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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 9.1921/​1922

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Heft 5
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Potier, Otmar Baron: Vergiftete Messer
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https://doi.org/10.11588/diglit.44571#0185

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OTMAR BARON POTIER: VERGIFTETE MESSER

HEFT 5

157

VERGIFTETE MESSER
VON OTMAR BARON POTIER

Buttins ausgezeichnete waffen* undrechtsgeschicht*
liehe Studie über die in Savoyen1) einst verbotenen
Waffen hatte in mir wie in dem seither verstorbenen
hervorragenden österreichischen Kriminalisten Pros
fessor Dr. Hanns Groß den Gedanken wachgerufen,
daß die mit einem Öhr versehene, pfriemenartig sich
verjüngende Klinge des Genuesermessers (Abb. 1),

ich heut den jüngeren Waffenbrüdern wieder zwei
typische Vertreter dieser Art von Messern vorführen.
Beide Messer kamen mir gelegentlich der Versteh
gerung (1912) der Bestecksammlung des Grafen
Lamberg unter. Der Katalog3) beschreibt sie fol*
gendermaßen: „Nr. 863. Messer, lange zugleich als
Spicknadel dienende Klinge. Buchsholzgriff. 17. Jahr*


auf dessen bloßen Besitz schon die savoyische Ge*
setzgebung gewiß aus zwingendsten Gründen zuerst
die Todes*, dann die Galeerenstrafe gesetzt hatte,
sowie die an manchen Jagd* oder Küchenmessern
auftretenden geöhrten Nadeln2) eben vermöge des
doppeltgesichtigen, Werkzeuge des Handwerkers,
Jägers, Kochs vortäuschenden Aussehens dieser
Messer, von welchem janusartigen Charakter eben

hundert. Länge 23 cm.“ Dieses Messer (Abb. 2 u. 3)
ist vermöge seiner Form ein sehr naher Verwandter
des Genuesermessers. „Nr. 883. Damendolchmesser.
Konischer Griff mit Schildpattschalen und gravierten
Silberspangen. An der Wurzel der Klinge vollrund
in Silber gegossener und ziselierter männlicher Kopf.
Als Daumenstütze ein Drachenkopf. Köcher aus
Schildpatt mit gravierter Silbeimontierung. Franzö*


Abb. 2 u. 3. Vergiftete Messer

auch das Genuesermesser seinen Namen herleitet,
zu „tückischen Anfällen besonders geeignete Waffen“
seien, um mit dem österreichischen Waffenpatent
(1852) zu reden. Weil manches Mitglied unserer Ge*
meinde vielleicht die älteren Jahrgänge dieser Zeit*
schrift nicht besitzt, in welchen derartige „Nadel*
messer“ beschrieben und abgebildet waren, so will
’) Buttin, Les armes prohibees en Savoie sous les royales
constitutions, Annecy, 1897, auch Z. H.W, K. I, 76.
2) Potier, Kriminalistische Betrachtungen über das Genueser*
messer (Z. H.W. K. I, 233). Etwas über das Vorkommen geöhrter
Nadeln an den Klingen von Dolchmessern (Z. H.W. K. II, 32).

sisch, erste Hälfte des 18. Jahrhunderts. Länge 19,5 cm.“
Ein ganz ähnliches Messer bildet auch E. von Lenz
in seinem Werke Collection d’armes de l’Ermitage
Imperial, 1908, Tafel XXVI, C Tl~i ab. Dieser an*
gebliche Damendolch gleicht in der Form auffallend
dem Messer aus der Sammlung des Barons Herring*
Frankensdorf, in der Ausstattung dem in meinem
Noch einmal die geöhrten Nadeln an den Klingen von Dolch*
messern (Z. H.W. K. II, 83).
s) Katalog der Bestecksammlung Franz Emmerich Graf Lam*
berg. Wien 1912, K. K. Versteigerungsamt (Dorotheum).
 
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