorkommt, legt es
nahe, die Katastrophe der Burg, die durch Verträge
mit Zürich von 1343 und mit Luzern von 1347 der
Eidgenossen „offenes Haus“ war, mit diesem Ereignis
in Verbindung zu bringen.“ Sollte die Burg nicht
durch die Feinde zerstört worden sein, so wäre nach
Dürrer die Zerstörung durch einen lokalen Aufstand
sehr wahrscheinlich, denn „die Küßnacher standen
von alters her in schlechtem Verhältnis zu ihren
Vogtleuten und diese hatten dem Vogte Eppo,
museums 1911. S. 39 (dort die Ausführungen des Verfassers).
“) Anzeiger für Schweizergeschichte N. F. B. 13. 1915. S. 169.
Zur Geschichte der „Geßlerburg“ von Dr. R. Dürrer.
 
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